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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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konnten.
    Aber ach, Hauptsache, Paul und ich liebten uns.
    Mit diesem tröstlichen Gedanken schlief ich ein und träumte davon, wie ich lachend mit Klara durch den Baggersee schwamm. Leider verwandelte sich der Traum in einen Albtraum, als Klara mich mit einem boshaften Grinsen unter Wasser drückte.
    Das hätte mir vielleicht eine Warnung sein sollen. Und Paul stand splitterfasernackt am Rand und lachte dazu.
    »Aufwachen, Kröte! Hast du Schnappatmung, oder was?«
    Ich tauchte auf und holte Luft.
    »Jan, danke. Ich habe gerade von Klara geträumt.«
    »Das ist vielleicht ein Früchtchen«, sagte mein Bruder. »Mit der können wir noch was erleben.«
    »Wieso?«, fragte ich schläfrig.
    »Sie hat Anna beleidigt, weil ihre Pasta angeblich zu weich gekocht war, mit Paul geschimpft, weil er so lange bei dir geblieben ist, Margherita eine Landpomeranze genannt und Grete und Marie gefragt, warum sie eigentlich nicht längst im Altersheim sind.«
    Nett.
    Ich zog es vor, wieder einzuschlafen.
    Jan musste mich noch zweimal aus dem Baggersee fischen, aber die letzte halbe Stunde der Nacht schlief ich dann ruhig.

26. Von Haien und Wölfen
    Das Zimmer war leer, als ich aufwachte, und ich hoffte, Jan würde gleich mit einem Frühstückstablett hereinkommen. Immerhin war ich krank und durfte eine Sonderbehandlung erwarten. Es kam bloß nichts. Kein Kaffee, keine Brioche, kein Jan.
    Dabei hatte ich richtig großen Appetit, und die Schmerzen waren nur noch halb so wild. Kauen konnte ich, oder wenigstens die Brioche in den Cappuccino tunken und auf der Zunge zergehen lassen. Ich ging ins Bad, duschte halsabwärts und vermied einen Blick in den Spiegel.
    Pauls Geständnis, Klaras Existenz und mein Albtraum vermischten sich zu einer ausgeprägten schlechten Laune, versetzt mit einem großen Schuss Zukunftsangst.
    Dagegen halfen nur Koffein, Fett und Zucker.
    Umständlich drapierte ich den Seidenschal um mein Gesicht und betrat hoffnungsvoll die kleine Küche unseres Gästetrullos. Leer. Alles war blitzblank und unbenutzt. Es half nichts. Ich musste hinaus, über den Hof huschen und die nächstbeste größere Küche anlaufen.
    Zunächst lugte ich durch einen Türspalt. Draußen war alles friedlich.
    Großtante Marie und ihre Wahlschwester Graziella saßen in bequemen Korbsesseln und genossen die Novembersonne. Marie sah entspannt aus. Die Sonne tat ihrem Rheuma gut, das war nicht schwer zu erraten. Zudem genoss sie offensichtlich die stille Gesellschaft von Graziella. Nach dem ewigen Kleinkrieg mit Grete musste dieses Zusammensein die reinste Erholung für sie sein.
    Ach ja, Grete. Was machte eigentlich Oma? Ob die sich nicht ein wenig allein fühlte? Ich schaute mich um. Da saß sie, auf einem Stuhl unter dem Feigenbaum, und Rüdiger hatte ihr seinen Kopf in den Schoß gelegt. Der wusste genau, wer ihm das Leben gerettet hatte. Auf Gretes Knien lag ein dickes Handtuch. So weit ging ihre neu entdeckte Hundeliebe dann doch nicht, dass sie sich von Rüdiger ihr schwarzes Kleid vollsabbern ließ. Ausgiebig kraulte sie ihn hinter den Ohren und erzählte ihm, welche Kuchen sie gleich nach der Heimkehr für ihn backen würde. Butterkuchen, Mandeltorte, Nusskuchen …
    Ich sabberte jetzt auch.
    Entschlossen betrat ich den Hof und rief ein freundliches »Guten Morgen« in Richtung Marie, Graziella, Grete und Rüdiger.
    Oma und Großtante erkundigten sich nach meinem Befinden, Graziella lächelte höflich, Rüdiger versuchte, sich hinter dem Feigenbaum zu verstecken.
    Der war ja regelrecht traumatisiert von mir. Vier Fünftel von ihm waren gut zu sehen, aber das kümmerte ihn nicht. Er blieb, wo er war.
    »Geh frühstücken, Nele«, befahl Grete. »Du erschreckst den Hund.«
    Bin ja schon weg.
    Hinter mir wurde gepupst. Ich ging mal davon aus, dass das Rüdiger war.
    In der Küche empfing mich Klara. Wunderbar. Eine Begegnung mit meiner eventuell zukünftigen Stieftochter, noch bevor ich mir Koffein, Fett und Zucker einverleibt hatte. War das nötig?
    Ich stellte fest, dass sie tatsächlich nur Pauls Tochter sein konnte. Das braune Haar und die dunklen Augen waren von ihm. Auch wenn die Augen eher kratzbürstig denn kuschelig schauten. Über die süße Stupsnase sah ich lieber hinweg. Besonders im Hinblick auf meine eigene gebrochene Nase.
    Klara hob nur kurz den Blick von ihrem Smartphone. Blöderweise war mir der Schal runtergerutscht.
    »Du siehst ja scheiße aus.«
    Yeah! Der Grundstein für eine lebenslange Freundschaft war

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