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Omka: Roman (German Edition)

Omka: Roman (German Edition)

Titel: Omka: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Aschenwald
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zu ersticken, auch nicht.«
    Er sagte nichts.
    »Ich … weißt du, ich«, sagte sie, blieb stehen und drehte sich nach ihm um. »Ich … du hast noch gar nichts gesagt. Ich habe dir gesagt, ich möchte bei dir bleiben und dass ich dich liebe, aber du hast noch nichts gesagt. Ich hatte seit Tagen Angst davor, dass ich dich darauf ansprechen muss. Aber wenn du willst, ich meine, wenn du nicht willst, packe ich meine Sachen, es ist kein Problem, weißt du, ich habe ein Haus im Schwarzwald, ich stehe ja nicht auf der Straße, ich meine, wenn du mich nicht …«
    Da hörte sie auf zu sprechen und schaute aufs Wasser, wo plötzlich ein Fisch hochsprang, mit der Flosse schlug und wieder ins Wasser tauchte.
    »Weißt du, ich habe mir Bildungskarenz genommen für ein halbes Jahr, deshalb ist es nicht aufgefallen, dass ich nicht zur Arbeit gekommen bin, ich bin auch gar nicht wegen der Weiterbildung, sondern wegen meiner Scheidung, ich … ich wollte raus aus allem und habe auch meiner Familie und meinen Freunden gesagt, dass ich jetzt mal für mich sein muss und sie sich nicht zu sorgen brauchen, wenn sie mal nichts von mir hören. Ich habe ein Haus in der Nähe dieses Sees gemietet, wo ich ein paar Sachen von mir habe, die müssten wir abholen, weil ich es nur bis morgen bezahlt habe.«
    Er sah sie an. Er hatte jetzt den Eindruck, als sei von Anfang an etwas Unheimliches von ihr ausgegangen, das ihn fasziniert hatte. Gleichzeitig kam sie ihm vor wie ein zu großes Mädchen mit Augen wie ein Vogel, weil Fische keine dunklen Augen haben, das hatte sie ihm ja gesagt. Er war zweiundvierzig, schon lange alleine und mochte ihre fürsorgliche Art, auch wenn sie ihm manchmal kühl vorkam. Längst hatte er sich daran gewöhnt, dass sie bei ihm schlief, und was sie machte, wenn sie bei ihm schlief, irritierte ihn, und ihr leerer Blick forderte ihn heraus. Ihre Hilflosigkeit machte, dass er sie beschützen wollte, obwohl er wusste, dass sie das speziell in ihrem Beruf selber können musste. Dass sie Rechtsanwältin war erfüllte ihn mit ungläubigem Stolz.
    »Deine Scheidung ist noch nicht lang her, oder?«, fragte er. »Bist du sicher, ich meine, dass du dazu jetzt schon … dass du jetzt schon etwas Neues …«
    Das sagte er, obwohl er froh war, dass sie geschieden war.
    »Ich habe bis vor ein paar Tagen nicht mal gewusst, wer ich bin«, sagte sie laut, »und jetzt erinnere ich mich, und ich erinnere mich auch, dass ich hierhergefahren bin, um Abstand zu bekommen, damit ich alles vergesse, und ich habe tatsächlich alles vergessen, und jetzt bin ich bei dir, und da will ich bleiben!«
    »Du bist hierhergefahren«, sagte er plötzlich sehr ernst in die sich abkühlende Luft, »weil du ertrinken wolltest.«
    Und er fühlte sich nach diesem pathetischen Satz zufrieden. Schließlich hatte sie ihm ja auch gesagt, dass er an der frischen Luft ersticken wollte.
    »Ja«, sagte Omka zornig, »ich bin hierhergefahren, weil ich ertrinken wollte!«
    Er nahm sie in den Arm. Sie ließ sich festhalten. Er war erfüllt von Mitleid, von so viel Unglück, das ihr widerfahren war, dass sie dachte, sie könne nicht mehr weiter, und das Herz tat ihm weh. Man muss etwas machen, dachte er sich. Sie braucht eine Aufgabe, eine Arbeit und Menschen um sich herum, aber vor allem braucht sie etwas zu tun. Sie ließ sich zornig umarmen und sagte dann laut:
    »Josef! Ich bin nicht traurig. Möchtest du, dass ich bleibe oder nicht?«
    Sein Blick fiel auf ihre kleinen Hände, an denen die Knöchel weiß heraustraten. Ihre dunklen Augen sprühten Funken.
    Er sagte schnell und leise: »Ich möchte, dass du bleibst. Weil ich dich auch liebe.«
    Und dann küssten sie sich.
     
    Nachdem sie Omkas Sachen aus dem Ferienhaus geholt und in sein Haus gebracht hatten, rief sie bei der Polizei an, und ihr Fall wurde abgeschlossen und ihre Versicherung wurde benachrichtigt wegen der anfallenden Kosten für ihren Krankenhausaufenthalt. Sie saß lange hinter ihren Zetteln und musste viel telefonieren.
    »Wann musst du eigentlich wieder anfangen zu arbeiten«, fragte er.
    Sie lächelte. »Du hast gesagt, du möchtest, dass ich bleibe. Deshalb traue ich mich auch, dir etwas zu sagen«, sagte sie geheimnisvoll.
    Er zog die Augenbrauen hoch.
    »Weißt du, Josef. Es ist so … dass ich … ich gehe wahrscheinlich nicht mehr arbeiten. Ich bin schwanger. Wir bekommen ein Kind.«
    Er traute seinen Ohren nicht. Und freute sich dabei.
    »Was?«, fragte er ungläubig.

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