Ondragon - Menschenhunger
Deputy Hase heute Morgen übergeben habe. Könnte interessant für Sie sein.“ Ondragon hob grüßend eine Hand und machte sich auf den Weg, während die Verhaltensforscherin in die andere Richtung davonging.
Nachdem er das Gestrüpp hinter sich gebracht hatte, und das Sonnenlicht wieder durch die Baumkronen fiel, verflüchtigte sich das beunruhigende Pochen in seinem Kopf allmählich und machte ihn wieder frei für das ruhige Kreisen der Zentrifuge . Locker trabend passierte er die Baumstammbrücke über das Bächlein und erreichte die Abzweigung zum bear‘s den . Kurzerhand bog er auf den stark überwucherten Pfad ein, der leicht anstieg und in eine dunkle Fichtenschonung führte. Große Granitbrocken türmten sich links und rechts des Weges und zwangen Ondragon zu abenteuerlichen Kurven. Erschrocken stob ein graues Eichhörnchen davon, das in einem Sonnenfleck die Wärme genossen hatte, und es roch nach feuchter Erde und Pilzen. Plötzlich war der Weg zu Ende. Ondragon stand vor einer Halde aus riesigen Steinblöcken, zwischen denen sich eine schwarze Öffnung so groß wie ein Handballtor auftat. Als er näher trat, spürte er auf seiner schweißfeuchten Haut die Kühle, die der Höhle entströmte. Dr. Layton hatte erzählt, die Höhle hätte schon lange keinen Bären mehr gesehen und diente den Indianern dieser Gegend nur noch als Kultstätte. Warum also nicht mal nachschauen? Er fragte sich, wo die Indianer „dieser Gegend“ lebten. In Orr oder einem der anderen Käffer, oder im Wald wie der alte Joel Parker mit seinen beiden Neffen?
Ondragon betrat die Höhle. Modrige Kälte empfing ihn, und schon nach ein paar Schritten war er umgeben von absoluter Finsternis, in der er nicht einmal mehr die weißen Laufschuhe an seinen Füßen sehen konnte. Da er keine Lampe bei sich hatte, zückte er sein Handy und benutzte das Display als Lichtquelle. Sie reichte nicht weit, gerade mal eine Armeslänge, und tauchte die raue Felswand, an der er sich entlangtastete, in ein diffuses, bläuliches Licht. Immer wieder erschienen vor ihm herabhängende Felsnasen aus dem Nichts. Er duckte sich unter ihnen hindurch und fühlte sich dabei wie ein U-Boot, das blind durch einen Abyss tauchte - fehlte nur noch das Monster aus der Tiefsee.
Als er weitere zwanzig Schritte gegangen war, hielt er an. Sein Sinn sagte ihm, dass der steinige Untergrund unter seinen Füßen beständig bergab führte. Er leuchtete mit ausgestrecktem Arm um sich. Nichts als Schwärze.
„Hallo!“, rief er probehalber.
Kein Echo. Seine Stimme wurde vom Fels verschluckt, als sei er mit dickem Samt gepolstert. Er hatte keine Ahnung, wie groß die Höhle war, und konnte er es nicht riskieren, sich zu verirren. Ohne Taschenlampe hier herumzuklettern, war lebensmüde. Er würde nochmal wiederkommen müssen, wenn er den bear’s den erkunden wollte, falls das überhaupt einen Sinn hatte. Es schien eine ganz normale Höhle zu sein. Zumindest war ihm bislang nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Also drehte er sich um und tastete mit seiner rechten Hand nach der Wand, die ihn wieder hinausführen sollte. Nach sieben Schritten bergan fuhren seine Finger plötzlich über einen weichen Untergrund, den er zuvor nicht bemerkt hatte. Er blieb stehen und beleuchtete die Stelle. Dort wo es sich weich und auch irgendwie feucht anfühlte, befanden sich dunkle Striche an der Wand. Ondragon brachte sein Gesicht näher heran, und während seine Finger den Gegenstand weiter betasteten, wurde ihm klar, was er da berührte. Schnell zog er die Hand zurück.
Zum Teufel!
Angestrengt stieß er Luft aus.
Wer hängte ein frisch abgezogenes Fell in eine Höhle? Doch dann kam ihm die Erinnerung. Das hier war eine Kultstätte. Demnach waren vor kurzem die Indianer hier gewesen. Er schwenkte sein Handy weiter nach links und beleuchtete die dunklen Striche auf einem etwas älterem Stück Leder, das neben dem frischen hing. Es war die Haut von einem sehr großen Tier, und es befanden sich naiv gefertigte Zeichnungen darauf.
Mit gewecktem Interesse trat Ondragon näher und stieß dabei mit dem Schienbein an einen Gegenstand, der scheppernd zu Boden fiel. Er leuchtete in die Richtung und fand eine erkaltete Feuerstelle und etwas, das wie ein zerbeulter Topf aussah. Er hob den Gegenstand auf. Es war tatsächlich ein blechernes Gefäß mit einem Henkel aus Draht. Wahrscheinlich hatte hier jemand ein kleines Süppchen gekocht. Er sah hinein. Der Topf war leer, bis auf eine gelblichmilchige
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