On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)
Schatten, setzte mich auf eine Bank am Ufer, legte den Hut auf den Schoß und drehte eine Zigarette.
»Ach, kannste mir nicht auch eine drehen?«, rief mir Klaus vom Schiff zu.
Ja, klar, dreh ich noch eine.
Zwei Asiatinnen standen am Geländer, sahen ab und zu zu mir herüber und tuschelten.
Ja, ich weiß, dass ich heute seltsam aussehe, die Damen, aber da müsst ihr jetzt durch.
Nach ein paar Minuten kamen sie auf mich zu.
»Sorry. We want to buy«, sagte die eine.
»The ticket office is over there«, sagte ich und zeigte auf das Kassenhäuschen.
»No! Nono«, sagte sie und fuchtelte mit der Hand vor dem Gesicht herum, als vertreibe sie Fliegen.
»Buy. This!«, sagte sie und zeigte auf den Hut. Vielleicht hielten sie den Panama für eine typisch deutsche Tracht und wollten mal was anderes auf dem Kopf haben als immer nur die Fischerhüte mit den hochgeklappten Krempen.
»I am sorry, but we don’t sell these hats. I’m only wearing this because my flatmate … well … Long story.«
»Nono! No!«
Wieder Gefuchtel. Wenn Asiatinnen Nein sagen, tun sie das mit solcher Aufregung, als hätte man ihnen gerade ein unanständiges Angebot gemacht.
»We want to smoke. We want to buy.«
Ach so. Sie hatte nicht auf den Hut, sondern auf meine Zigarette gezeigt.
»I am afraid, we don’t sell tobacco, only drinks. But if you go down the street over there, I’m sure you will find a tobacconist there.«
Jetzt kicherten sie.
»No, not tobacco«, sagte die Wortführerin. »We want to smoke different. Like this.«
Wieder zeigte sie auf meine Zigarette.
»But this is tobacco.«
»Nooo, this is not tobacco. We want to smoke like joint, you know.«
Wollten die beiden wirklich Gras von mir kaufen? Sehen asiatische Grasdealer aus wie Berliner Stadtbilderklärer? Oder wie Zuhälter auf Urlaub?
»You want to buy weed?«, fragte ich.
Sie nickten und machten »Ah … hm … I understand …«.
Sie verstanden nichts.
»You want to smoke hemp? Weed, hash, pot, mary-jane. Is that what you want?«
»Yes, yesyes«, sagte sie aufgeregt.
Ich hätte sie nun an verschiedene Orte schicken können. Meine ersten Erfahrungen mit Hanfhandel in Berlin hatte ich in kleinen, etwas angestaubten Bars gemacht, verdeckte Coffeeshops, die im Hinterzimmer Gras verkauften. Meistens sahen sie aus wie ganz gewöhnliche schlecht geführte Geschmacklosbars oder Geldwaschanlagen, manchmal auch mit dem Touch eines Jugendkellers in einem katholischen Gemeindehaus. Ab und zu erzählte mir jemand, dass es in dieser und jener Straße einen kleinen Laden gebe, der so und so hieße und wo wieder mal »was geht«. Außerdem erkannte man den Laden daran, dass dort viele einzelne Herren allein am Tisch saßen und Cola tranken. Wenn man zehn bis dreißig Minuten gewartet hatte, erschien ein kräftiger Mann mit Mütze, stellte sich neben den Tresen, drehte sich zum Raum, nickte deutlich und verschwand in den Lagerraum. Sofort stand der erste einzelne Herr auf und ging hinterher. Vom Bemützten konnte man abgepacktes Gras kaufen, zuerst noch für fünfzig Mark, später für dreißig Euro.
Vier dieser Läden hatte ich in den ersten drei Jahren meiner Berliner Zeit kennengelernt, alle im Prenzlauer Berg. Einer nach dem anderen hatte zugemacht, und ein neuer Laden war eingezogen. Aber nur bei einem auf der unteren Schönhauser Allee war es klar, dass er von der Polizei hochgenommen worden war, denn eines Tages klebte ein Polizeisiegel über dem Türschloss. Mittlerweile kannte ich keinen solchen Laden mehr, ich wusste nicht einmal, ob es solche Einrichtungen überhaupt noch gab. Ich konnte aber zwei in Berlin unerfahrene asiatische Touristinnen auch nicht ins kalte Wasser werfen und in die Hasenheide, den Görlitzer Park oder den Mauerpark schicken, wo alle paar Wochen die Dealer samt Kunden abgeführt wurden.
Ich tat das Nächstliegende.
»Listen, this ship will leave in fifteen minutes and another ship will stop here. My colleague on that ship can help you. He looks like … well, he looks a bit … You will recognize him. Ask him, perhaps he will sell you some weed.«
Sie machten wieder »Hoh!« und »Hah!« und bedankten sich, was ich als Zeichen nahm, dass sie mich verstanden hatten.
Als ich am Abend nach Hause kam, war Anna zu Hause. Mit dem Hut in der Hand kam ich in ihr Zimmer.
»Und?«, fragte sie. »Kaufst du dir auch so einen?«
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Ich bin heute von ein paar Asiatinnen für einen Grasdealer gehalten
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