Omega
heißt, dass wir schneller abfliegen mussten, als wir es uns gewünscht hätten. Wir sind ein Risiko eingegangen, und wir haben verloren. Akzeptieren Sie das.«
Keiner ihrer Passagiere ließ gern eine Strafpredigt des Captains über sich ergehen, aber sie lieferte ihnen immerhin einen neuen Aufhänger für ihre Unzufriedenheit, und vielleicht war das alles, was sie brauchten.
Judy mochte Alexandra. Sie entschuldigte sich nicht, ließ sich niemals von Frank oder einem der anderen einschüchtern, gab nie nach. Ließ sich nichts gefallen.
Mit den Nörglern um sie herum hatte sie jegliche Geduld verloren; mit Melinda Park, die ständig klagte, wie kostbar ihre Zeit sei und wie selbige nun vollends vergeudet werde; mit Wally Glassner, der jedem, der ihm zuhörte, erklärte, wie er die Angelegenheit gehandhabt hätte, wäre er der Verantwortliche gewesen; mit Jerry Madden, der nun schon sieben Monate dabei war, und was konnte er nach all der Zeit vorweisen?
Selbst unter ihren eigenen Leuten waren einige, die nicht imstande waren, sich mit der Situation abzufinden. Und sie waren alle jung, überzeugt, bis an die Spitze ihrer jeweiligen Profession aufzusteigen, ihr Leben stets unter Kontrolle zu haben und eines Tages nach vielen erfolgreichen und glücklichen Jahren in den Ruhestand zu treten.
Am Vormittag setzte sich Alexandra an die Allcomm, um ihre Passagiere davon in Kenntnis zu setzen, dass eines der Rettungsschiffe den Hyperraum wieder verlassen hatte und am späten Nachmittag in Sichtweite kommen würde. Es handelte sich um die Vignon, das Schiff, das jeden, der zurückfliegen würde, an Bord nehmen sollte. Die Vignon würde die Passagiere nach Broadside bringen, von wo aus sie die Heimreise auf einem anderen Schiff antreten sollten. Die Reise würde insgesamt acht Monate dauern, sodass sie im Sommer wieder in Arlington wären. Sorgsam auf einen neutralen Tonfall bedacht, dankte der Captain den Passagieren für ihre Geduld und ihr Verständnis.
Die Vignon brachte außerdem Ingenieure mit. Sie würden tun, was immer sie konnten, um die Sprungtriebwerke wieder zum Laufen zu bringen. Die Westover sollte in einigen Tagen folgen. Sie würde Frank, Judy und sechs Angehörige ihres Teams nach Lookout bringen. Wenn alle sicher unterwegs waren, würde Bill die Al-Jahani zur Broadside fliegen. Und sollte unterwegs irgendetwas schief gehen, sollte das Schiff im Nebel verschwinden, nun, dann war zumindest niemand mehr an Bord, der mit ihm verschwinden konnte.
Die Leute, die ihre Rückreise auf der Vignon antreten sollten, räumten ihre Quartiere. Als Judy nach dem Mittagessen den Gemeinschaftsraum aufsuchte, saßen Melinda Park und Charlie Harding dort bereits auf gepackten Koffern. »Sie werden mir fehlen, Judy«, sagte Charlie, und Melinda deutete mit einem Lächeln an, dass es ihr ebenso erging. Die Geste besagte allerdings auch, dass sie nicht verstehen konnte, dass Judy immer noch nicht genug hatte. Melinda erklärte, von ihrer nächsten Mission sollten die Leute in der New York Times lesenkönnen.
Einige der Linguisten gesellten sich zu ihnen, ebenfalls aufbruchbereit. Rochelle würde ebenso abreisen wie Terry MacAndrew. Judy war nicht sicher, aber sie vermutete, dass er ging, weil sie ging.
Trotz der Umstände war es für die Karriere der Linguisten nicht gerade von Vorteil, die Mission aufzugeben. Das würde sich herumsprechen, und die Leute hatten ein langes Gedächtnis. Und wenn es zukünftig um die Besetzung vakanter Posten ginge, würden diejenigen erwählt werden, die als loyal und pflichtbewusst galten. Judy hatte ihren Leuten all das kurz nach dem Austritt aus dem Hyperraum erklärt und ihnen geraten, zu tun, was sie für das Beste hielten, dabei jedoch nicht zu vergessen, wie wichtig ihre Reputation später für sie sein würde.
Andererseits waren sie vor allem Linguisten, nicht Forscher, und vielleicht würden die Leute, die sie anheuerten, anders denken als sie.
Während der nächsten halben Stunde tauchten nach und nach all die anderen auf, die sich auf die Rückreise begeben wollten. Malachy sah müde und entmutigt aus. Jason Holder hatte die Stirn gerunzelt, als hätte sich alles, was hier geschehen war, persönlich gegen ihn gerichtet. Elisabeth Madden hielt sich recht gut, und Ava MacAvoy ebenso. Jean Dionne war sichtlich erleichtert, umkehren zu können. Von all diesen Leuten würde Judy vor allem John Price vermissen, groß, still, gut aussehend, ein Mann, in den sie sich hätte verlieben
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