Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
Vom Netzwerk:
dem FBI zusammenarbeitete, aber sicher konnte er sich da nicht sein. Leider würde er darüber nicht mit George reden dürfen. Pandora musste vorerst geheimbleiben.
    Das Taxi hielt eine Ecke vor der angegeben Adresse. Bevor Ondragon ausstieg, schrieb er eine kurze Mail an seinen Thai-Hacker Rudee, in der er ihm mitteilte, dass er die Suche nach der Akte ‚Gemini‘ einstellen könne und dass er einen doppelten Verschlüsselungscode benötigte. Als er wenige Minuten später an der Straße stand und sich umsah, piepte sein Handy. Schnell öffnete Ondragon Rudees Antwort:

    Sawadee khrap, Paul, geht klar, stelle Suche ein. Code findest du im Anhang.
    See ya, Rudee.

    Hervorragend, dachte Ondragon und schloss sein Faust um das Telefon. Jetzt brauchte er nur noch einen sauberen Rechner.
    Auf dem Weg zu der Bar vergewisserte er sich immer wieder, keinen Verfolger am Hacken zu haben. Die Luft war rein. Schließlich hielt er vor der Boteco und öffnete den Stadtplan. Er tat so, als suche er eine Straße, und während er darauf wartete, dass sich ihm jemand zu erkennen gab, ließ er seine Gedanken kreisen. Wenn das FBI nicht hinter dem Angriff auf Ritter steckte, wer dann? CIA, NSA, die Russen, Chinesen oder Araber? Jeder konnte ein Interesse an Pandora haben. Der Wettlauf der Technologien war doch in Wirklichkeit längst der neue Kalte Krieg. Industriespionage besaß heutzutage einen weitaus höheren Stellenwert als noch vor dreißig Jahren. Im Kampf um die Vormachtstellung auf den Weltmärkten war das Knowhow westlicher Firmen gefragt und nicht mehr die Strategie irgendeines verkalkten Sowjet-Führers. Heute herrschte überall Kapitalismus, egal unter welchen Deckmäntelchen er verborgen wurde. Es ging nur noch um Geld, um die Verteilung des Wohlstandes, von dem natürlich jeder etwas abhaben wollte, und um die Steuerung der Massen, sprich, dem kleinen Bürger. Immer mehr aufstrebende Nationen drängten sich mit Gewalt in die obere Klasse der Industriestaaten, wurden von Dritte-Welt- zu Schwellenländern, denen der Westen förmlich in den Arsch kroch. Die Tiger- und BRIC-Staaten erstickten den Weltmarkt mit Billigwaren. Das neue Machterhaltungsinstrument in der globalisierten Gesellschaft waren längst nicht mehr die allseits gefürchteten Atombomben, nein, es war etwas viel Unscheinbareres. Es war das, was sämtliche Räder dieser beschissenen Welt antrieb. Das, wonach alle Menschen hungerten. Schlicht und einfach der Konsum!
    Ondragon spürte, wie etwas verhalten seinen Ärmel streifte. Er sah zur Seite und entdeckte ein Kind, dass ihm erwartungsvoll eine Hand entgegenstreckte. Er holte einen Zehn-Real-Schein aus der Hosentasche und gab ihn dem Jungen, doch der zupfte weiter an seinem Ärmel.
    „Was ist? War das nicht genug?“, fuhr er ihn an. Doch dann begriff er. Schnell faltete er die Karte zusammen, schulterte seine Reisetasche und ließ es zu, dass der Kleine ihn über die Straße zog.
    Auf der anderen Seite ließ das Kind von ihm ab. „ Vem comigo – Komm mit!“, sagte es und war kurz darauf auch schon in den engen Gassen der Favela verschwunden. Leise fluchend bemühte sich Ondragon, ihm durch das unübersichtliche Labyrinth zu folgen. Noch nie hatte er einen Fuß in ein solches Elendsviertel gesetzt und jetzt wusste er auch, warum. Die Favela sah aus wie eine Stadt, die man aus großer Höhe auf die Erde hatte fallen lassen. Überall standen Häuser, die wie weggeworfen wirkten, gesäumt von Bergen aus Müll und Schrott. Es war das Reich der Anarchie. Herrschaftsgebiet der Drogenbanden. Hier hatte die Luft einen gefährlich hohen Bleigehalt. Durchschnittliche Lebenserwartung: 25 Jahre. Sämtliche Favelas waren unter den Drogenbaronen aufgeteilt, die über ihre Sektoren mit der Selbstherrlichkeit kleiner Möchtegern-Diktatoren verfügten. Und der brasilianische Staat? Der schaute geflissentlich weg. Selbstjustiz war an der Tagesordnung. Darunter die berüchtigte Methode der Microonda – der Mikrowelle –, bei der der Verurteile in einen Turm aus Autoreifen gesteckt, mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leib verbrannt wurde. Willkommen in der Hölle! Mit dem kleinen Unterschied, dass es in der biblischen Hölle nur einen einzigen Teufel gab.
    Der Junge legte ein irrwitziges Tempo vor und Ondragon hatte Mühe, ihm zu folgen. Jedes Mal, wenn er hinter einer Ecke verschwand, überkam ihn die leichte Panik, nie wieder aus diesem Wirrwarr an Gassen herauszufinden. Doch stets wartete der Junge auf ihn und

Weitere Kostenlose Bücher