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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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tranken gerade erst Kaffee und besprachen ihre Strategie.
    »Man hat dich neulich in Salzhausen gesehen«, erklärte Rüdiger. »Und deine Mutter hat beim Metzger alles erzählt.«
    Aha.
    »Die kann auch kein Geheimnis für sich behalten«, stellte Irene fest.
    Ich fand, die Dame konnte genauso gut schweigen wie die Lüttjens’. Immerhin hatte sie das große Geheimnis viele Jahre lang gehütet.
    Rüdiger Wolters ließ noch einmal den Blick über mich gleiten.
    »Guten Tag«, sagte ich höflich. »Ich bin Nele Lüttjens.«
    »Hallo.«
    Er nahm meine Hand und drückte kräftig zu. Ich hasse Leute, die einem die Finger zerquetschen. Und Leute, die froh sind, nicht mein Vater zu sein, sowieso.
    Papa kam hinzu und legte einen Arm um meine Schultern. Der freute sich, mein Vater zu sein, auch wenn er es gar nicht war.
    Danke, Papa. Ich kuschelte mich an ihn.
    »Wo ist Jan?«, fragte ich.
    »Der musste nach Hamburg. Zur Wohnungsübergabe.«
    Das Küchenfenster ging auf, und Marie schaute hinaus. Im nächsten Moment wurde sie von Grete unsanft beiseitegedrängt.
    »Dann war’s also doch der Makkaroni«, meinte Rüdiger. »Hab ich mir ja gleich gedacht.«
    Irene schoss tödliche Blicke auf ihn ab. Mein Herz tanzte Tarantella. Papas Griff wurde fester.
    »Makkaroni?«, rief Grete. »Heute gibt es aber Frikadellen mit Kartoffelpüree.«
    »Nun gut«, setzte Rüdiger hinzu, nachdem er die Bombe gezündet hatte. »Ich will nicht länger stören. Ruf mich an, wenn du Lust hast, mal über alte Zeiten zu plaudern.«
    »Eher erschieße ich mich«, murmelte Irene.
    Ich dachte an die Waffe in ihrem Zimmer und nahm mir vor, die so bald wie möglich gut zu verstecken. Manche Leute muss man vor sich selbst schützen.
    »Die Pistole habe ich in Gewahrsam genommen«, flüsterte Papa.
    Kluger Papa.
    Rüdiger stieg in einen Angeber-Sportwagen und brauste vom Hof.
    Durch die Windschutzscheibe erhaschte ich einen Blick auf ein breites Grinsen. Der hatte seine späte Rache gehabt. Von Irene verlassen werden für einen Makkaroni. Das ging aber auch gar nicht. So was nagte auch nach einem halben Leben noch an einem echten Heidjer. Und dann auch erfahren müssen, dass ein Riesenhund nach ihm benannt worden war.
    Der Mann hätte mir beinahe leidgetan.
    Aber nur beinahe.

14. Der Geschmack von Makkaroni
    Papas Blick wanderte zwischen Irene und mir hin und her, während seine Hand die Mütze auf dem Kopf vor und zurück schob. Gleichzeitig trat er von einem Fuß auf den anderen. Ziemlich viel Bewegung für einen so ruhigen Mann.
    »Ihr zwei müsst miteinander reden«, entschied er. »Allein. Komm, Rüdiger.«
    Der folgte ihm aufs Wort. Ganz ohne süße Lockmittel.
    Verräter!
    Als sie im Stall verschwunden waren, wies ich mit der Hand hinter mich. »Gehen wir spazieren.«
    Irene zögerte. Die ganzen Tage lang war sie diejenige gewesen, die unbedingt mit mir hatte sprechen wollen; nun zögerte sie. Fast schien es, als hätte sie plötzlich Angst vor mir.
    Meinem Magen tat das nicht besonders gut. Der fühlte sich jetzt regelrecht verknotet an.
    Irene gab sich einen Ruck.
    »Also gut.« Sie marschierte los, und zwar so schnell, dass ich kaum mitkam. Für jeden Schritt ihrer langen Beine musste ich zwei machen und trotzdem alle zehn Meter noch einen Zwischenspurt einlegen.
    In null Komma nix lief sie am Baggersee und am Kiefernwäldchen vorbei. Erst als wir den Wald erreichten, in dem wir uns das erste Mal unter außergewöhnlichen Umständen begegnet waren, wurde sie endlich langsamer und blieb schließlich stehen.
    Außer Puste schloss ich zu ihr auf.
    »Lass uns da lieber nicht reingehen«, schlug ich vor. »Nicht dass wir wieder den Jägern in die Quere kommen.«
    Jagdhörner waren zwar keine zu hören, aber man konnte nie wissen.
    Ich wies auf eine verwitterte Holzbank, und wir setzten uns. Die letzten Strahlen der warmen Novembersonne legten sich auf mein Gesicht und meinen Oberkörper. Der Knoten im Magen löste sich. Auf einmal fürchtete ich mich nicht mehr. Was immer sie mir erzählen würde, ich war bereit dafür.
    Dachte ich zumindest.
    Irene schwieg sehr, sehr lange. Ich döste vor mich hin.
    »Marcello Occhipinti«, sagte sie plötzlich.
    Hä?
    »So hieß dein Vater. Ich schätze, er heißt immer noch so.«
    Da drängte sich die Frage auf, ob der Mann seine Identität gewechselt hatte oder tot war. Ich stellte sie nicht. War zu sehr damit beschäftigt, den exotischen Namen einzuordnen.
    »Italiener«, murmelte ich.
    Irene nickte.
    »Und

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