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Omka: Roman (German Edition)

Omka: Roman (German Edition)

Titel: Omka: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Aschenwald
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ist …«, sagte sie, »komm, setz dich«, sagte sie und schaute zum Tisch.
    »Ich habe Steaks gemacht. Mit Salat und grünen Bohnen.«
    Er zog sich den Mantel aus und setzte sich hin, sie goss ihm ein Glas Rotwein ein.
    »Weißt du«, sagte Omka und wollte sich auch setzen, stand aber gleich wieder auf, »soll ich das Steak holen?«
    »Nein, nein, bleib sitzen«, sagte er, »du wolltest doch eigentlich …«
    Er sah das Band mit der blauen Schleife um ihren Bauch.
    »Ja, es ist, weil … ich … wir bekommen ein Kind. Ich weiß es schon länger und habe dir mit Absicht nichts gesagt, damit du dir keine Sorgen machst, und jetzt bin ich bald im vierten Monat, und die Ärzte haben alle gesagt, es ist gesund und kräftig, und in fünf Monaten kommt es auf die Welt.«
    Josef überlegte angestrengt, was er jetzt sagen oder tun sollte, was überhaupt das Klügste war. Er bemerkte Omkas fragenden Blick, und ihm wurde schrecklich unbehaglich zumute, weil er keine Freude verspürte, nicht vom Stuhl aufspringen, sie umarmen und küssen wollte, und er erschrak über seine Gleichgültigkeit. Das blaue Band um ihren Bauch fiel ihm wieder ein, und er schaute, ob es noch da war.
    »Das freut mich«, sagte er verlegen und lächelte.
    »Omka, ich … ich weiß nicht, was ich jetzt sonst sagen soll. Es tut mir leid, ich …«
    Er ärgerte sich über das blaue Band. Als wollte sie ihm ein Geschenk machen und wäre die Schachtel, als wäre ein Kind ein Gefallen, den eine Frau ihrem Mann tut, dachte er sich, um im nächsten Moment ärgerlich auf sich selber und seine Gedanken zu werden. Die Vergangenheit fiel ihm ein und dass er solche Dinge doch nicht denken durfte. Eine schwangere Frau, noch dazu die eigene, musste man unbedingt zuvorkommend behandeln und was ihm noch so alles dazu einfiel. Er war überzeugt davon, dass man sich unbedingt freuen musste, wenn man Vater wurde, und zu allem anderen gar nicht das Recht hatte. Die einzige Ausnahme wäre vielleicht, wenn man ein bitterarmer Schneider oder Müller war und schon zehn Kinder hatte und den Tod zum Gevatter bitten musste. Selbst dann dürfte nur die Armut und die zehn Kinder zu der Traurigkeit über das eine führen, das da geboren werden wollte, denn Kinder waren immer ein Segen, auch wenn niemand sie haben und niemand in ihrer Haut stecken wollte. Aber wo war er jetzt mit seinen Gedanken?
     
    Josef traute sich nicht, irgendetwas über seine Bedenken zu sagen, weil er gut erzogen und ein anständiger Mensch war und weil er selbst eine gute, fürsorgliche Mutter gehabt hatte. Dass Omka in letzter Zeit irgendwie verändert wirkte, erklärte er sich mit dem traurigen Umstand ihrer vielen verlorenen Kinder, alle waren unterschiedlich groß oder klein, manche hatten sie nie gesehen, andere schon. Immer hatte man ihr zu einer Gesprächstherapie geraten, sie war aber nie hingegangen.
    »Das ganze Gerede nützt doch nichts«, hatte sie gesagt. »Es wird ohnehin viel zu viel geredet auf der Welt, aber von den Erklärungen ändern sich die Umstände auch nicht. Ich brauche niemanden, der mir verständnisvoll die Hand tätschelt, ich kann gut auf mich selbst aufpassen. Abgesehen davon – weißt du, wohin das führt? Ich habe das bei Gericht schon oft gesehen. Je mehr die Leute reden, desto weniger verstehen sie sich.«
    Als Josef einwandte, dass sie es auch abgelehnt hatte, die Kinder, die sie verloren hatte, mit ihm zusammen am Klinikfriedhof zu begraben, wurde sie wütend, und er ärgerte sich über ihre Wut. Ein verständiger Mensch muss doch imstande sein, seine eigene Lage nüchtern zu betrachten, dachte er; ihm hatte das bisher immer geholfen.
     
    Dass Omka, seit er ihr seine Vorbehalte erklärt hatte, in der Nacht immer zu ihm ins Bett kam und ihn kalt ansah, ihn festhielt, obwohl sie das eigentlich gar nicht konnte, und ihn anherrschte, zu tun, was sie wollte, hatte ihn zwar befremdet, ihm aber auch gefallen. Josef vergaß alles, wenn Omka bei ihm im Bett war. Wäre das nicht so gewesen, wäre sie vielleicht nie wieder schwanger geworden. Denn der Gedanke, mit Absicht ein Kind zu zeugen, war ihm irgendwie unangenehm.
     
    Vor der Geburt hatte sie große Angst gehabt wegen ihres Alptraums mit dem verbrannten Kind, aber als die Wehen einsetzten, war ihr Kopf leergefegt. Draußen war es heiß, es war Sommer, als sie in der Abenddämmerung in die Klinik fuhren, hatte es ein Gewitter gegeben, der Wind hatte die Bäume gepeitscht, Äste waren auf die Straße gefallen, der Regen

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