Omka: Roman (German Edition)
Grentshäuser.
»Jonas Rampelhoff ist blöd«, hatte Omka gesagt, dabei hätte Josef gerne gehört, dass in der Bibel stand, die Frau gebe das Leben und der Mann den Namen, denn das fand er wahr und schön. Der Name war Josef eingefallen. Er erzählte Omka die Geschichte von Jonas im Bauch des Walfisches, sie musste lachen, und es blieb bei Jonas.
Dass Omka fast nicht mehr hinausging, stimmte ihn manchmal nachdenklich. Sie sagte, dass sie nach der vielen Arbeit mit dem Kind, der Wäsche und ihren Kochtöpfen einfach nicht mehr viel machen wolle und zu müde sei, um das Kind noch zusammenzupacken und hinauszugehen.
»Aber du brauchst doch Leute um dich herum, eine Freundin vielleicht oder so was. Es ist doch nicht gut, wenn man nur mit seinem Kind alleine ist, ich meine, ich arbeite eben den ganzen Tag.«
»Ich habe Freunde«, sagte sie, und der Computer fiel ihm ein und das blaue Licht. Aus Gründen, die ihm nicht klar waren, wurde ihm plötzlich angst und bange. Die Sonnenstrahlen fielen durchs Fenster.
Er fragte sie, ob sie ihre Eltern nicht einladen wollte.
»Lieber kaue ich Sand«, hatte sie gesagt.
»Und das Kind?«, fragte er.
»Nichts!«, sagte sie zornig. »Es ist unser Kind!«
Omka ärgerte es, dass Josef immer nach ihren Eltern fragte, immer wieder davon anfing, als wären sie beide keine erwachsenen Menschen. Der Gedanke, dass er einen guten Schwiegersohn abgeben wollte und es ihm nicht egal war, was ihre Eltern über ihn dachten, machte sie noch wütender. Warum, wusste sie auch nicht genau. Das Kind begann zu weinen, und Omka ärgerte sich noch mehr. »Musst du ausgerechnet jetzt schreien?«, schrie sie, obwohl sie wusste, dass das Kind sie nicht verstand, da weinte es noch lauter. Sie ging hin und nahm die Wiege an einem Knauf und wiegte zornig das Kind und schämte sich aber zugleich irgendwie, dass sie jetzt auf ihr Kind wütend war.
Draußen war es drückend heiß, es gab viele Hitzegewitter, meistens abends, und Omka liebte es, draußen vor dem Haus zu stehen und dem Donner zuzuhören.
Josef machte sich Sorgen um sie. Nicht, dass sie nicht umgänglich war, aber sie hatte außer ihm kaum Bekannte oder Freunde, sprach auch, soviel er wusste, mit niemandem über ihn oder das Kind, wollte ihre Eltern nicht sehen und war meistens zu Hause, sodass er manchmal den Eindruck hatte, als wären sie beide Mann und Frau im Essigkrug. Vorher, als noch kein Kind da war, war es ihm nicht so deutlich aufgefallen. Aber jetzt, mit Jonas, hielt er es für problematisch, dass sie so viel alleine war.
Josef entschloss sich, eine Tagesmutter zu suchen, die sich zumindest den halben Tag um das Kind kümmerte. Er wollte etwas Freiraum für sie schaffen. Er sprach lange mit ihr, und sie willigte ein, obwohl sie im ersten Moment dachte, Josef würde sie für unfähig halten, sich um das Kind zu kümmern.
»Du brauchst Platz für dich«, sagte er, »und Besuch und Bekannte und etwas Freiraum. Ich habe den Eindruck, du bist zu viel allein, und alles dreht sich nur mehr um das Kind, und das ist doch nicht gut.«
Omka überlegte kurz und erkannte, dass er recht hatte. Sie hatte wirklich niemanden außer ihm und wollte sich von jetzt an Mühe geben, Bekanntschaften schließen und Freunde finden.
Eine Tagesmutter kam zu ihnen, um sich vorzustellen. Es war eine kleine, zerbrechlich wirkende Frau mit dunklen Haaren und fester, sicherer Stimme, die, nachdem Omka sie zur Wiege geführt hatte, um ihr das Kind zu zeigen, meinte, sie könne sich gut vorstellen, den halben Tag auf es aufzupassen. Man habe bei jedem Kind einen ersten Eindruck, der sehr viel ausmachen würde. Jonas begann zu weinen, und die Tagesmutter, die Velinka hieß, nahm ihn mit sicherem Griff aus der Wiege auf den Arm und ging mit ihm auf und ab, summte ihm ins Ohr und schlug ihm rhythmisch auf den Hintern, und er beruhigte sich. Omka und Josef waren sich einig, und Velinka wurde eingestellt. Insgeheim hoffte Josef, dass Omka sich mit ihr anfreunden würde. Die Zeit verging, und das Kind wuchs und wuchs und war bald zwei Jahre alt, als Omka wieder zur Arbeit gehen wollte. Sie wollte ihre alte Stelle wiederhaben, und nach dem Gesetz muss die Stelle auch freigehalten werden. Ihr Arbeitgeber hatte sich aber nicht daran gehalten, und Omka ging vor Gericht. Sie vertrat sich selber und verlor den Prozess. Der Richter sagte, sie käme ihm überdreht und unsachlich vor. Ihr ehemaliger Arbeitgeber hatte geschickt argumentiert und
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