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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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eine Decke und nehmen ihn mit!“
    „Gut, Lieutenant, und danach hören Sie sich an, was ich zu sagen habe.“

23. Kapitel

    2009, Moose Lake, Cedar Creek Lodge

    Während Ondragon den schmalen Waldpfad in entgegengesetzter Richtung am westlichen Ufer des Moose Lake entlanglief, vergewisserte er sich, dass seine Sig Sauer bequem in seinem Hosenbund steckte. Falls sich ihm etwas in den Weg stellen sollte, wäre er gewappnet. 9 mm waren auch für einen Bären eine ernst zu nehmende Einschüchterung.
    Der Tag war herrlich warm, Sonnenschein sprenkelte den weichen Waldboden, und die Vögel legten sich mächtig ins Zeug, mit ihrem Gesang die sintflutartigen Regenfälle vom Vortag vergessen zu machen. Obwohl alles friedlich wirkte, behielt Ondragon seine Umgebung genau im Auge. So etwas wie neulich würde ihm nicht wieder passieren. Auch er lernte dazu, auch wenn die boreale Wildnis wohl nie zu seinen Lieblings-Locations zählen würde.
    Immer wieder knackten morsche Äste unter seinen Füßen, und jedes Mal vergewisserte er sich, dass er nicht wieder in etwas hineintrat. Einmal sah er einen riesigen Schatten zwischen den Baumstämmen kauern. Das alarmierende Kribbeln in seinem Nacken nahm an Intensität zu. Ondragon tastete nach seiner Waffe. Doch als er kurz anhielt, um den Schatten in Augenschein zu nehmen, stellte er fest, dass es nur das krakenähnliche Wurzelwerk eines umgekippten Baumes war. Seine Nerven vibrierten noch eine ganze Weile, er musste sie regelrecht zwingen, sich zu beruhigen.
    Es dauerte länger als gedacht, bis er die Stelle an der Spitze des Sees erreichte. Aber sie sah noch genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte; das dichte Buschwerk, die hohen Nadelbäume und die Stille. Ondragon verlangsamte sein Tempo und ging bis zu der Verengung in dem Gestrüpp, durch das sich der Weg wie ein Tunnel fortsetzte. Er blickte unentschlossen hinein. Das Zwielicht unter dem verfilzten Astwerk wirkte nicht gerade einladend. Doch schließlich gab er sich einen Ruck. Eine dunkle Biegung nach der anderen brachte er mit erhöhter Wachsamkeit hinter sich, versuchte alles auf einmal im Blick zu behalten. War dieses Stück des Weges tatsächlich so lang gewesen? Warum war er auch in solch kopfloser Panik hindurchgefegt? Plötzlich gewahrte er zu seiner Rechten eine Bewegung im Gebüsch. Ondragon blieb stehen. Ihm fiel auf, dass der bestialische Gestank, der noch Tage zuvor hier geherrscht hatte, verschwunden war.
    Eine weitere Bewegung erschütterte das Geäst, und es folgte ein derber Schwall Flüche.
    Ondragon grinste. Für eine Dame jenseits der Sechzig hatte Dr. Layton ein ungewöhnlich detailliertes Repertoire an Schimpfwörtern, die nicht nur das männliche Geschlechtsteil betitelten. Er räusperte sich laut, um sich zu erkennenzugeben. Augenblicklich verstummte die Schimpfkanonade.
    „Wer ist da!“, herrschte ihn der Busch neben ihm an.
    „Paul Ondragon, Ma’am. Aus der Cedar Creek Lodge“
    „Kommen Sie her!“
    Er tat wie geheißen und betrat die kleine Lichtung, die durch die kriminaltechnische Untersuchung am Tatort entstanden war. Hier war es schon bedeutend heller. Dr. Layton hockte auf allen vieren auf dem Boden und hielt einen Ast in der Hand. Sie trug eine Camouflage-Hose, ein grünes T-Shirt mit einem Bären darauf und darüber eine Multifunktionsweste mit gefühlten tausend Taschen. Ihre weißen Haare fielen ihr wirr ins Gesicht. Sie sah aus wie eine Kombination aus Rambo und dem verrückten Professor, nur in weiblich.
    „Nun, kommen Sie schon!“ Ungeduldig winkte sie ihn heran. Wieder fielen ihm ihre muskulösen Arme auf.
    „Sind Sie ganz alleine hier, ohne Polizeischutz?“, fragte er leicht irritiert.
    „Pah, vor wem sollten diese Witzfiguren mich beschützen? Ich habe keine Angst. Außerdem gibt es nichts in diesen Wäldern, das eine Bedrohung für einen Menschen darstellt, außer seiner eigenen Dummheit. Sehen Sie sich das an.“ Sie hielt ihm den daumendicken Ast unter die Nase.
    Er betrachtete ihn, konnte aber nichts Ungewöhnliches daran finden. „Verzeihen Sie, Dr. Layton, aber für mich ist das ein ganz normaler Ast.“
    „Den habe ich dort drüben am Wegesrand abgerissen. Sehen Sie nicht die Abriebspuren? Das ist seltsam, als ob daran etwas angebunden gewesen war. Da hinten sind noch mindesten drei weitere solcher Spuren an den Ästen.“
    ‚Natürlich vom Netz‘, dachte Ondragon, behielt es aber für sich. Er hatte es Pete versprochen. Und daran wollte er sich auch vorerst

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