Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
dass er über den Bildausfall erleichtert war. Die Informationen über das Buch würde er spätestens heute Abend von Charlize erhalten. Womöglich kam sie auch an die Fotos von der Dokumentation heran, welche die brasilianischen Wissenschaftler schon gemacht hatten. Wesentlich entkrampfter als zuvor konnte Ondragon nun dem weiteren Verlauf der Untersuchung folgen. Leider verstand er von der portugiesischen Fachsimpelei nicht allzu viel. Er würde sich wohl gedulden müssen.
Als es endlich Mittag war, hörte er, wie Charlize sich für eine Raucherpause entschuldigte und kurz darauf vor dem großen E an Halle 2 erschien.
„Tanaka, Bericht!“, forderte Ritter über Funk.
„Ja, ja, schon gut!“, antwortete Charlize gereizt.
Durch das Fernglas sah Ondragon, wie sie sich eine Zigarette anzündete und einen Zug nahm.
„Die Medaille scheint echt zu sein. Zumindest vom Feingehalt her. Das haben die Prüfsäuren ergeben. Dr. Morinho macht gerade einen Abgleich mit alten Fotografien der Medaille. Außerdem haben wir Anhaftungen gefunden, die noch näher untersucht werden sollen. Die Proben laufen über Nacht durch. Dann wissen wir mehr über das Alter.“
„Und das Buch?“
„Ist so ein Nazi-Ding. Ein Piloten-Logbuch in Tabellenform. Auf der ersten Seite sind die Einträge noch sauber in den vorgesehenen Kästchen notiert worden, danach folgen fünf handgeschriebene Doppelseiten quer über die Tabelle und acht Quadrate mit Zahlen. Vielleicht ein Code.“
„Wurde er entschlüsselt?“, fragte die BND-Agentin hektisch.
„Nein, bisher nicht.“
„Und die Einträge? Ist es jemandem aus der Gruppe gelungen, sie zu übersetzen?“ Ritters Fragen kamen wie Peitschenhiebe. Ondragon konnte sich vorstellen, wie angepisst Charlize von diesem Kommandoton war. Dennoch hatte er eine gewisse Achtung vor Ritters Hang zum Perfektionismus. Darin waren sie einander gar nicht so unähnlich. Und Charlize würde schon darüber hinwegkommen, dass es noch eine Frau gab, die Ahnung von ihrem Job hatte.
„Nein!“, hörte er seine Assistentin in das Mikro zischen.
„Okay, Tanaka. Aber vergessen Sie nicht: Verzögern Sie die Übersetzung des Logbuches und vernichten Sie die Fotos vor Abschluss der Operation!“
„Ja, geht klar. Bin ja nicht senil!“
Ondragon hörte Charlize leise fluchen, bevor sie auf Japanisch sagte: „Diese alte Hexe geht mir mächtig auf den Keks!“
„Beruhige dich. Ich verstehe ja, was du meinst“, entgegnete er.
„Was sprechen Sie da miteinander?“, schmetterte Ritter dazwischen.
„Charlize, besorg mir mehr Informationen über das Flugzeug, hörst du? Und über alles andere, was du finden kannst. Irgendetwas, das uns einen Vorteil vor den Doitsu-jin verschafft.“
„Verstanden, Chef!“
„Schluss jetzt! Auf diesem Kanal wird ausschließlich in Englisch kommuniziert! Wenn Sie sich nicht daran halten, Mr. Ondragon, dann klinke ich Sie aus dem Sprechfunk aus!“
„Verzeihen Sie, war reine Gewohnheit. Wird nicht wieder vorkommen. Wie sieht es mit der Kamera aus? Kriegen Sie sie wieder zum Laufen?“, fragte er Ritter, um sie abzulenken.
„Das Signal ist leider immer noch unterbrochen. Aber Steiner arbeitet daran.“
„Verraten Sie mir, was das für ein Logbuch ist und was Sie sich davon versprechen?“, wagte Ondragon probeweise einen Vorstoß. Er brannte förmlich darauf, zu erfahren, warum der BND solch einen Aufwand mit externen Dienstleistern wie ihm und Charlize betrieb.
Zuerst drang nur statisches Rauschen aus dem Earpiece, dann Ritters ruhige Stimme: „Wir vermuten, dass sich hochrangige NS-Offiziere mit dieser Maschine nach Argentinien absetzen wollten.“
„Ach was! Und Adolf Hitler war mit an Bord?“, scherzte er.
Ritter stieß genervt Luft aus. „Sicher ist, dass es Offiziere waren. Und wir hoffen, dass das Logbuch uns die nötigen Informationen verschafft, um wen es sich dabei gehandelt hat. Hitler war es jedenfalls nicht, das ist gewiss.“
Eigentlich schade, dachte Ondragon. Aber ihn interessierte nicht nur, wer sich in dem Flugzeug befunden haben könnte, sondern auch, was. Diese Edison-Medaille war ihm äußerst suspekt. Warum war sie in der Kiste? Sie könnte natürlich Kriegsbeute gewesen sein, die am Ankunftsort gut gegen Geld hätte eingetauscht werden können. Das ergab schon einen gewissen Sinn. Aber irgendwie auch wieder nicht. Ondragon beließ es dabei, Ritter nicht weiter auszuquetschen. Sie würde es ihm eh nicht verraten, dazu war sie zu clever. Er
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