Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oma dreht auf

Oma dreht auf

Titel: Oma dreht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
Vom Netzwerk:
meinen Arm um sie legen und sie küssen? Ich bin nicht Curd Jürgens.»
    «Wer ist Curd Jürgens?», fragte Kohfahl.
    «Dafür sind Sie zu jung.»
    Kohfahl nickte. «Als Wirtschaftsmann würde ich sagen, greifen Sie an! Was haben Sie zu verlieren?»
    Ocke nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche und schüttelte den Kopf. «Obwohl es einen anderen Mann gibt?»
    «Nur wer nicht kämpft, hat schon verloren.»
    Der hatte gut reden, mit Villa und Flugzeug liefen ihm die Frauen bestimmt scharenweise hinterher. Aber Ocke riss sich zusammen. Es ging ja nicht um Kohfahl, sondern um ihn.
    «Meinen Sie, das kann noch klappen, wenn man sein Leben lang nichts hinbekommen hat auf dem Gebiet?», erkundigte er sich vorsichtig.
    «Woran lag’s denn?»
    «Ich war als Seemann immer viel unterwegs.»
    Kohfahl nickte begeistert. «Ich hatte einen Onkel in Emden, der war auch Seemann. Er war der Held meiner Kindheit.»
    «Mal was anderes als die üblichen Stadtneurotiker, was?»
    «Tja, Sie sind eher See-Neurotiker», befand Kohfahl.
    «Was bedeutet das?»
    «Sie sind kein Mann des Wortes, stimmt’s?»
    «Schriftlich drei, mündlich fünf, würde ich sagen.» Ocke kratzte sich am Bart: «Ich bin im Shantychor. Aber was hat das in diesem Zusammenhang …?»
    «Mir kommt da gerade eine Idee. Die ist zwar altmodisch, aber zielführend.»
    Ocke blickte ihn in einer Mischung aus Neugier und Skepsis an.
     
    Eine Stunde später kam Ocke aus dem Haus. Er tanzte geradezu auf das Taxi zu. Imke lag schnarchend auf dem Rücksitz. Ocke wollte sie schlafen lassen, aber als er den Diesel anwarf, schoss sie sofort in die Senkrechte.
    «Alles klar?», fragte Ocke.
    «Und selber?»
    «So klar wie lange nicht.»
    «Was hat Kohfahl mit dir angestellt?»
    «Ich habe mir so eine Therapie immer ganz anders vorgestellt», sprudelte es aus ihm heraus. «Aber das war reines Vorurteil, muss ich zugeben. Weißt du, so ’n Therapeut ist im Grunde nichts anderes als ein Barmann.»
    Imke zog skeptisch die rechte Augenbraue hoch: «Ihr habt
gesoffen

    «Nur
ein
Bierchen, ich kann noch fahren, keine Angst.»
    «Hat er dich nach deiner Mutter gefragt?»
    «Nee.»
    «Echt nicht?»
    «Nee.»
    «Ich kannte deine Mutter gut, das weißt du, Ocke. Für Swantje lege ich meine Hand ins Feuer.»
    Ocke rangierte das Taxi mit aufheulendem Motor rückwärts aus der Sackgasse.
    «Es gibt immer einen Weg.»
    «Du redest in Rätseln, Ocke. Was hat Kohfahl denn nun gesagt?»
    «Wo hat Arne seine Anlage? Die er auf der Party mithatte?»
    Imke überlegte. «In der Utersumer Strandkorbhalle, glaube ich.»
    «Dann fahren wir dahin.»
    «Ziehst du immer noch aus?», erkundigte sie sich vorsichtig.
    «Erst mal nicht.»
    Imke atmete laut auf.
    «Alles andere ergibt sich», lachte Ocke übermütig.
    Oder eben nicht.

[zur Inhaltsübersicht]
    18. Von Frau zu Frau
    Imke brauchte lange, um wieder einigermaßen zu Kräften zu kommen, obwohl sie nach der Tour mit Ocke erst mal vierzehn Stunden durchgeschlafen hatte. Am dritten Morgen fühlte sie sich immer noch wie erschlagen. Die ganze Nacht über war es unerträglich schwül gewesen, und auch jetzt stand die Luft im Raum.
    Heute war ein wichtiger Tag. Die Anhörung von Arne und den Bösingers stand an. Nach den Unterstellungen beim Katerfrühstück hatte Herr Bösinger sich bei Imke persönlich entschuldigt. Er und seine Frau hätten einen Fehler gemacht und zu viel getrunken, das hätten sie eingesehen, und der Herr Jesus habe ihnen das mit seinem Gang ans Kreuz verziehen. Imke hatte das Friedensangebot angenommen und sie daraufhin mit Arne zum gemeinsamen Frühstück vor dem Verhör eingeladen. Sie sollten noch mal zur Ruhe kommen und Kraft schöpfen, bevor es losging.
    Sie ging zum Kleiderschrank, um sich etwas Passendes zum Anziehen rauszusuchen. Ihre Wahl fiel auf einen beige Rock und eine dunkle Bluse. Diese Farben mochte sie sonst nicht so gern, aber die Anhörung war schließlich eine ernste Angelegenheit. Obwohl Imke mit Brockstedt geredet hatte, war die Sache noch nicht in trockenen Tüchern. Nachdem sie sich angekleidet hatte und sich daraufhin im Spiegel betrachtete, musste sie für einen kurzen Moment lächeln: Sie sah aus wie die Oma aus dem Bilderbuch, es fehlte nur noch der Dutt, aber dafür waren ihre blondierten Strubbelhaare dann doch zu kurz.
    Maria hatte vorhin noch einmal angerufen und sich beklagt, wie kompromisslos sich Brockstedt über Arne und die Bösingers geäußert hatte. Da hatte Imke Mut geschöpft, dass

Weitere Kostenlose Bücher