Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
Arbeit gehen, jeder nach seiner Fasson.“ Tesla klopfte auf sein Notizbuch, das vor ihm lag. Es trug auf dem Einband einen goldenen Ring. Philemon verstand die Geste und verließ den kleinen Raum.
Einen gedankenvollen Moment lang verharrte er vor der geschlossenen Tür und blickte still in das Zwielicht des Labors. Dann gesellte er sich zu den beiden anderen Assistenten, die gerade damit beschäftigt waren, verschiedene Oszillatoren für einen Versuch vorzubereiten, der für heute noch anstand.
20. Kapitel
23. Mai 2011 Fortaleza, Brasilien 5.13 Uhr
Nachdem Ondragon und Steiner die Ambulanz für Ritter gerufen hatten, flohen sie in aller Eile mit dem BND-Van vom Parkplatz. Dasselbe hatte Ondragon zuvor auch Charlize empfohlen und sie hatte sich mit Sem rasch aus dem Staub gemacht. Mit ihrer Einsatzkleidung und den Waffen hätte selbst die Polizei von Fortaleza nicht lange kombinieren müssen, um sie alle sofort mit dem Diebstahl in dem Labor in Verbindung zu bringen. Und das wollten sie um jeden Preis vermeiden.
Auf einigen Umwegen brachte Steiner sie aus der Gefahrenzone und fuhr schließlich zum Stadtteil Joaquim Tavora, der nicht unweit von der Praia Meireles lag. Doch ehe Ondragon den grimmig dreinblickenden Agenten neben sich fragen konnte, wo die Reise hinging, passierten sie auch schon ein unbeleuchtetes Tor in einem hohen Zaun. Ein mehrstöckiges Gebäude ragte dahinter auf. Prangte da nicht das deutsche Hoheitssymbol neben dem Eingang? Alarmiert verrenkte sich Ondragon den Hals, um besser sehen zu können. Verdammt, ja! Scheiße! Jetzt befand er sich doch tatsächlich auf dem Gelände des deutschen Honorarkonsulats. Na, das konnte ja heiter werden!
Kaum hatten sie gehalten, kamen auch schon zwei Mitarbeiter des Konsulats auf den Van zu und öffneten die Türen. Freundlich baten sie Steiner und Ondragon auszusteigen und ihnen in das Gebäude zu folgen. Dort mussten beide Männer ihre Waffen und Handys abgeben und in getrennten Räumen Platz nehmen.
Mit einem Seufzen ließ sich Ondragon an dem Tisch nieder, auf dem eine Flasche Wasser und ein Glas standen. Ein Verhörzimmer, dachte er nüchtern, schenkte sich ein und trank. Selbstverständlich würde der BND über die Ereignisse der vergangenen Nacht genau Bescheid wissen wollen und es war anzunehmen, dass sie zuerst Steiner und dann ihn befragen würden. Es konnte also dauern, bis etwas passierte. Er seufzte erneut. Wenn man ihm wenigstens sein Handy gelassen hätte, dann hätte er jetzt mit Charlize Kontakt aufnehmen und sie fragen können, was eigentlich schiefgelaufen war. Immer wieder ging er das Geschehen im Kopf durch, kam aber zu keinem Ergebnis. Wer, verdammt nochmal, hatte ihnen dazwischengefunkt? Wer hatte Ritter so kaltblütig überfahren? Erneut flackerte Wut über die Heimtücke dieses vermaledeiten Bastards in ihm auf. Der Kerl hatte es billigend in Kauf genommen, jemanden zu töten. Und dieser jemand hätte durchaus auch er sein können! Und wie war dieser Jemand überhaupt dahinter gekommen, was auf dem Parkplatz ablaufen sollte? Klar war nur, dass er es auf die Kiste abgesehen hatte. Das war eindeutig gewesen. Aber was wollte er damit? Zu wem gehörter er? Stand eine andere Staatsmacht hinter dem Überfall oder war es ein privater Feldzug? Viel zu viele unbeantwortete Fragen schwirrten durch Ondragons Kopf. Müde rieb er sich mit dem Handballen über die Schläfe und blinzelte in den fensterlosen Raum, dessen kaltes Neonlicht im Kontrast zu der Bullenhitze stand, die hier drinnen herrschte. Entweder gab es keine Klimaanlage, oder man hatte sie aus psychologischen Gründen abgestellt. Ondragon spürte, wie sich die Erschöpfung mit aller Gewalt seines Körpers bemächtigte, und kämpfte dagegen an. Schließlich wusste er nicht, ob er hier an diesem Ort überhaupt sicher war. Bei dem Gebäude handelte es sich zwar um eine Vertretung des deutschen Staates und er war offiziell deutscher Staatsbürger, aber es war dennoch unklar, ob er sich hier nun als ein Gefangener oder als Gast aufhielt. Fuck! Er schlug mit der Hand gegen seinen Kopf, um die Müdigkeit zu vertreiben. Er war einfach zu schlapp, um in diesem Moment eine Lösung für all die neuen Rätsel zu finden. Und dann diese Hitze!
Immer wieder fielen ihm die Augen zu und immer wieder riss er sie auf. Zäh wie Gummi verstrichen die Minuten, wurden zu einer halben Stunde und dann zu einer ganzen. Ungerührt tickte die große Uhr an der Wand seine Lebenszeit herunter. Tick, tock.
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