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Omega

Omega

Titel: Omega Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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»Es ist alles in Ordnung.«
    Niemand.
    Das war, soweit er sich erinnern konnte, das erste Mal.
     
    Digger rechnete mit einem interessanten Abend. Noch größerer Beliebtheit als das Theater erfreute sich unter Goompahs ein Ereignis, das an einen öffentlichen Vortrag erinnerte. Ein Sprecher, üblicherweise eine Autorität in dieser oder jener Disziplin, versuchte, seinen Standpunkt zu einem vorgegebenen Thema vorzutragen, während die zahlende Kundschaft eine offene Debatte mit ihm führte (oder ihm zustimmte, je nachdem, wenngleich dieser Fall nach Diggers Erfahrung nur selten eintrat). Der Redner mochte die gesundheitlichen Vorzüge des Sonnenscheins diskutieren, ein abstraktes ethisches Thema dieser oder jener Couleur, die positiven Aspekte eines Dramas, das kürzlich mit Buhrufen von der Bühne gefegt worden war oder ein übernatürliches Geschehen, das ihm oder ihr widerfahren war und zu einem spirituellen Erwachen und der sicheren Erkenntnis geführt hatte, dass sich die Zuhörer blind durch eine moralische Finsternis tasteten und dringend ihr Leben ordnen sollten. Das alles bereitete allen Beteiligten offenbar ungeheuren Spaß, und Digger zweifelte ernsthaft daran, dass irgendeiner der Goompahs mit Ernst bei der Sache war, gleich, welcher Partei er auch angehören mochte. Die Zuhörer zahlten für ein Privileg, die Redner suchten sich Themen, die geneigt waren, Empörung hervorzurufen, und alle hatten ihren Spaß.
    Man nannte diese Veranstaltungen Sloshen, wofür es keine wirklich korrekte Übersetzung gab. Passen dürfte ein glückseliger Zank, ein fröhlicher Streit, eine wunderbare Meinungsverschiedenheit.
    Der Gastredner an diesem Abend war, den Aushängen des Tages zufolge, Macao Carista, die als Kartografin bezeichnet wurde. Macao kam aus Kulnar, einer Stadt nordwestlich von Brackel. Der Ankündigung nach war sie auf ganz Intigo wohl bekannt.
    Während der Tage, die er bereits in der Lobby des Gebäudes, das für die Veranstaltung benutzt wurde, zugebracht hatte, hatte Digger begeisterte Stammgäste darüber sprechen hören, dass sie stets Karten von Orten mitbrachte, an die noch nie irgendjemand gereist war, manchmal gar von solchen, von denen noch niemand je gehört hatte.
    Offenbar nutzte sie diese Abende, um über ihre Reisen zu sprechen und die diversen fantastischen Kreaturen zu beschreiben, die ihr begegnet waren: gepanzerte Terps, so groß wie sie selbst; Bandars, die Gift über eine Entfernung spien, die etwa dem halben Hallendurchmesser entsprach (was ziemlich beachtlich war); fliegende Solwegs, sprechende Bolliclubs. Beim letzten Mal, so hieß es, hatte sie einen zweiköpfigen Goompah beschrieben, den sie auf einer Insel im östlichen Meer entdeckt haben wollte. Ein Kopf, hatte sie erzählt, hatte stets die Wahrheit gesagt, der andere immer gelogen. Aber man wusste nie, welcher welcher war.
    Und dann war da noch Yara-di, die goldene Stadt.
    Und die Brücke über die bodenlose Carridan- Schlucht, erbaut von unbekannter Hand unter Anwendung technischer Mittel, die das Verständnis jedes heute Lebenden weit übertrafen. Die Brücke war so lang, dass sie drei Tage gebraucht hatte, um sie auf dem Rücken eines Herba zu überqueren.
    Sie hatte von dem Boravay erzählt, dem Fleisch fressenden Wald, aus dem kein Reisender, abgesehen natürlich von Macao selbst, je zurückgekehrt war.
    »Klingt nach einem echten Teufelsweib«, bemerkte Kellie.
    Goompah, dachte Digger. Sie ist eine Goompah. Teufelsweib passt da irgendwie nicht.
    Bei dem Slosh wurde auf formelle Umgangsformen Wert gelegt. Kein Gejohle, keine lauten Stimmen. »Wenn der geehrte Redner für einen Moment unterbrechen könnte«, mochte es heißen, »ehe die Verwirrung noch größer wird…«
    Es war ein kühler Abend. Ein frischer Wind wehte von der See herbei, und der Veranstalter hatte mehrere Feuer entzünden müssen, um die Halle angenehm warm zu halten. Macao war offensichtlich allgemein beliebt, denn die Goompahs strömten nur so herein und unterhielten sich leise, während sie auf ihren Auftritt warteten.
    Das Publikum, etwa zweihundert Personen, saß oberhalb der Bühne auf Rängen, die im Stil eines Amphitheaters angeordnet, jedoch auf drei Seiten des Raums begrenzt waren. Kellie und Digger, die schon längst einen Sender neben der Bühne installiert hatten, lauerten in dem abgesperrten Bereich, weit entfernt von den Besuchern der Veranstaltung. Zur angekündigten Stunde zerrten zwei Arbeiter einen schweren Lehnstuhl auf die

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