Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
geschraubt.
Ondragon legte den Notizblock beiseite und nahm das iPhone zur Hand. Das Puzzleteil namens Kammler würde er für heute ruhen lassen, da sich später noch ausreichend Gelegenheiten böten, mit dem Ufologen darüber zu sprechen. Der nächste Eckpfeiler in diesem Rätsel stellte das FBI dar. Laut Angaben im Netz hatte das FBI 1943 nach Teslas Tod all seine Unterlagen und Gerätschaften beschlagnahmt. Wenn das der Wahrheit entsprach, musste es einen Bericht darüber geben. Schließlich war das Bureau auch ein Büro, und es ging mindestens genauso gewissenhaft bei der Archivierung seiner Fallakten vor wie der BND.
Ondragon schrieb eine Mail an seinen Freund beim FBI, George Hurley. Auch wenn er ein gesundes Misstrauen gegenüber dieser ur-amerikanischen Organisation besaß, so wusste er es doch zu schätzen, dort jemanden sitzen zu haben, der ihn ab und zu mit Informationen versorgte. Warum dieser Agent das tat? Nun, Ondragon kannte ihn bereits seit seinem Studium in Harvard und hatte ihm damals aus einer sehr prekären Lage geholfen. Bis heute wusste der gute George, wem er einen Gefallen schuldig war. Und nebenbei war er tatsächlich so etwas wie ein alter Kumpel, von denen Ondragon nicht gerade viele besaß – was natürlich seinen Grund hatte. Freunde und Familienangehörige machten einen Mann mit seiner Profession nur anfällig für Erpressungen. Und deswegen hielt er sich emotionale Abhängigkeiten zu anderen Menschen weitgehend vom Hals. Nur manchmal gestattete er sich kleine Ausnahmen. Charlize war eine davon. Ondragon wusste nicht, was er tun würde, wenn je jemand versuchen würde, ihr etwas anzutun.
Das ist schlecht, tadelte er sich. Sehr schlecht! Du musst aufpassen, dass du im rechten Moment davon loskommst, sonst wird es noch böse enden mit dir.
Das wird es doch so oder so , stichelte eine gehässige kleine Stimme in seinem Kopf. Jemand wie du wird nie ein gutes Ende finden.
Auch wieder wahr. Unbekümmert hob er die Schultern und schickte die Mail an George ab. Hoffentlich bekam er bald Antwort.
10. Kapitel
25. Juli 1899 Colorado Springs am Nachmittag
Philemon blickte schwitzend von seiner Wartungsarbeit an den Kondensatoren auf. Draußen schien die pralle Sonne auf das Holzgebäude und machte die Luft im Innern unerträglich stickig. Zu gern hätte er die großen Scheunentore an der Westseite geöffnet, um ein frisches Lüftchen hereinzulassen, doch das dunkle Labor blieb von der grellen Außenwelt abgeschottet. Dr. Tesla mochte keine neugierigen Blicke. Erst kürzlich, so hatte Mr. Löwenstein ihm erzählt, habe der Doktor auch die kleinen Fenster zunageln lassen, weil Kinder aus dem Ort dort hereingelugt und allerlei Schabernack mit den Forschern getrieben hatten. Czito hatte sie schließlich mit der Warnung verjagt, sie sollten sich hier nicht mehr blicken lassen, sonst würde sie der Schlag treffen! Nun, das trug sicherlich nicht zu einer besseren Verständigung mit den Bewohnern von Colorado Springs bei, dachte Philemon, der in den Esslokalen und auf den Straßen immer mehr böses Gerede über den Doktor und seine Schergen aufschnappte. Mittlerweile hatte es sich herumgesprochen, dass er für Dr. Tesla arbeitete, und die Einwohner zeigten sich ihm gegenüber deutlich distanzierter als zuvor.
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und schaute zu Mr. Löwenstein hinüber, der gebückt neben den mit Öl gefüllten Kondensatorenkästen stand und mit Stahlwolle die Drähte polierte. Die Hitze und die schwirrenden Fliegen schienen ihm kaum etwas auszumachen, ein versonnenes Lächeln lag auf seinen Zügen. Er war der Älteste in diesem kleinen und seltsamen Ensemble aus Wissenschaftlern. Philemon schätzte ihn auf etwa Fünfzig. Ein bodenständiger Deutscher mit blondem Haar, einem gewaltigen Backenbart und teutonischer Akkuratesse. Manchmal geradezu redselig und damit das genaue Gegenteil des kleinen und brummigen Mr. Czito. Fritz Löwenstein besaß einen brillanten Sinn für alles Analytische und brütete wie Dr. Tesla gern über seinen Aufzeichnungen. Doch auch das schlichte Putzen von Elektroden empfand er nicht unter seiner Würde. Philemon hatte den Eindruck, dass der deutsche Ingenieur jegliche manuelle Arbeit als heilsamen Gegenpol zu seinen geistigen Leistungen betrachtete. Bewegung und körperliche Ertüchtigung seien gedeihlich für Körper und Geist, behauptete Löwenstein, der nicht zuletzt ein Anhänger des deutschen Turnvaters Jahn war. „Frisch, fromm, fröhlich,
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