Ondragon - Menschenhunger
Ondragon konnte die Wolke aus Hass förmlich spüren, die ihn von hinten traf, doch trotz der drohenden Gefahr konnte er nicht aufhören zu sticheln. „Dein Jonathan hat dich die ganze Zeit über belogen! Aber an jenem Abend hat er dir die Sache mit Lyme, Bates und Co gebeichtet. Er wusste, dass ich keine Ruhe geben würde, es ihm nachzuweisen, und deshalb hat Dr. Arthur dich davon überzeugt, bei seinem Plan mitzuhelfen, um mich loszuwerden. Du hast ihm gehorcht, weil du Angst hattest, dein kleines Paradies hier könnte zerstört werden. Kateri, hör mal, noch hast du nichts Schwerwiegendes getan, noch kannst du umkehren. Denk darüber nach, noch würde nur Dr. Arthur für seine Verbrechen ins Gefängnis gehen.“
Der Schlag mit dem Griff der Waffe traf ihn unvorbereitet am Hinterkopf und ließ ihn Sterne sehen. „Hey, nicht so grob!“, protestierte er. „Das, was du mit Rumsfeld gemacht hast, ist nicht so schlimm, falls du das denkst. Ist doch nur ein Hund! Sachbeschädigung sozusagen.“
Auf den zweiten Schlag war er vorbereitet, aber er biss sich trotzdem schmerzhaft auf die Zunge. Verdammtes Biest!
„Du willst wohl, dass ich dich wieder knebele?“, schnaubte Kateri wütend. „Das mit Rumsfeld war ich nicht! Das war Julian. Der Drohbrief stammt auch von ihm, er war eifersüchtig. Warum musstest du deine Nase auch in Angelegenheiten stecken, die dich nichts angehen! Hättest du nicht einfach nur ein normaler Patient sein können? Dann wären wir sicher gute Freunde geworden.“ Sie klang beinahe, als bedauere sie es, ihn beseitigen zu müssen.
„Meine Assistentin wird zur Polizei gehen, wenn du mich tötest“, erinnerte Ondragon sie an seine Absicherung, die er glücklicherweise zuvor eingefädelt hatte.
„Ach was, deine Assistentin ist längst tot! Julian hat ihr in Orr einen kleinen Besuch abgestattet, du hast mir ja indirekt verraten, wo ich sie finden kann.“
Ondragon blieb wie vom Donner gerührt stehen. Charlize tot? Die wunderbare Charlize, ermordet von einem Amateur? Langsam drehte er sich zu Kateri um und setzte sein bestes Raptoren -Lächeln auf. „Kateri, wenn ich dich jemals in die Finger kriege, dann wirst du dir wünschen, mir niemals begegnet zu sein!“
„Wenn du meinst“, sagte sie unbekümmert. Sie sah sich um. „Der Baum da drüben sieht gut aus. Los, stell dich mit dem Rücken dagegen.“
Kurz überlegte Ondragon, was er für Chancen hatte, wenn er sich mit gefesselten Händen auf sie warf? Das Überraschungsmoment war relativ, denn bestimmt rechnete sie damit. Außerdem stand sie zu weit von ihm weg, als dass er sie mit einem Krav-Maga-Fußtritt erreichen könnte, und zu nah dran, um ihn mit einer Kugel nicht zu verfehlen. Es war aussichtslos. Also stellte er sich an den Baumstamm, wie sie es verlangte, und hoffte, sie würde einen winzigen Augenblick unaufmerksam sein.
Kateri holte eine Rolle Panzerband aus der ledernen Patronentasche, die sie am Gürtel trug, und befahl ihm, stillzuhalten. „Wenn du auch nur mit den Wimpern zuckst, dann durchlöchere ich dir deinen schicken Anzug!“
Der ist eh hinüber, dachte Ondragon und ließ die Frau gewähren.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, fesselte Kateri ihn mit dem Panzerband an den Stamm. Dabei lief sie immer wieder im Kreis um den Baum, in einer Hand das Tape, in der anderen die Waffe. Das Geräusch des rasch von der Rolle gezogenen Bandes, klang dabei wie poppendes Popcorn und unterstrich dieses alberne Cowboy- und Indianerspiel noch. Es war absolut unwürdig. „Was soll das Kateri? Du kannst mich doch auch so erschießen, ohne dieses Fesselspielchen. Oder törnt dich das an?“
„Wart’s ab, Paul. Du wirst noch sehen, wofür es gut ist.“ Lächelnd ging sie noch ein paar Runden, wobei ihr Haar hinter ihr her wehte, als tanze sie zu Mittsommer um die Stangår .
Heiß pochte der Zorn in Ondragons fiebriger Blutbahn. Er hatte es schon mit einigen weiblichen Auftragskillern zu tun gehabt. Mal hatten sie auf seiner Seite gestanden, mal nicht, und von jeder hätte er sich lieber erledigen lassen als von dieser Amateurschlampe!
Kateri blieb stehen und durchtrennte das Band. Sie hatte fast die ganze Rolle verbraucht.
„So“, sagte sie und riss ein weiteres kleines Stück ab.
„Wirst du mich jetzt endlich töten?“, fragte Ondragon, bevor sie ihm den Mund zuklebte.
„Nein. Nicht ich. Darum wird er sich kümmern.“
„Hmmmmmm?“
Ein entrücktes Lächeln erschien auf ihren Lippen. „Der Wendigo.“ Sie
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