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Oma ihr klein Häuschen

Oma ihr klein Häuschen

Titel: Oma ihr klein Häuschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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heller und dünner wird, bis die Sonne ihn ganz vertrieben hat. Eigentlich wollte ich nach dem Frühstück an den Strand; Badehose und Handtuch habe ich im Rucksack dabei.
    Nach einer Dreiviertelstunde immer noch keine Spur von Oma. Verdammt, was ist denn los mit ihr? Ich beschließe, dass es nun Zeit zu handeln ist, und gehe hinüber zum Polizeirevier am Wyker Hafen. Direkt gegenüber ist der Fähranleger, an dem gerade die weiße
MS Nordfriesland
aus Dagebüll festmacht. Hinter der Kippbrücke für Autos undPassagiere stehen braungebrannte Urlauber von der Insel, die es kaum erwarten können, endlich die Fähre zu betreten – im Gegensatz dazu die blassen Neuankömmlinge auf der MS Nordfriesland , die nun eilig an Land drängen. Jedes zweite Auto, das sich in die Fahrspur auf dem asphaltierten Vorplatz einreiht, ist ein Kombi oder ein Van mit mindestens zwei Fahrrädern auf dem Dach. Zwischen all den Gruppen ordnen Männer mit weißen Uniformmützen das Chaos mit lauten Rufen und ausgebreiteten Armen. Vorgestern war ich selbst noch an Bord dieser Fähre, aber es liegt gefühlte zwei Wochen zurück.
    Mit schweren Schritten gehe ich die lange Treppe zum Polizeirevier hoch. Ich sehe Marias abweisendes Gesicht schon vor mir. Aber wer sonst soll mir helfen? Arne? Regina? Oder vielleicht Cord? – Eher nicht.
    Neben der Eingangstür steht
Bitte klingeln
. Ich zögere einen Moment, dann drücke ich den Knopf. Nach erstaunlich kurzer Zeit reißt ein großer, schlanker Uniformierter die Tür auf und mustert mich mit klaren, grünen Augen.
    «Moin.»
    «Moin. Ich möchte zu Maria Riewerts.»
    «Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen?»
    «Nee, is’ privat.»
    «Denn komm mol rin.»
    Auf der Wyker Polizeistation gibt es nicht den üblichen Tresen, den man aus Fernsehkrimis kennt. Stattdessen landet man sofort auf einem schmucklosen langen Flur, von dem die Zimmer der Beamten abgehen. Der Uniformierte deutet auf einen Stuhl und verschwindet in einem der Räume. Ich nehme Platz und betrachte das Fahndungsplakat an der Wand gegenüber, ein Bankräuber aus Düsseldorf wird dringend gesucht. Der Mann sieht aus, wie man sicheinen Verbrecher in einem billigen Comic vorstellt: düsterer, kalter Blick, unheilvolles Lächeln, breite Boxernase. Warum sollte der ausgerechnet nach Föhr flüchten?
    Erst jetzt entdecke ich durch eine halbgeöffnete Tür Maria, die konzentriert etwas in ihren PC tippt. Sie hat die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und dezenten dunkelroten Lippenstift aufgelegt. Ihr dunkelblaues, kurzärmliges Uniformhemd ist auf Kante gebügelt, die Uniformjacke hat sie über den Schreibtischstuhl gehängt. Dunkelblau steht ihr, das muss ich schon sagen. Neben dem Bildschirm steht ein kleiner, blaugestreifter Leuchtturm, um den sich ein Seehund schmiegt. Ob sie sich den selbst gekauft hat? Oder hat sie ihn beim Schrott-Julklapp gewonnen? Als ich ihr gegenüber den schnauzbärtigen Kollegen Petersen entdecke, der sie vorgestern zu unserem Haus begleitet hat, hat es mit meinen Tagträumen ein Ende.
    Ich habe keine Lust mehr zu warten.
    «Moin, Maria», begrüße ich meine Cousine, als ich unaufgefordert eintrete.
    Sie schaut nur kurz auf, ohne mich richtig anzusehen: «Moin.» Dann wendet sie sich wieder dem Bildschirm zu. So wimmelt man einen lästigen Bürger ab. Ihr Kollege mustert mich, als ob er mich am liebsten gleich in Sicherheitsverwahrung nehmen möchte.
    Blödes Spiel, lernt man das auf der Polizeischule?
    Hallo? Ich bin’s, dein Cousin Sönke!
    Vom Fenster her spiegelt sich die Nordsee und beleuchtet Marias rechte Gesichtshälfte. Sie hat den wohl schönsten Ausblick, den man von einem Büro aus haben kann: über die Masten der Boote hinweg aufs Meer.
    Maria weiß wenigstens, wo sie hingehört, seufze ich mitleichtem Neid. Wo werde ich wohl landen? Auch an einem solchen Schreibtisch? Oder eher besoffen im Watt?
    Plötzlich schaut sie auf: «Ja?»
    Ihre braunen Augen wirken immer noch neutral.
    «Oma ist weg», erkläre ich ihr.
    Sie verschränkt ihre langen Läuferinnenbeine unter dem Schreibtisch: «Quatsch.»
    «Doch! Ich war bei ihr, aber sie macht nicht auf.»
    «Vielleicht ist sie einkaufen.»
    «Ich war mit ihr verabredet und habe eine Dreiviertelstunde auf sie gewartet.»
    Sie zieht die rechte Augenbraue hoch: «Und ich habe heute Morgen kurz mit ihr telefoniert, da war sie noch quicklebendig. Beruhigt?»
    «Nicht wirklich.»
    Maria stellt ihre Füße nun fest auf den Boden und beugt sich

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