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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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den Suppenteller und fing an, mich zu füttern. Folgsam öffnete ich den Mund einen Spalt breit.
    Neue Energie durchströmte mich, und ich war fest entschlossen, alles aus dem Weg zu räumen, was zwischen uns stand.
    Ich konnte ja den Anfang machen. Sorgsam suchte ich nach Worten.
    »Federico hat mich abgeknutscht, und dann bin ich hingefallen.«
    Na ja.
    Pauls Hand mit dem Löffel zitterte. Etwas Brühe tropfte auf die Bettdecke.
    »Ist das ein Verwandter von dir?«
    »Ja, aber um ganz viele Ecken.«
    Die Antwort trug nicht unbedingt zu seiner Beruhigung bei. Der Löffel war jetzt leer, die Brühe breitete sich auf der Decke aus.
    »Er ist wohl ein interessanter und gut aussehender Mann?«
    »Ja.«
    Auch nicht gut. Aber sollte ich hier rumlügen und erklären, ich wäre einem Grottenmolch verfallen?
    Nein, Nele, aber vielleicht mal etwas Diplomatie an den Tag legen.
    »Er sieht aus wie Marcus Antonius.«
    So nicht!
    »Verstehe.«
    »Aber ich will überhaupt nichts von ihm. Ehrlich nicht.«
    Ich hatte in meinem Leben schon überzeugender geklungen.
    Endlich hob Paul den Blick und sah mir fest in die Augen. Das geschwollene kunterbunte Drumherum ignorierte er einfach.
    Ich schaute zurück.
    Das dauerte jetzt eine Weile. Immerhin waren keine Worte mehr nötig.
    So funktioniert das unter Liebenden. Manchmal unterhalten sich nur die Herzen miteinander.
    Die Brühe wurde darüber kalt, aber das war mir egal.
    Endlich lächelte Paul. Er nahm meine Hand und küsste sie zärtlich.
    »Mehr ist derzeit wohl nicht möglich«, murmelte er.
    Och, ich hätte da noch andere Körperteile gewusst, die bei meinem Unfall verschont geblieben waren. Andererseits konnten mir gewisse Erschütterungen Kopfschmerzen bereiten. Also gab ich mich mit der Liebkosung meiner Hand zufrieden.
    Glücklich beschloss ich, diesen Augenblick voll auszukosten. Die Sache mit Federico war zwischen uns geklärt, Pauls Zurückgezogenheit der letzten Woche wollte ich großzügig verzeihen. Es galt, unser Glück zu schützen.
    »Wer ist eigentlich Klara?«
    Meine Hand plumpste unsanft mitten in den Suppenfleck.
    Paul räusperte sich lange und umständlich, während sein Gesicht sich wieder verschloss.
    Das hast du jetzt aber wieder prima hingekriegt, Nele!
    »Ich wollte sie in München lassen, aber sie hat darauf bestanden mitzukommen.«
    Das war nicht die Antwort auf meine Frage.
    »Wie alt ist sie eigentlich?« Vielleicht erfuhr ich ja über Umwege, wer Klara war.
    »Sechzehn.«
    Bevor ich darüber nachdenken konnte, fuhr er fort:
    »Keinen Tag länger werde sie bei diesen Leuten bleiben. Eher wollte sie sich in der Isar ertränken.«
    Ganz schön dramatisch drauf, die Deern.
    »Du weißt ja, wie Mädchen in dem Alter sind.«
    Eigentlich nicht. Meine eigene Pubertät lag schon lange zurück, und außer Margherita kannte ich keine jungen Mädchen.
    Mehr kam nicht. Offenbar hielt er seine Antwort für erschöpfend. Als ob sie sein merkwürdiges Betragen und die noch merkwürdigeren Gerüchte um ein Kind hätte erklären können.
    Also wirklich!
    Ach ja, das Kind. Selbst in meinem angeschlagenen Zustand kam ich ganz von allein auf die Lösung.
    »Paul, wie kann das denn angehen?« Nicht gerade die klügste Frage, aber ich stand schließlich unter Schock.
    »Ist mir auch schleierhaft.«
    Auch nicht viel besser.
    Ich fühlte mich plötzlich betrogen. »Du hast mir nie etwas davon gesagt.«
    Paul nahm meine Hand aus dem Suppenfleck und drückte sie fest. »Ich habe nichts von Klaras Existenz gewusst. Das schwöre ich, Nele!«
    Meine Hand tat ein bisschen weh, aber ich ließ sie im Schraubstock. Jetzt bloß keine falsche Geste machen. Angestrengt dachte ich über Pauls Liebesleben nach – so weit es mir bekannt war. Es hatte da ein paar massive Enttäuschungen gegeben, aber von einem unehelichen Kind war nie die Rede gewesen.
    Sofern Klara überhaupt unehelich war. Vielleicht hatte Paul mir ja deshalb noch keinen Heiratsantrag gemacht, weil er schon verheiratet war.
    Ich atmete tief durch und beschloss, nicht weiter nachzudenken, bevor er mir nicht alles erzählt hatte. Das machte mich nur wahnsinnig.
    Paul knetete meine Hand. Wenigstens lenkte es mich von den Schmerzen in meinem Gesicht ab.
    »Ich habe damals in München studiert und war gerade im zweiten Semester, als ich Rosi kennengelernt habe.«
    Schon interessant, dachte ich, dass er auch in München gelebt hat. War mir neu, diese Info. Vielleicht hätten wir uns damals schon kennenlernen können, und ich

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