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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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entfernte: In Australien gibt es angeblich neun
locali.
Einer davon befindet sich in Stirling, einer Stadt mit 200 000  Einwohnern in der Nähe von Perth. 2009 wurde den italienischen Behörden zufolge der Boss des
locale
in Stirling abgehört, ein Immobilienentwickler und ehemaliger Bürgermeister namens Tony Vallelonga, der nach Kalabrien angereist kam, um ein Mitglied des Großen Verbrechens zu konsultieren. Vallelonga gab sich wütend und verblüfft über die Anspielungen auf seine Mitgliedschaft, die 2011 publik wurden. Noch wurde er nicht ausgeliefert.
    Neuere Ermittlungen haben nicht nur einige zunächst verwirrende Aspekte der hierarchischen Struktur der Organisation aufgedeckt; sie haben auch neue Indizien bezüglich der Frauen in der kalabrischen Mafia zutage gefördert. Einige dieser Frauen genießen großen Einfluss. Sie »borgen« sich sozusagen von ihren männlichen Verwandten die Macht, mit der in diesem Fall mehr verbunden ist als die normalen weiblichen Pflichten, welche darin bestehen, die Männer zu Vergeltungsaktionen anzuhalten und die Kinder im Kult der Gewalt großzuziehen. Sie erfordert auch mehr als das Verstecken von Waffen und die Überbringung von Botschaften an Gefangene. Einige ’Ndrangheta-Frauen wurden sogar mit der Vermögensverwaltung der Bande betraut. Es gibt Hinweise darauf, dass die eine oder andere außergewöhnlich Wagemutige einen Sonderstatus in der ’Ndrangheta genießt und den Titel einer »Schwester der Omertà« führen darf.
    Trotz des Einflusses, den einige Frauen der ’Ndrangheta genießen, sind sie doch insgesamt gänzlich von den Kommandostrukturen ausgeschlossen, welche die Operation Crimine identifiziert hat: Es gibt weder weibliche Offiziere in den
locali
noch dürfen Frauen offiziell initiiert werden. Anders ausgedrückt: Frauen können zwar durch Geburt oder Heirat den kalabrischen Gangster-Blutlinien angehören, dürfen aber nicht an der ’Ndrangheta als Organisation teilhaben.
    Wie die beiden anderen Mafias verknüpft auch die ’Ndrangheta in besonderer Weise verwandtschaftliche und strukturelle Bande. Die ’Ndrangheta ist ebenso fest im Familiären verwurzelt wie die Camorra; und doch ist sie wie die Cosa Nostra eine verschworene Bruderschaft männlicher Krimineller, ein hierarchisch strukturierter Freimaurerbund des Verbrechens. Diese besondere Mischung von Charakteristika scheint Frauen im Umkreis der ’Ndrangheta äußerst verwundbar zu machen: Fast hat man das Gefühl, als müssten sie noch mehr Missbrauch erdulden als ihresgleichen in Kampanien oder Sizilien. Aufgrund der Aussagen von Frauen, die der ’Ndrangheta nahestehen und sich der Justiz anvertraut haben, werden in Reggio Calabria neuerdings an die 20  Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit weiblichen Opfern – die einen vermisst, die anderen unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommen – wieder aufgerollt. Eine vertuschte Serie von Ehrenmorden der ’Ndrangheta könnte demnächst ans Licht kommen. Eines der Opfer war Maria Teresa Gallucci. 1994 drangen Killer in ihre Wohnung in der norditalienischen Hafenstadt Genua ein und erschossen sie, wie auch ihre Mutter und ihre Nichte, die zufällig gerade bei ihr gewesen waren. Maria Teresa war die Witwe eines

Ndranghetista. In den Augen der Gangster hatte sie das Andenken an ihren Ehemann beschmutzt, indem sie mit einem anderen ein Verhältnis eingegangen war.
    Ein ähnlich verstörender Fall ist der von Domenica Legato, die 2007 sterbend auf der Straße lag, vor dem Haus der Familie. Sie sei vom Balkon gestürzt, behaupteten ihre Angehörigen. Eine Kronzeugin dagegen spricht von verdecktem Mord. Messerstiche auf ihren Händen könnten darauf hinweisen, dass sie kurz vor ihrem Tod einen Angreifer abgewehrt hatte. Auch Domenica hatte als Witwe eines

Ndranghetista eine neue Liebe gefunden. Der Fall wurde damals als Selbstmord abgehandelt, und während ich dies schreibe, ist noch keine neue Untersuchung eingeleitet worden.
    Die vielleicht bedrückendste Geschichte betrifft Maria Concetta Cacciola, eine Mutter von drei Kindern, deren Mann, ein ’Ndranghetista, eine langjährige Haftstrafe zu verbüßen hatte. Nachdem sie von ihrem Vater zusammengeschlagen worden war, weil dieser herausgefunden hatte, dass sie im Internet eine platonische Beziehung zu einem anderen Mann angefangen hatte, wandte Maria Concetta sich im Mai 2011 an die Carabinieri. Als man sie schließlich fand, litt sie entsetzliche Qualen, weil sie Salzsäure getrunken

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