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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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Flur.
    Paul kam nicht. Klara schon gar nicht.
    Das Abendessen wurde uns auch gebracht. Knusprige Lammkoteletts, gebackene Auberginen und Kartoffeln, in kleine Würfel geschnitten, mit Olivenöl beträufelt und im Ofen gebacken.
    Zwischendurch schlief ich mal eine Runde, ein paar andere Leute auch. Das Bett war gut besetzt. Irgendwann am späteren Abend meldeten sich meine Schmerzen zurück.
    »Nele braucht jetzt Ruhe«, entschied Irene und scheuchte alle aus dem Zimmer.
    Sie selbst blieb noch. »Wie kommst du mit alldem zurecht?«, fragte sie mich, als wir allein waren.
    Ich hob ratlos die Schultern. »Es wäre einfacher, wenn Paul mich lieben würde.«
    »Tut er das nicht?«
    Meine Schultern antworteten erneut.
    Irene lächelte das Lächeln einer erfahrenen Frau. »Ich glaube, du irrst dich. Er wäre dir wohl kaum hierher nachgereist, wenn er nichts für dich empfinden würde. Noch dazu mit diesem pubertierenden Charmebolzen im Schlepptau.«
    »Vielleicht hat er mich ja noch geliebt, als er in München war, aber jetzt ist ihm alles vergangen.«
    »Nun, ich kenne ihn nicht, aber ich vermute mal, dass er sich mit der Situation überfordert fühlt. Lass ihm etwas Zeit, Nele. Es ist sicher nicht leicht, von einem Tag auf den anderen Vater zu werden.«
    »Das ganze Leben ist nicht leicht«, gab ich zurück. »Aber das ist noch lange kein Grund …« Ich brach ab.
    Mir wurde gerade mal wieder alles zu viel.
    Gibt’s noch was zu trinken?

27. Sagt ihnen, dass ich sie liebe
    Irene drückte meine Hand. »Nur Mut, Nele. Wenn ihr zusammenhaltet, könnt ihr alles schaffen.«
    Ich nickte, dachte aber bei mir: Ja, wenn wir zusammenhalten. Danach sah es bloß nicht aus. Seit wir uns kannten, waren Paul und ich fleißig damit beschäftigt, Geheimnisse vor dem jeweils anderen zu hüten, uns voneinander zu entfernen und ständig was falsch zu verstehen. Und so ein durchgeknalltes Paar sollte ein Kind großziehen, das die eventuell zukünftige Stiefmutter als Punchingball bezeichnete?
    Mal davon abgesehen, dass ich überhaupt erst seit Kurzem über Kinder nachdachte. Über eigene Kinder. Und zwar mit einer Mischung aus Freude und panischer Angst.
    Irgendwie konnte ich Irenes Optimismus nicht teilen.
    Als sie das Zimmer verließ, sank ich erschöpft in die Kissen zurück. Der Berlucchi war alle. Schade.
    Opa ließ sich nicht mehr blicken. Dem fiel zum ersten Mal in seinem Geisterdasein nichts mehr ein.
    Am nächsten Morgen wurde ich von sonntäglichem Glockengeläut geweckt. Jan neben mir schnarchte leise weiter. Ich blieb noch ein Weilchen liegen und redete mir ein, dass ich all die schrecklichen Neuigkeiten bloß geträumt hatte.
    Na ja. Klappte nicht.
    Diesmal wagte ich nach dem Duschen einen Blick in den Spiegel und stellte fest, dass ich noch schlimmer aussah als tags zuvor. Die Partien rund um die Augen und das Kinn hatten eine grünlich-gelbe Färbung angenommen. Shrek würde sich auf den ersten Blick in mich verlieben. Auf den Gips hatte mir jemand ein dickes rotes Herz gemalt, das an den Seiten schief wurde. Welcher Idiot war das denn gewesen?
    Draußen war alles ruhig. Offenbar waren die Occhipintis und die Lüttjens’ gesammelt zur Kirche gegangen. Vielleicht hielt der Pfarrer zu Ehren des deutschen Besuchs ja einen ökumenischen Gottesdienst ab. So oder so konnte ich mir vorstellen, dass meine Leute eine katholische Messe unter erlebenswertem Lokalkolorit verbuchten.
    Die große Küche mit dem tollen Kaffeeautomaten war mein Ziel. Zur Sicherheit schlich ich mich aber erst an ein offen stehendes Fenster und lugte hinein. Noch einmal Klara am frühen Morgen musste ich nicht haben.
    Mist!
    Ich zuckte zurück. Am Küchentisch saßen Vater und Tochter.
    Rasch wollte ich mich zurückziehen. Lauschen gehörte sich nicht, obwohl mir das schon das eine oder andere Mal unabsichtlich passiert war. So wie jetzt. Mein Pulli blieb am Haken für den Fensterladen hängen, und während ich mich noch befreite, hörte ich Klara sagen: »Das ist mir so was von egal! Ich will da nicht länger bleiben! Keinen einzigen Tag! Und ohne Sam und Polly gehe ich sowieso nirgendwohin!«
    Hm. Ich war wieder frei, aber das hier war zu interessant, um wegzuschleichen.
    Sam und Polly? Wer waren die denn? Ihre Haustiere?
    Paul schwieg.
    »Hast du das kapiert?«, rief Klara.
    Nachdenklich zupfte ich an meinem Schal herum. Warum sagte Paul ihr nicht einfach, dass er schon alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte, um sie zu sich zu nehmen? So konnte er sich den

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