Omega Kommando
um sich einen Reim auf die Dinge zu machen.
Wenn Sahhans Truppen am Heiligen Abend eingesetzt werden würden, welche Rolle spielten dann diese hier? Vielleicht eine Verstärkung?
Nein, das ging nicht auf. Die Mischung aus den beiden Armeen würde sich als flüchtiger erweisen als ihre gemeinsame Mission. Außerdem handelte es sich bei diesen weißen Truppen um professionelle Söldner. Im Vergleich zu ihnen waren Sahhans fanatische Anhänger blutige Amateure, deren größte Waffe der Schock und die Überraschung sein würde. Die Männer, die er im Augenblick beobachtete und die sich ordentlich in Reihen aufstellten, konnten darauf verzichten. Eine ausreichende Anzahl dieser Männer würde …
Eine andere Sirene jaulte auf und unterbrach Blaines Gedankengang. Die Männer verstreuten sich in alle Richtungen; die meisten betraten jedoch die Kasernen. Die Befehlshaber gingen gemeinsam davon und ließen eine kleine Anzahl Wachen auf dem Übungsgelände und dem Fahrzeugpark zurück. Aus allen Richtungen kamen Söldner auf ihn zu, und Blaine wußte, daß es nicht lange dauern würde, bis man die Leiche des echten Wachpostens entdeckte.
Er verließ seinen Posten und ging zu dem Übungsgelände hinüber, ein wenig geschützt durch die ähnlich gekleideten Männer, an denen er vorbeikam. Er hielt die M-16 etwas straffer über seine Schulter und tastete in dem Pistolengürtel nach dem genauen Sitz seiner zusätzlichen Munitionsstreifen. Er näherte sich aus keinem besonderen Grund dem Schießstand, auf dem mechanische Puppen besonders realistische Übungsziele abgaben. Über ihm bäumte sich ein Wachturm auf, bemannt von Söldnern mit Ferngläsern und einem großkalibrigen Maschinengewehr. Er bemühte sich nach Kräften, den Anschein zu erwecken, zu tun, was man ihm aufgetragen hatte, und bewegte sich im langsamen Schritt einer diensttuenden Wache.
Kurz, bevor er das Übungsfeld erreichte, blickte er zu der Lagerhalle zurück. Dort herrschte offensichtlich Aufruhr. Die Männer mit den Baretten liefen zu einer großen Gruppe Soldaten in Kampfanzügen hinüber. Man hatte die Leiche des Wachpostens gefunden. Blaine verfluchte die Sonne, weil sie in der Karibik nicht eher unterging. In der Dunkelheit hätte man die Leiche niemals gefunden.
Er erreichte den Schießstand, froh, daß er ihn gewählt hatte, da er von dem Hauptkomplex am weitesten entfernt war und der Landebahn verhältnismäßig nahe lag. Instinktiv hatte er begonnen, seine Flucht zu planen. Er hatte alles erfahren, was es hier auf San Melas zu erfahren gab; allerdings hatte er nichts davon erwartet. Er hatte lediglich neue Fragen aufgeworfen. Er würde jetzt quer über den Schießstand gehen, dann über den Hügel und zur Landebahn. Früher oder später würde ein Flugzeug starten, und er mußte irgendwie an Bord gelangen.
Blaine hatte den Stand zur Hälfte überquert, als eine der mechanischen Puppen zu ihm aufsah. Er erstarrte mitten in der Bewegung und fühlte, wie ihn ein Schock durchfuhr.
Das Ziel war keine Puppe.
Es war ein Mensch. Von zahlreichen Salven getroffen und aus blicklosen Augen starrend.
Es waren echte Kriegsspiele, die hier gespielt wurden, mit lebendigen Menschen anstelle von Pappkarton-Umrissen. Die Gesichtszüge der Leiche waren zu blutverschmiert, als daß er sie noch ausmachen konnte. Vielleicht herrschte auf San Melas das Gesetz vom Überleben des Stärksten. Nur die besten wurden von der Insel geschickt, um …
»He, du da! Das ist Sperrgebiet!«
Blaine hatte den Jeep nicht gehört, der neben ihm angehalten hatte. Er drehte sich langsam um und sah sich zwei Männern mit Gewehren im Anschlag gegenüber.
»Das ist mein Gebiet. Ich bin nur auf Streife.«
»Scheißdreck! Ich kenne dich nicht! Ich weiß nicht …«
McCracken handelte, bevor der Mann den Satz vollendet hatte. Er spürte, daß seine Ausrede vergeblich sein, ihm nicht helfen würde. Er griff nach der M-16 an seiner Schulter, ließ sich fallen und betätigte den Abzug, als er den Boden berührte.
Die beiden Männer konnten nur noch jeweils eine harmlose Salve abfeuern, dann wurden sie von seinem Kugelhagel gefällt. Doch der Lärm der Schüsse würde sicherlich hundert andere Söldner auf den Schießstand locken. Gegen solch eine Übermacht zu kämpfen oder vor ihr zu fliehen, war unmöglich. Sie zu täuschen war etwas anderes.
Blaine feuerte drei Salven ins Nichts hinter dem Rand des Übungsplatzes ab. Panik vortäuschend, umklammerte er sein Gewehr und lief in die
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