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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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Bayern gereist, um mich davor zu bewahren?
    »Bonifaz ist beim Jugendamt.«
    Hm. Vierundneunzigjährige Tote waren da kein Thema.
    »Das wird ja immer mysteriöser«, bemerkte Jan.
    Ich nickte. »Und was genau wollte er nun von Bonifaz?«
    »Hat er mir nicht verraten.«
    Typisch Paul. Immer diese blöde Geheimniskrämerei. Ist echt eine Anwaltskrankheit.
    »Er hat sich nur höflich für die Nummer bedankt und ist gegangen. Ach nein, warte mal. An der Tür hat er plötzlich gezögert und ist noch einmal zurückgekommen.«
    Sissi legte eine dramatische Pause ein, und ich fing an, auf meinen Fingernägeln herumzukauen. Hatte ich zuletzt mit dreizehn gemacht.
    Jan haute mir kräftig auf die Hand. »Lass das.«
    »Er hat mich gebeten, dir nichts zu sagen«, ließ Sissi sich vernehmen. »Weder von seinem Besuch in München noch von der Auskunft, die er von mir brauchte. Er … er will dich wahrscheinlich nicht beunruhigen.«
    Toll! Wieso glaubten eigentlich plötzlich alle Leute, sie wüssten, was in Pauls Kopf vorging? Erst Jan und nun Sissi.
    »Danke, dass du es mir trotzdem gesagt hast«, brachte ich hervor.
    »Hey, was hast du denn gedacht? Ich bin deine beste Freundin!«
    »Und meine auch!«, rief Jan und nahm mir mein Blackberry aus der Hand.
    Ich ließ die beiden quatschen und verzog mich nach draußen. Rüdiger stürmte auf mich zu. Kies spritzte auf, als er drei Zentimeter vor mir abbremste.
    »Komm mit«, sagte ich zu ihm. »Wir laufen ein bisschen.«
    Zum Bäcker?, fragten seine großen Augen.
    »Mal schauen.«
    Wir trotteten vom Hof, er mit federnden Schritten, ich eher schlurfend. Bäcker war eigentlich keine schlechte Idee. Es war später Nachmittag, und ich hatte noch nichts gegessen. Und mit ordentlich viel Nervennahrung würde ich vielleicht das Rätsel um Paul lösen können. Oder ich rief ihn einfach an. Genau! Manchmal war die einfachste Lösung die beste. Er konnte mir dann erklären, dass er im Auftrag eines Mandanten in München war, morgen heimkommen und mich wieder in die Arme schließen würde. Meinetwegen auch als nächtlicher, gut duftender Besucher.
    Blöd nur, dass ich mein Blackberry gerade nicht dabeihatte. Also weiterlaufen und grübeln.
    »Hunde haben keinen Zutritt!«, rief die dralle Bäckersfrau. »Und Kühe auch nicht.«
    War Rüdiger seit gestern gewachsen? Ich grinste und bedeutete ihm, vor der Tür zu warten. Er zog es vor, in der Tür zu warten. So verhinderte er, dass andere Kunden ihm irgendwas vor der Schnauze wegkauften.
    Gedeckte Apfeltorte, Pflaumenkuchen, Zimtschnecken, Rumkugeln und Nussecken. Sollte reichen.
    Rüdiger und ich machten es uns unter der alten Linde auf dem Dorfplatz gemütlich. Ich saß auf der Bank, die um den breiten Stamm herumlief, Rüdiger hockte davor und ließ sich füttern. Eins für mich, eins für dich.
    Den Menschenauflauf bemerkte ich erst nach einer ganzen Weile. Kinder kicherten, Hausfrauen schüttelten den Kopf, alte Männer tuschelten miteinander. Sogar Pastor Gräve kam aus seiner Kirche, um nachzuschauen, was seine Schäfchen zusammengetrieben hatte.
    Er drängelte sich durch. »Nele«, sagte er. »Was tust du da?«
    Ich schluckte schnell einen Bissen hinunter und räusperte mich. »Nichts Besonderes, Herr Pastor. Wir essen bloß Kuchen.«
    »Das sehe ich«, erwiderte er ratlos. »Aber ist das nicht ein wenig ungewöhnlich?«
    »Wieso?«
    Er deutete verwirrt auf Rüdiger, der sich genüsslich die Lefzen leckte.
    »Haben Sie noch nie einen Hund gesehen, der Süßes liebt?«
    Pastor Gräve kratzte sich am Kinn. »Nicht in diesem Ausmaß.«
    Ich lächelte nachsichtig. »Er ist ja auch ein großer Hund.«
    »Wem gehört der eigentlich?«
    »Meiner Mutter.«
    »Heidi Lüttjens hat sich so einen großen Hund angeschafft?«
    »Wer redet denn von Heidi?«
    Pastor Gräve sah mich seltsam an. Alle anderen auch. Es war plötzlich sehr still geworden auf dem Dorfplatz.
    Gespenstisch still.

13. Einer für alle, alle für einen
    Ich biss mir auf die Lippen. Rüdiger nutzte die Gelegenheit, die letzte Nussecke aus meiner Hand zu schnappen. Kurz schaute ich nach. Alle Finger waren noch dran. Danke, mein Freund.
    »Äh … ich … na ja …« Wenn nötig, konnte ich noch eine Weile so weiterstottern.
    »Vielleicht hat sie einen Zuckerschock«, meinte jemand. »Kann mal einer Wasser holen?«
    Eine ältere Frau lief rüber zum Aktivmarkt und kam mit einer Flasche Sprudel für mich und einem halb vollen Eimer Wasser für Rüdiger zurück. An ihre Fersen hatten

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