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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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Sprengstoff, die für Falcone bestimmt waren, in den Abflusskanal unter der Autobahn zu schieben. Am 23 . Mai 1992 war es Brusca, der die Bombe zündete. Er hatte schon so viele Morde begangen, dass er vergessen hatte, mitzuzählen: Zwischen ein- und zweihundert, lautete seine verstörend vage Schätzung. Als er sich schließlich als Kronzeuge zur Verfügung stellte, mussten die Ermittler ihm eine Liste aller Personen vorlegen, die in den vergangenen 20  Jahren im Westen Siziliens eines unnatürlichen Todes gestorben oder verschwunden waren, damit er diejenigen Verbrechen ankreuzen konnte, die seine Handschrift trugen.
    Während die Polizei sich an Brusca heranarbeitete, musste dieser von einem sicheren Unterschlupf in den nächsten ziehen. Im Februar 1996 stießen Ermittler auf den Bunker, den sich der Boss von einem befreundeten Bauunternehmer hatte errichten lassen. Von außen sah er aus wie ein baufälliges Bauerngehöft. Im Inneren jedoch gab es im Marmorfußboden der teuer ausgestatteten Küche einen versteckten Eingang, der einem James-Bond-Schurken zur Ehre gereicht hätte. Sobald Brusca eine Fernsteuerung drückte, fuhr ein Abschnitt des Fußbodens wie ein Lift 50  Meter unter die Erde in eine Zweizimmerwohnung. Einer der beiden Räume hatte eine Metalltür mit einem Spion, genau wie eine Gefängniszelle. Hier war der kleine Giuseppe Di Matteo festgehalten und von Brusca schließlich erwürgt worden. Von der Wohnung führte ein weiterer Geheimgang zu einem riesigen Metalltank, in dem Ermittler das größte Waffenarsenal der italienischen Geschichte fanden. Eine Menschenkette aus Carabinieri brauchte Stunden, um es leerzuräumen: mehr als 400  Pistolen, viele Dutzend Pump Guns und Maschinengewehre, Sprengstoff aller Art (einschließlich Semtex), mehrere Bazookas, unzählige Kisten mit Granaten und zehn RPG - 18 – die schultergestützten Panzerabwehrraketen, die als »Allahs Hammer« bekannt waren, weil Talibankämpfer sie in Afghanistan gegen russische Helikopter zum Einsatz gebracht hatten. Sogar einige Sammlerstücke waren darunter, so ein Thompson-Maschinengewehr mit Trommelmagazin, wie es in den Al Capone-Gangsterfilmen zum Einsatz kam. Bruscas Waffenlager war nur eines von vielen, die in diesen Jahren ausgehoben wurden.
    Bruscas letzter Unterschlupf lag weit entfernt von seinem Territorium, in der Provinz Agrigent im Süden Siziliens. Sein Heimweh hat ihn schließlich verraten. Um Wurst und Fleisch zu bestellen, rief er regelmäßig beim Metzger seiner Geburtsstadt an, San Giuseppe Jato – diese Anrufe wurden von den Carabinieri abgehört. Brusca sah sich gerade eine Sendung über Giovanni Falcone im Fernsehen an, als das Gewitter losbrach und die Polizei bei ihm einfiel.
    Die Festnahme von Bossen wie Bagarella und Brusca setzte der gefährlichsten Phase in der Geschichte der sizilianischen Mafia ein Ende. Wie die gesamte Führung der Cosa Nostra hatten diese Männer Totò Riinas Strategie der Kriegsführung gegen den Staat gebilligt. Sie hatten auch zu einer kleineren Gruppe von Bossen gehört (die Massakerbefürworter der Cosa Nostra), die diesen Krieg nach Riinas Festnahme 1993 fortsetzen wollten. Doch als die Polizeirazzien weitergingen, verloren die Befürworter der Massaker die Kontrolle über die Organisation, und die Cosa Nostra stürzte in eine tiefe Führungskrise. Als Reaktion auf diese Krise wurde eine neue Strategie des »Untertauchens« umgesetzt.
     
    Der Boss, der für den Richtungswechsel verantwortlich war, hieß Bernardo Provenzano. Provenzano war keineswegs der berufene Friedensstifter. Während des Großteils seiner kriminellen Laufbahn stimmte er mit Totò Riina in jeder Frage überein, die sich auf interne Strategien der Cosa Nostra bezog. Beide waren Corleoneser und Schüler von Luciano Liggio. Provenzanos schonungslose Verfolgung seiner Feinde hatte ihm vor langer Zeit den Spitznamen der »Traktor« eingebracht. Er trug ebenso viel Verantwortung für die Gräuel der 1980 er Jahre und für die Morde an Falcone und Borsellino wie jedes andere Mitglied der Palermer Kommission. Doch Provenzano hatte noch einen zweiten Spitznamen, der von anderen Fähigkeiten kündete: der »Buchhalter«. Er besaß mehr Geschäftssinn als sein Partner Riina und ein größeres Talent, mit Politikern Kontakte zu knüpfen.
    Pentiti
erzählen, Provenzano sei verstummt, als 1993 die Befürworter der Massaker ihren Terrorfeldzug noch intensivieren wollten (es fiel sogar der Vorschlag, den Schiefen

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