Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
Bootes und genoss das Gefühl, wie auf Schwingen durch die Schwärze der Nacht zu fliegen.
Um 3.14 Uhr drosselte er die Motoren und ließ das Boot langsam auf die Küste zugleiten, die sich als schwarzes unregelmäßiges Band vor dem dunkelblauen Nachthimmel abzeichnete.
Sie hatten PO erreicht!
In zirka drei Stunden würde die Sonne aufgehen. Doch vorher wären sie, sofern alles nach Plan verlief, schon längst an Land gegangen.
25. Kapitel
15. Februar 2010
Die Küste von Haiti
5.47 Uhr
Doch leider verlief nichts nach Plan!
Gleich nachdem sie an Land gegangen und ein paar Yards den Flusseinschnitt hinaufgewandert waren, mussten sie auch schon in Deckung gehen, denn ein Militärhubschrauber kam plötzlich am noch grauen Morgenhimmel dicht über den Kamm geflogen. Hastig warfen sich Ondragon, Rod und Madame Tombeau in eine kärgliche Ansammlung von Büschen und warteten, bis die Maschine außer Sichtweite war.
„Das war knapp“, sagte Rod und half der Madame aufzustehen. Glücklicherweise trug sie nicht mehr ihren Kittel, sondern den dunklen Kapuzenpulli über der Kevlarweste. Darauf hatte Ondragon bestanden. Die weiße Arztkluft war im Gelände ein viel zu riskanter Blickfang. Erst kurz vorm Dorf sollte sie ihn wieder anziehen, denn erst dann würde er ihnen nützlich sein.
Er warf der Madame einen prüfenden Blick zu.
Sie hatte die Finger hinter die Gurte ihres Rucksackes gehakt und schaute das schattige Flusstal hinauf. Ihr Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden und ihre Brille gegen Kontaktlinsen getauscht. Ondragon bemerkte, dass ihr Gesicht noch keine Spur von Anstrengung zeigte, während er unter seiner Montur zu schwitzen begann wie bei der skandinavischen Sauna-Meisterschaft. Mal sehen, wie sie sich mit dem ganzen Gepäck machen würde. Sein Blick blieb an der Ausbeulung in der Känguru-Tasche ihres Pullis hängen. Ein verstohlenes Grinsen legte sich auf seinen Lippen. Die Madame hatte die Desert Eagle immer griffbereit.
Er nickte Rod zu, der wie er selbst mit Helm, Rucksack und einem M16-Gewehr ausgerüstet war, und sie marschierten weiter in Richtung Westen.
Wenig später hob sich in ihrem Rücken die Sonne über den Horizont und übergoss das Tal mit orangefarbenem Licht. Ihre über den staubigen Boden kriechenden Strahlen holten die kleine Gruppe ein, als diese sich gerade nach Norden wandte und damit begann, den Hang hinaufzuklettern. Plötzlich hallte erneut das Knattern von Rotoren über das Tal. Gehetzt blickte Ondragon sich um. Nirgendwo war ein Baum oder Gebüsch zu sehen. Verflixt, sie hockten hier wie auf dem Präsentierteller.
„Dort!“, rief Rod und wies auf einen Überhang aus lockerem Gestein.
Wenn sie sich beeilten, konnten sie die Schatten gerade noch rechtzeitig erreichen, um dort in Deckung zu gehen.
„Los!“, drängte Ondragon seine Begleiter und rannte stolpernd durch das lose Geröll des Schuttfächers. Er erreichte den Überhang, warf sich in den Schatten und winkte den anderen, sich zu beeilen, während er den Himmel nach dem Helikopter absuchte, dessen Dröhnen immer lauter wurde.
Wenige Schritte vor dem Überhang geriet die Madame ins Straucheln, und Ondragon sah sie schon mit dem Gesicht voran auf die Steine stürzen, doch Rod packte sie am Arm, bugsierte sie mit einem schwungvollen Stoß in Sicherheit und rettete sich selbst mit einem Hechtsprung in den Schatten, wo er unsanft neben ihr auf dem Bauch landete. Im selben Moment erschien der Hubschrauber über der südlichen Schulter des Flusseinschnitts.
Im Schutz des Schattens verfolgte Ondragon seinen Flug quer über das Tal, und allmählich beruhigte sich sein Atem wieder. Die Piloten hatten sie nicht entdeckt.
„Ist derselbe wie vorhin. Wahrscheinlich eine Patrouille“, sagte Rod, setzte sich auf und überprüfte, ob seine Waffe bei dem Stunt etwas abbekommen hatte.
„Sieht ganz so aus“, bestätigte Ondragon. „Wollen wir hoffen, dass sie nicht noch öfter hier vorbeikommen. Dort oben am Hang gibt es kaum noch Versteckmöglichkeiten. Erst wieder an der Straße.“ Er wandte sich an die Madame, die sich den Staub aus dem Gesicht wischte. „Es sind noch etwa drei Meilen bis zum Dorf, schaffen Sie das?“
„Ist dies mein beschissenes Land oder Ihres?“, schnauzte sie zurück. „ Merde! Natürlich schaffe ich das!“
Aha, wir waren also wieder bei den frankophonen Kraftausdrücken, dachte Ondragon. Eine Weile lauschte er in das Tal hinab, und als alles still blieb, gab er das Zeichen zum
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