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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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zwei Tage in einer verlassenen Scheune verbracht hatte.
    »Vielleicht ist sie verliebt«, sagte Marcello, der unbemerkt wieder hereingekommen war. Vermutlich hatte Anna ihm draußen erklärt, dass er sich auf seinem eigenen Grund und Boden gefälligst nicht von einem dahergelaufenen Barbaren herumkommandieren lassen durfte. »Eine fuggitina hat in unserer Gegend Tradition.«
    »Eine was?«, fragten wir anderen im Chor.
    »Eine fuggitina . So nennt man die Flucht eines Liebespärchens. Meistens sind die zwei minderjährig. Sie kommen dann irgendwann verheiratet zurück, und die Eltern, die vorher gegen die Verbindung waren, können nichts mehr dagegen machen.«
    »Ausgeschlossen«, erwiderte Paul. »Wir sind erst seit knapp zwei Tagen hier. Klara hat mit niemandem Freundschaft geschlossen, außer mit dem Hund.«
    Marcello hob die Brauen. »Nun, dann nicht. Wir werden eine Suchaktion starten. Die Frauen packen bereits Proviant ein. Wenn ihr euch bitte im Hof einfinden wollt, dann teile ich die Trupps ein.«
    Wieder holte ich Luft, um von meiner Entdeckung zu berichten. Wieder kam ich nicht dazu.
    Dann eben nicht.
    Im Hof saß Marie stumm neben Graziella. Ich atmete auf. Ihr ging es also gut. Rüdiger hockte neben ihr, da sonst niemand Zeit für ihn hatte, und schaute traurig auf die noch ungedeckten Tische.
    So eine Hunde-Hungerkur musste echt hart sein.
    Es wurden insgesamt sechs Suchtrupps mit je vier Leuten aufgestellt, und Marcello achtete darauf, dass jeder von uns ein Handy dabeihatte. Paul gab allen Teilnehmern Klaras Nummer und fügte hinzu, dass er bisher vergeblich versucht hatte, sie zu erreichen.
    »Apropos Handy«, sagte ich laut, aber niemand hörte mir zu.
    Dann eben nicht!

28. Bitte melde dich!
    Für alle Fälle wählte ich nun auch Klaras Nummer. Konnte ja sein, dass sie zufällig mal ranging.
    Mailbox, war ja klar.
    Was nützte eigentlich die ganze moderne Technik, wenn man die Leute im Notfall doch nicht erreichen konnte?
    Margherita gesellte sich mit Gianpaolo und Gianpietro zu mir. »Wie vier sind ein Team.«
    Ich atmete auf. Hatte ein bisschen Angst davor gehabt, zusammen mit Paul in eine Gruppe eingeteilt zu werden. Hätte das Ende unserer Liebe bedeuten können. Mein Herz befand sich in einer Art Schockstarre, und jedes weitere unfreundliche Wort von Paul wäre zu viel gewesen.
    Er stand mit Jan, Irene und ihrem Imperator Giovanni beim Feigenbaum und besprach sich mit ihnen.
    Unauffällig winkte ich Jan zu mir.
    »Frag doch mal Paul, warum er Klara nicht erzählt hat, dass er beim Jugendamt schon alles in die Wege geleitet hat, um sie zu sich zu nehmen. Sie denkt, er kümmert sich überhaupt nicht darum. Deswegen ist sie doch überhaupt nur abgehauen.«
    Meinen eigenen Beitrag unterschlug ich.
    »Das hat er uns gerade erklärt«, sagte Jan. »Er will ihr keine falschen Hoffnungen machen, bis das Verfahren abgeschlossen ist. Und es könnte Probleme geben. Immerhin ist er ein allein stehender Mann.«
    Allein stehend.
    Aha.
    Mein Herz gefror zu Eis.
    Draußen fuhren einige Autos vor, Sirenen ertönten, und über unseren Köpfen kreisten zwei Hubschrauber.
    Alle starrten nach oben, bis der Padrone sich Gehör verschaffte. »Ich habe meinen Freund Umberto um Hilfe gebeten«, erklärte er.
    »Der ist Kommandant der Carabinieri«, erklärte mir Margherita.
    Hm. Ich an Klaras Stelle hätte mich jetzt im nächsten Erdloch verkrochen.
    Wie nahe ich mit diesem Gedanken der Wahrheit kam, sollte ich erst viele Stunden später erfahren.
    Margherita reichte jedem von uns einen Schlüssel. »Auf geht’s. Wir vier nehmen die Mofas und suchen die Stadt ab.«
    Mofas? Nee, danke.
    »Ich kann nicht fahren.«
    »Ist kinderleicht«, sagte Gianpaolo oder Gianpietro. »Ich bringe es dir schnell bei.«
    Optimist.
    »Wie kann man euch zwei eigentlich unterscheiden?«, fragte ich, als ich mit ihm vor meinem Gefährt stand. Es war silbergrau und trug die geschwungene Aufschrift Scarabeo .
    »Ich bin Gianpaolo, und hier, siehst du den Leberfleck an meiner Schläfe? Den hat Gianpietro nicht.«
    Prima. Wenn man so nah ranging, dass man ihm ins Ohrläppchen beißen konnte, wusste man, wen man vor sich hatte.
    Zwei Minuten später bretterte ich mit Vollgas über die Straße, schlug mehrere Passanten in die Flucht und quetschte einer schwarz-weiß gefleckten Katze die Schwanzspitze ab. Was musste das Tier auch so plötzlich da langhüpfen!
    Eine Sekunde vor dem Aufklatschen auf eine Hausmauer erinnerte ich mich an die

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