Oma klopft im Kreml an
Schweigen.
«Das Wetter», sagte Jackie mit gezierter Stimme, «ist seit letzter Woche viel besser geworden. In England ist sicher Hochsommer?»
«Bei meinem Abflug hat es geregnet.»
Das war die Art von Konversation, die Humphrey entschieden mehr lag, aber er hatte den starken Verdacht, daß sich das Mädchen über ihn lustig machte.
«Der Sommer hier ist viel kürzer, aber im ganzen auch viel heißer -»
«Hören Sie, Sie brauchen hier nicht mit mir zu warten, wenn Sie’s eilig haben.»
«Ich habe es überhaupt nicht eilig. Aber so, wie ich Intourist kenne, werden wir wohl noch eine ganze Weile hier herumstehen müssen. Meinen Sie nicht, daß etwas Konversation ein bißchen die Zeit vertreiben hilft? »
Ihre freundliche Neugier war beunruhigend genug gewesen, aber dieser direkten Attacke konnte Humphrey nur schwer widerstehen.
«Schön, Konversation. Aber keine Inquisition», sagte er.
Jackie lachte über diese widerwillige Konzession und deutete an, daß es die Unterhaltung ziemlich einschränke, wenn man nicht wisse, mit wem man spräche.
«Sie sind ja nicht einmal ein richtiger Tourist», fuhr sie ohne jede Verlegenheit fort.
«Warum nicht?»
«Sie würden viel mehr Begeisterung zeigen, wenn Sie zu Ihrem Vergnügen hier wären, und Sie hätten eine Filmkamera umhängen und würden mich über den Wechselkurs ausfragen.»
«Mit leerem Magen und nach einer durchwachten Nacht können Sie wohl kaum Begeisterung von mir erwarten.»
Überraschenderweise kam in diesem Augenblick der Angestellte zurück und sagte etwas zu Jackie, die aber gar nicht erst den Versuch machte, ihn zu verstehen, sondern ihm sofort einen Zettel hinschob und ihn mit Gesten dazu aufforderte, es aufzuschreiben.
«Das ist Ihre Zimmernummer, aber Zahlen sprechen sie hier immer so schnell, daß ich sie nicht verstehe. Zwei-sieben-acht», las sie laut. «Wir geben den Zettel der Verwalterin in der Halle, und dann kriegen Sie Ihren Schlüssel.»
Sie schenkte dem Angestellten wieder ihr warmes Lächeln, nahm einen von Humphreys Koffern und ging voraus in die Halle.
«Ich bitte Sie, ich kann die Koffer selbst tragen. Wirklich -»
«Sie haben noch den Schirm und Ihren Mantel und Ihren Hut», sagte Jackie. Wie immer hatte sie recht. Er entdeckte, daß er diese Utensilien gerade bewältigen konnte. Aber er folgte ihr ziemlich verärgert. Es war völlig absurd, daß dieses Mädchen seinen Koffer trug. Er sah doch wohl nicht so hilflos aus? Nachdem sie mit ihrem Kleinkinder-Russisch die Wege geebnet hatte, konnte er sehr gut allein weiterkommen.
Sie aber war es, die der Verwalterin den Zettel zeigte und ihm seinen Schlüssel gab.
«Vielen Dank», sagte Humphrey kalt. «Es war sehr freundlich von Ihnen, sich die Mühe zu machen. Sicherlich -»
«Möchten Sie, daß ich das Frühstück für Sie bestelle und auf Ihr Zimmer bringen lasse? Die Speisekarte kann ich gut. Das sind die Wörter, die mir am häufigsten begegnen.“
«Oh - na schön.» Es würde wahrscheinlich schneller gehen, als wenn er es selbst versuchte.
«Eier? Toast und Kaffee?» sagte Jackie liebenswürdig. Sie spürte, daß Humphrey sie ablehnte. Und aus lauter Eigensinn wurde sie noch energischer. Sie war es nicht gewöhnt, daß jemand sie ablehnte.
«Tee»,’sagte Humphrey, der normalerweise Kaffee trank.
«Der ist hier schwarz, und es ist Zitrone drin», warnte ihn Jackie.
«Ich möchte lieber Tee.»
«Schön, ich werde es Ihnen in einer halben Stunde heraufschicken ‘■ lassen. Wenn Sie gebadet und sich rasiert haben.»
Es schien kaum mehr etwas übrig zu sein, was Jackie noch überwachen konnte.
«Also, auf Wiedersehen, Mr. Napier.»
«Auf Wiedersehen.»
Ihm fiel ein, daß er sie nicht einmal nach Ihrem Namen gefragt hatte, j Aber es kam nicht drauf an.
«Und vielen Dank», fügte er hinzu, um nicht zu kurz angebunden zu i klingen.
Sie lächelte ihn lediglich freundlich an (genau wie den Angestellten bei Intourist), und er sah ihr nach, wie sie mit schnellen, anmutigen Schritten durch die Halle ging. Es war das einzige, was er wirklich attraktiv an j ihr fand, und er bedauerte, daß ein solcher Gang wahrscheinlich bei einer zurückhaltenderen Person kaum zu finden sein würde.
Jackie ging weiter ins Restaurant. Um diese Stunde am Vormittag war es dort ziemlich leer, und sie fand bald einen Kellner, der Humphreys Bestellung an den Zimmerkellner weitergeben wollte. Beim Verlassen des Restaurants sah sie plötzlich Miss Baker, die in einer Ecke dünnen
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