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Oma dreht auf

Oma dreht auf

Titel: Oma dreht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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das als Kompliment.
    «Guten Morgen», rief Christa plötzlich.
    Alle drehten sich zur Terrassentür, wo Herr Bösinger in einem viel zu großen Bademantel auftauchte. Er war nur mit Mühe wiederzuerkennen. Seine dünnen Haare standen nach allen Seiten ab, vom Seitenscheitel keine Spur. Sein Gesicht war kalkweiß, seine Augen wirkten glasig wie die eines Grippekranken. Er kam zum Tisch, schnappte sich die Flasche mit dem restlichen Orangensaft, setzte sie an seinen Mund und trank sie in einem Zug leer. Was man vielleicht tat, wenn man allein zu Hause war, aber doch nicht als Gast!
    «Hey, wir wollen auch noch was», protestierte Tamara.
    Nun erschien Frau Bösinger, ebenfalls in weißem Bademantel. So übel, wie sie aussah, schien sie dieselbe Krankheit wie ihr Mann zu haben.
    Imke hatte mitbekommen, wie Frau Bösinger Ocke am Vorabend ihre Anziehsachen von der Wattwanderung in einer ALDI -Tüte überreicht hatte: Hose, Slip, T-Shirt. Was Imke sehr peinlich gewesen war. Denn eigentlich hätte niemand von ihrem Trip nach Amrum erfahren sollen.
    «Moin», rief Christa extra laut.
    «Guten Morgen», zischte Frau Bösinger und setzte sich neben ihren Mann. Imke schenkte ihr fürsorglich Mineralwasser ein, und Frau Bösinger nahm sofort einen großen Schluck.
    «Der Wein gestern war wohl gegoren», beschwerte sie sich schlecht gelaunt.
    Herr Bösinger lachte auf, dann sprach er mit brüchiger Stimme die ersten Worte an diesem Morgen: «Damit das klar ist: Ich werde Strafanzeige erstatten.»
    Imke lächelte ihn freundlich an, sie hielt das für einen Witz, den sie nicht verstanden hatte.
    Arne belegte gerade sein Brötchen mit Krabben. «Weswegen das denn?»
    «Das braucht Sie gar nicht so zu amüsieren. Ich bin Anwalt in einer angesehenen Kieler Kanzlei. Und eines verspreche ich Ihnen: Die Vorkommnisse von gestern werden Folgen haben!»
    «Was ist denn?», fragte Frau Bösinger ihren Mann irritiert.
    «Kapierst du nicht? Die haben uns Drogen in die Getränke geschüttet! Wir können froh sein, wenn wir nicht abhängig werden.»
    Imke verstand zwar immer noch nicht, was er meinte, aber es klang irgendwie lustig.
    «Seid ihr eine Drogen- WG ?», fragte Frau Bösinger.
    Imke nickte. «Schlaftabletten, alle drei Tage.»
    Ohne die Dinger konnte sie tatsächlich kaum noch einschlafen.
    «Ich kann mich leider an nichts erinnern», sagte Frau Bösinger.
    «K.-o.-Tropfen», erklärte ihr Mann, der erfahrene Strafrechtler.
    Langsam wurde Imke unruhig. Was war da bloß alles passiert, nachdem sie ins Bett gegangen war?
    «Sag mal, hast du sie noch alle?», Tamara war empört. «Du hast dich zugesoffen wie ein Eimer.»
    Herr Bösinger warf ihr einen giftigen Blick zu.
    «Ich trinke
nie
zu viel, und duzen Sie mich nicht.»
    Er erhob sich, bedeutete seiner Frau mit einem Blick, dass es Zeit war zu gehen, und damit verschwanden die beiden ums Hauseck herum.
    «Was machen die wohl jetzt?», wunderte sich Christa.
    «Sex», spekulierte Imke spontan, ohne eine Miene zu verziehen.
    Alle lachten.
    Die Stimmung blieb gut, bis sich unerwartet zwei neue Gäste an ihren Tisch gesellten: Revierleiter Gerald Brockstedt und Peter Markhoff, letzterer mit einem großen Pflaster auf der Stirn. Beide sahen schlecht gelaunt und ziemlich übermüdet aus.
    «Moin Gerald, Moin Peter», rief Imke. «Mit dir hätte ich ja nun gar nicht gerechnet …»
    «Herzlichen Glückwunsch nachträglich», murmelte Brockstedt und schaute sie düster an.
    «Von mir auch», sagte Peter Markhoff, auch nicht gerade überschwänglich.
    «Nun guck nicht so streng», lachte Imke. «Als wenn ich was verbrochen hätte. Setzt euch, es ist genug da. Mensch, ihr seid einen Tag zu spät, die Bowle ist längst alle.»
    Brockstedt holte tief Luft und legte ein Blatt Papier neben Arnes Teller.
    «Was soll das, Gerald?», fragte der genervt.
    «Arne, das ist eine hochoffizielle Vorladung ins Polizeirevier.»
    «Und weswegen?», fragte Arne.
    «Willst du mich auf den Arm nehmen?», erwiderte Brockstedt. «Körperverletzung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beamtenbeleidigung, Landfriedensbruch – der Rest steht auf der Vorladung.»
    «Was?», Imke war empört. «Mein Junge ist doch kein Schläger, also wirklich!»
    «Wollt ihr mir was anhängen, oder was?», fragte Arne.
    Brockstedt ging gar nicht darauf ein, sondern fragte: «Sind Herr und Frau Bösinger noch da?»
    «Die sind vor fünf Minuten gegangen, vielleicht erwischt ihr sie noch am Auto.» Imke erhob sich und führte

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