Omnia vincit amor - Liebe besiegt alles
David stand vorn über gebeugt mit der Stirn auf der Arbeitsfläche neben der Mikrowelle. Das sah aus, als ob er versucht hätte, sich an der Marmorplatte den Kopf einzuschlagen.
»Ne Frage!«, kündigte ich mich an und David drehte mir seinen Kopf zu. »Was tust du da?«
»Meditieren.«
»Immer noch Kopfweh?«
»Jep.«
»Geh zum Arzt!«
»Hör mir bloß auf damit. Ich hatte schon Streit mit Hallow deswegen.«
Ich schnappte mir ein Glas, füllte es mit Wasser und stellte es meinem Bruder hin.
»Trink«, befahl ich ihm, »du trinkst bestimmt zu wenig.«
»Bäh, Wasser, da poppen die Enten drin, Miri.« David hob seinen Oberkörper an und schüttelte angewidert seinen Kopf.
»Wenigstens poppen die«, seufzte ich gedankenverloren, was meinen Bruder zum Lachen brachte. Er nahm mir das Glas ab und stürzte es in einem Zug herunter.
»Ärger im Paradies?«
»Elias scheint Angst zu haben, dass das Baby etwas mitbekommt, wenn wir … du weißt schon …«
»Vögeln.«
»Genau.«
»Kann ich nachvollziehen«, sagte David und nickte, »auch wenn es im Grunde Quatsch ist.«
»Er kann die Gedanken des Babys hören.«
David ging in die Knie, um auf Augenhöhe mit meinem Bauch zu sein. Sanft klopfte er an.
»Jemand Zuhause?«, fragte er und legte dann sein Ohr auf meinen Bauchnabel.
»David, du Spinner«, gluckste ich und strich ihm über die wuscheligen Haare. Mein Bruder imitierte sehr originalgetreu die Gluckergeräusche meines Magen-Darmtrakts.
»Was hat Elias denn gehört?«, fragte er schließlich.
»Dass Calimero überlegt hat, wozu wohl Zehen gut sind«, erklärte ich und mein Bruder wurde nachdenklich.
»Verdammt gute Frage«, grübelte er und kratzte sich den Dreitagebart. »Hat er es herausgefunden?«
»Nein«, sagte ich lachend. Dann tat mein Bruder etwas, was er schon lange nicht mehr getan hatte. Er zog mich in seine Arme und schaukelte mich ein wenig hin und her. Ich fragte nicht, wieso er das tat, sondern genoss seine Wärme und den mir so vertrauten Duft nach Kindheit und Zuhause. Irgendwie roch David immer nach Mamas Waschmittel und Seife, gemischt mit einem Hauch Hitze. Ich weiß, dass Hitze eigentlich keinen Geruch hat, aber wenn sie einen hätte, dann wäre das genau ihr Duft. Kurz, er roch wie frisch gewaschene Wäsche, wenn man sie im warmen Sommerwind getrocknet hat.
»Brüte du schön meinen Mini-Me aus«, säuselte David fröhlich und klopfte mir dabei auf den Rücken.
»Er bekommt nur deinen Namen, er ist nicht dein Mini-Me!«
»Ich mache ihn aber dazu.« Er lachte gespielt gemein. »Zu meinem bösen Mini-Me mit Fangzähnen.«
Ich kniff ihn in die Seite und er zuckte zusammen.
»Schon gut, schon gut. Ich hoffe einfach nur, dass der Kleine so cool wird, wie wir als Kinder.«
»Wir waren cool?«, fragte ich erstaunt und renkte mir fast den Hals aus, bei dem Versuch meinem riesigen Bruder ins Gesicht zu sehen. David kratzte an der Grenze zu zwei Meter.
»Natürlich, meine kleine Mikrobe.« Er schien zu überlegen. »Ich hoffe, ich erlebe auch noch die Geburt meiner Nichte.«
»Zeug du mal lieber ein paar Cousinen und Cousins für Calimero.«
»Na toll, dann bekomme ich bestimmt einen Sohn und der coolste Name überhaupt ist schon vergeben.«
»Hä?«
»Na, dein Sohn heißt doch schon David!«
Ich rollte mit den Augen.
»Willst du Hallow heiraten?«, fragte ich neugierig. Alt genug waren die beiden.
»Ja, schon …«
»… aber?«, hakte ich nach.
»Ich glaube ich will mich noch nicht binden. Nicht, dass Hallow nicht die Richtige wäre, aber ich habe Angst. Ich weiß auch nicht.« Männer! »Ich habe dir doch schon einmal gesagt, dass ich erst mit dem Studium fertig sein will. Es macht doch viel mehr her, wenn ich Hallow als Dr. Michels bitte, meine Frau zu werden.« Mein Bruder hatte ernsthaft Angst, dass er nicht gut genug war für Hallow. Pff! Die Frau, die meinen Bruder zum Mann bekam, sollte sich verdammt nochmal glücklich schätzen oder ihre vier Buchstaben würden Bekanntschaft mit meinem Fuß machen. SO!
»Noch mal nachfragen, kann ja nicht schaden.« Ich grübelte. »Ich habe Angst, dass ich wegen Calimero nicht zur Uni gehen kann«, seufzte ich. »Und jetzt, wo ich weiß, dass er krank ist, verstärkt sich meine Sorge darum umso mehr.« David sagte nichts, er zog mich nur etwas fester an sich und küsste meine Haare. »Ich weiß, ich bin Königin der Vampire, aber ich fühle mich im Moment, vom Wissen her, wie ein hohles Gefäß.«
»Sagt die Schwangere«,
Weitere Kostenlose Bücher