Omnia vincit amor - Liebe besiegt alles
verzweifelt an und verbeugte sich. Diese Vampirin war sicherlich nicht nur Gynäkologin, sondern hatte sich auch schon anderen Gebieten der Medizin gewidmet.
»Was tut er hier?«, fragte ich verwundert. »Sollte er nicht im Orden sein?«
»Es ist unweit von hier passiert, Eure Majestät«, antwortete die Ärztin. »Und da wir durch die Niederkunft noch die medizinischen Geräte dahatten, hat man ihn hierhergebracht und mich gerufen.« Oh ja, die Vampire hatten echt alles, was sie an Geräten finden konnten, in das Zimmer geschleppt, als es auf die Geburt zuging. Ich ging hinüber zu Heinrich. Gelbschwarze Augen schafften es gerade noch, mich zu fixieren. Seine halbes Gesicht war unter einer Sauerstoffmaske verschwunden, die seiner teils gelähmten Lunge das Atmen erleichtern sollte. Eine furchtbare Angst kroch in meine Glieder. Es war die Erinnerung.
Nicht! hörte ich Anastasija in meinem Kopf wimmern. Sie verzog ihr Gesicht und versteckte es dann in ihren Händen. Hatte sie das Bild von Elias in meinem Kopf ebenfalls gesehen? »Ich will das nicht sehen!«, rief sie aus und verschwand ohne ein weiteres Wort. Ich entschuldigte mich in Gedanken bei ihr, doch ich bekam keine Rückmeldung. Es war unerträglich für Ana. Für mich auch, doch ich schluckte und ließ mich an Heinrichs Seite nieder. Zittrig ergriff ich seine kühle Hand.
»Was machst du nur?«, seufzte ich. Er war doch sonst immer so beherrscht. Was war bloß in ihn gefahren? Magdalena raunte irgendetwas, das ich nicht verstanden, aber Dr. Bruhns‘ Gesicht zeigte mir, dass es nicht nett gewesen war. Ich wandte mich der Ärztin zu.
»Er wird es schaffen, oder?«
»Ja, Eure Majestät. Seid unbesorgt.«
Dann klingelte es bei mir. Magdalena wartete sicher darauf, mit Heinrich alleine zu sein. Ohne Dr. Bruhns.
»Benötigt er noch ärztliche Hilfe?«, fragte ich.
»Nein. Jedenfalls kann ich jetzt nichts mehr für ihn tun.«
»Dann ab nach Hause.« Ich lächelte die Ärztin an, welche sich dankbar vor mir verbeugte.
»Ich werde morgen früh nach ihm sehen kommen.« Sie packte ihre Tasche und überprüfte noch einmal die Einstellungen des Beatmungsgerätes. Dann verbeugte sie sich ein weiteres Mal und ging ihrer Wege. Ich zwinkerte Magdalena wissend zu.
»So, jetzt hast du ihn für dich«, triumphierte ich, doch Magdalena prustete nur verächtlich.
»Was ist los?« Ach ja. Ich stand auf. »Ich gehe natürlich auch.«
»Ihr könnt kommen und gehen wie Ihr wollt, Eure Majestät«, knurrte Magdalena und drehte sich zum Fenster. Ui, das roch nach Ärger.
»Hattet ihr Streit?«, fragte ich einfach mal ins Blaue. Das würde erklären, warum Heinrich die Kontrolle verloren hatte. Jedenfalls dieses Mal.
»Er benimmt sich wie ein kleines Kind«, fauchte die Älteste die Fensterscheibe an. Also Heinrich war der letzte, den ich als kleines Kind bezeichnen würde. Er war doch immer so ruhig und bedacht.
»Es ist unendlich peinlich.«
»Was ist peinlich?« Steht noch wer auf dem Schlauch?
»Na, wie er sich benimmt!« Die Vampirin hatte sich ruckartig zu mir umgedreht und deutete nun mit einem schlanken Finger, auf Heinrich, der die Augen geschlossen hatte. »Ständig verliert er seine Haltung, es ist unerträglich.«
»Na, na!«, schalt ich sie. »Du kannst auf ihm rumhacken, wenn es ihm wieder besser geht. Leute, die am Boden liegen, tritt man nicht auch noch!«
Autsch, das musste ausgerechnet ich sagen, die ihren eigenen Mann in Zeiten tiefster Trauer von sich gestoßen hat. Mein Herz begann beim Gedanken daran wieder zu bluten und das Bedürfnis, Elias an meine Brust zu drücken wurde schier unerträglich. Ich wollte ihn einfach nur festhalten, bis es wieder vorbei war, doch mein Mann war weit und breit nicht zu sehen. Magdalena schien sich gerade einen Kommentar zu verkneifen. Sicher erinnerte sie sich gerade daran, dass sie mit ihrer Königin sprach.
»Ich muss Eure Majestät darum bitten, sich aus meiner Beziehung herauszuhalten«, brachte sie schließlich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Bist du die Heimlichtuerei nicht leid?«, seufzte ich genervt. »Ich meine, du liebst ihn! Willst du es nicht der ganzen Welt zeigen? Oder ist er dir wirklich so peinlich?« In meinem Kopf hörte ich wieder die Worte, die Gwendolin zu mir gesagt hatte: Er war bereits so, als ich geboren wurde, aber unsere Mutter sagte mir, dass er als Kind ein richtiger Wildfang gewesen sei. Hatte sich Heinrich wirklich nur Magdalena zuliebe verändert? War er es
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