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On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

Titel: On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Birr
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machen konnte ich dort nichts, ein Chef war sowieso nicht anwesend, und wenn mir jemand nicht passen sollte, war er ohnehin nach spätestens einer Stunde wieder von Bord. Im Prinzip könnte ich eine Stunde lang »Die Wacht am Rhein« pfeifen oder aus der Dieter-Bohlen-Zitatesammlung »Meine Hammer-Sprüche« vorlesen, ohne dass ich mit Konsequenzen rechnen musste. Perfekt!

Anna
    U nd schon war ich Stadtbilderklärer. Ich hatte eine Tour im Beisein von Herrn Dietrich absolviert und mir ein paar milde Verbesserungsvorschläge von ihm geben lassen. Dann hatte er gesagt, dass ich in der folgenden Woche anfangen könne, dass er der Hans sei, und hatte mir die Insignien ausgehändigt: ein Namensschild zum Anklemmen und meinen eigenen Windschutz für das Mikrofon. Ein Kollege machte den Rest der Schicht, und ich konnte nach Hause fahren.
    Immer noch war ich überzeugter WG -Wohner. Das Studentenleben hatte mir eigentlich recht gut gefallen, wenn man vom universitären Betrieb mal absieht, und dazu gehörte auch das Wohnen in einer Wohngemeinschaft mit Menschen, Leben und Geschäftigkeit um mich herum. Ein erfolgter Universitätsabschluss schien mir kein legitimer Anlass, um diese Lebensform aufzugeben.
    Viele Absolventen und besonders Absolventinnen glaubten, spätestens jetzt erwachsen werden zu müssen. Wohngemeinschaft, Nebenjob ohne Aufstiegschancen, abends weggehen und Single sein, das alles galt plötzlich als nicht erwachsen. Der Singlemarkt ist voll mit Endzwanzigerinnen, die sich dringend einen weiteren Punkt im Erwachsenenkatalog zulegen wollen. Alles ist schon auf dem Weg zur geregelten Existenz: Das kleine Auto ist angeschafft, in der Wohnung wurden die IKEA -Gläser durch Leonardo-Gläser ersetzt, eine Kaffeemaschine, die auf Knopfdruck Latte macchiato produzieren kann, hat man von den Großeltern zum Studienabschluss geschenkt bekommen, und das mit dem Job wird sich auch einrenken, wenn man nach zwei Jahren Traineezeit erst mal übernommen wird. Was fehlt noch zum echten Erwachsenenleben? Eine feste Partnerschaft. Zur Not auch mit irgendeinem beliebigen Partner, den man sich ja noch nach Belieben zurechtbiegen kann. Wird schon klappen. Hat bei Job, Auto und Wohnung ja auch geklappt. Die Italiener haben für diesen Prozess ein eigenes Verb: »sistemarsi«, sich systemieren.
    Ich hatte an all das noch nicht gedacht. Überhaupt hatte ich an wenig gedacht in meiner Studienzeit. Ich hatte kein einziges Praktikum gemacht, hatte kein Auslandssemester absolviert, hatte mir nicht mal Mühe gegeben, auch nur annähernd innerhalb der Regelstudienzeit fertig zu werden. Faulheit konnte ich mir aber nicht vorwerfen, zumindest nicht in den letzten Semestern. Für Magisterarbeit und Abschlussprüfungen hatte ich ein Jahr lang fast jeden Tag in der Bibliothek gesessen, und nun wurde es Sommer. Wann würde ich noch mal diese Freiheit haben, einfach einen netten Job zu machen und den Rest der Zeit mit meinen Freunden zu verbringen? Das Gedankenmachen schob ich auf. Das würde noch früh genug kommen.
    Mit mir in meiner Friedrichshainer Wohnung wohnte Anna. Mit weiblichen Mitbewohnerinnen bin ich immer besser zurechtgekommen. Meine ersten vier Mitbewohner waren Männer, und zwei von ihnen waren als Mitbewohner völlig ungeeignet. Der eine war ursprünglich mal ein Freund. Nach einem Jahr des reibungslosen Zusammenlebens wurde er immer seltsamer: Er ging nicht mehr in die Uni, redete kaum noch mit mir, schloss sich tagelang in seinem Zimmer ein, und ich musste ihn immer öfter an seine Mietzahlungen erinnern. Irgendwann stand er nachts in der Küche und sang laut »Ne me quitte pas« von Jacques Brel. Als ich ihn bat, das Singen einzustellen oder wenigstens auf die Zeit zwischen 9:00 und 22:00 Uhr zu verschieben, brannte bei ihm eine Sicherung durch. Er riss ein Regal aus der Wand, warf einen Topf nach mir und zerschlug die Scheiben in der Küchentür. Unser Zusammenleben endete mit einem Polizeieinsatz in unserer Wohnung. Zwei Wochen später holten seine Eltern seine Sachen ab.
    Der andere war ein Niedersachse mit sozialen Defiziten, der ungern mit seinen Mitbewohnern sprach und fast ausschließlich per Post-it kommunizierte, meistens mit dem Text: » WER HAT SCHON WIEDER SEINEN SCHINKEN IN MEIN KÜHLSCHRANKFACH GELEGT ???«
    Mit den anderen beiden männlichen Mitbewohnern kam ich zwar gut aus, aber mit einer Ausfallquote von fünfzig Prozent hatte sich das Konzept »männlicher Mitbewohner« nicht bewährt.
    Wie alle

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