Omka: Roman (German Edition)
Grentshäuser«
»Ja«, sagte die Ärztin, »Herr Grentshäuser. Sie sind der Vater, oder sind Sie ein Freund – das habe ich vorher gar nicht gefragt. Es ist auch nicht wichtig, Sie dürfen natürlich hier sein, wenn die Mutter das will, es ist gar kein Problem.«
Er wusste nicht, was er sagen sollte.
»Doch, ich bin der Vater«, sagte er, und es war ihm, als hätte es ein anderer gesagt. Es war das erste Mal, dass er das aussprach, und es gehörte noch nicht zu ihm. Er dachte bei sich, dass er doch streng genommen erst der Vater war, wenn das Kind auf der Welt sei, hätte das aber nicht zu sagen gewagt, es schien ihm auch unpassend.
»Ich frage aus dem Grund«, sagte die Ärztin, »weil Frau Rampelhoff mir von der Vorgeschichte dieser Schwangerschaft erzählt hat. Sie hatte einen Schwimmunfall und eine akute Belastungsstörung mit temporärer Amnesie, und das sind, zusammen mit dem relativ späten Zeitpunkt der ersten Gravidität, alles Voraussetzungen, in denen eine Schwangerschaft anderer Aufmerksamkeit bedarf als unter sehr stabilen Voraussetzungen. Wenn, sagen wir mal, noch hinzugekommen wäre, dass der Kindsvater unbekannt ist oder seine Unterstützung verweigert, das kommt ja vor, hätte ich Ihnen zusätzlich zu den Vorsorgeuntersuchungen noch zu ein paar Gesprächsstunden mit unserer Psychologin geraten, denn das sind Voraussetzungen, die, wie ich eben schon sagte, anderer Aufmerksamkeit bedürfen. So aber, nachdem eine starke Schulter für Sie da ist und auch Unterstützung, bin ich getrost, dass man darauf verzichten kann. Ein liebevolles Umfeld ist gerade in der Schwangerschaft sehr wichtig«, sagte sie und nahm einige Zettel in die Hand. »Ihre Blutwerte habe ich vom Krankenhaus erhalten, einen Rundumcheck hatten Sie ohnehin, deshalb sehen wir jetzt einfach mal nach dem Baby. Die Umkleide ist nur um die Ecke. Bitte.«
Omka stand auf und verließ den Raum, die Ärztin legte ihre Instrumente bereit und schaltete das Ultraschallgerät ein. Sie sah nochmals auf die Zettel und sagte zu ihm: »Weit kann das noch nicht sein, im Krankenhaus hat man den HCG -Anstieg noch nicht im Blut nachgewiesen.«
Da betrat Omka den Raum wieder und stieg auf den Stuhl. Es war ihm etwas unangenehm, und er stand erst auf und kam näher, als ihm die Ärztin sagte: »Nicht so schüchtern, das ist doch Ihre Frau, kommen Sie nur her.«
Da stellte er sich neben den gynäkologischen Stuhl zu Omka, und auf dem Bildschirm sah er nur Schwarz mit weißen Querstreifen, die wie verwischt aussahen, im Teilausschnitt eines Kreises. Die Ärztin kniff die Augen zusammen.
»Ah ja«, sagte sie, »da haben wir den Fruchtkörper« und zeigte mit dem Finger auf einen weißen, wabernden Punkt mit schwarzer Mitte.
»Ich schätze Sie etwa auf die sechste Schwangerschaftswoche. Wann hatten Sie Ihre letzte Blutung?«
»So um den 10 . August war der letzte Tag«, sagte Omka nach einigem Überlegen.
»Dann fiele der Geburtszeitraum ungefähr zwischen den 10 . und 20 . Mai nächstes Jahr.«
»So genau kann man das jetzt schon sagen?«, fragte Omka.
»Nun ja, es ist ja nur ungefähr, den genauen Tag kann ich Ihnen natürlich nicht nennen, es sei denn, Sie möchten einen Kaiserschnitt bekommen«, sagte die Ärztin.
Er stand daneben und fühlte sich, als würde er nicht hierhergehören, und fragte sich einen Moment lang, ob dieses Gefühl daher kam, dass er, obwohl er der Vater war, in diesem Raum tatsächlich nichts verloren hatte. Ungläubig starrte er auf das Ultraschallbild.
»Aber was rede ich«, sagte die Ärztin und wurde plötzlich überschwänglich fröhlich, »ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Baby! Es wird Ihr Leben bereichern. Ich kann Ihnen aus Erfahrung sagen, dass sogar unter schwierigen Voraussetzungen ein gesundes Kind immer ein Segen ist. Ich erlebe Paare in meiner Praxis, die sich über die Schwangerschaft nicht freuen, weil sie nicht geplant war, und wenn das Kind dann da ist, ist doch alles so, wie es sich gehört.«
Er stand starr da und sagte wie entschuldigend: »Wir freuen uns ja …«
Omka nahm seine Hand und drückte sie.
»Ich kann gar nicht glauben, dass dieser kleine Punkt …«, sagte er.
»Sie glauben gar nicht, wie oft ich das höre«, sagte die Ärztin. »Wir sind fertig, Omka, Sie können sich wieder anziehen.«
Sie stieg vom Stuhl und verließ den Raum in Richtung Umkleide. Er stand immer noch ungläubig neben dem Stuhl und unfähig, etwas zu sagen.
»Ihr Erstes?«, fragte die Ärztin.
»Ja«, sagte
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