Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
Zündschnurverlängerung. Dann legte er die Sprechfunkeinheit an. Zum Glück hatte er Charlize Kehlkopfmikrofone besorgen lassen. Die konnte man gut mit einer Gasmaske kombinieren. Er prüfte die Verbindung zu Rod.
„Alles klar, ich höre dich deutlich, Ecks“, bestätigte dieser den Empfang.
„Gut, ich werde womöglich länger unten bleiben, dabei halten wir ständig Kontakt. Entweder finde ich einen bereits vorhandenen Eingang zum Labor – was ich nicht glaube –, oder ich lege die Dynamitladungen und komme wieder rauf. Dann sprengen wir und ich gehe wieder runter.“
„Ist das nicht riskant, in der Mine zu sprengen?“, fragte die Madame. „Ich meine, der Schacht und die Gänge könnten komplett einstürzen.“
„Das könnten sie in der Tat. Aber es ist unsere einzige Möglichkeit, ins Labor zu gelangen.“
Die Madame nickte mit sichtlichem Unbehagen.
Ondragon gab sich jedoch nicht der Illusion hin, dass sie sich etwa um ihn Sorgen machte. Auch wenn ihm die Vorstellung gefiel. Er schulterte den Rucksack. „Und haltet die Augen offen, der Macheten-Kerl schleicht hier herum.“
„Der soll hier nur aufkreuzen, dann machen wir ihn kalt!“ Rod spuckte auf den staubigen Boden.
Ondragon nahm das Ende des Seils, das Rod mit einer Bandschlinge und zwei gegenläufigen Karabinern am Holzbalken befestigt hatte, ließ es in den Schacht hinabfallen und fädelte es danach doppelt durch sein Sicherungsgerät am Gurt. Dann stellte er sich an den Rand und rückte seine Stirnlampe zurecht. Höhlenforschung war schon immer eines seiner Steckenpferde gewesen. Außerdem war er froh, der Sonne zu entkommen. Er blickte in den Schacht, der ihm schwarz entgegengähnte. Ein letztes Mal kontrollierte er seine Ausrüstung. Sein Messer trug er am Unterschenkel befestigt und die Pistole im Holster. Dann schob er sich die Gasmaske vor das Gesicht, hob einen Daumen und ließ sich wie ein Taucher in den Abgrund hinab. Mit einem Ruck griff das Seil, und er seilte sich, die rechte Hand an der Sicherheitsschlinge, langsam ab. Fuß um Fuß sackte er in die stille Finsternis des Berges hinein. Seine Stirnlampe beleuchtete die roh behauene Schachtwand, an der aus unzähligen kleinen Rissen und Spalten Feuchtigkeit sickerte und am Fels hinabrann. Die Luft wurde kühl, blieb aber feucht. Wie ein dünner Film legte sich kalter Schweiß auf seine Arme.
Nach ungefähr 25 Fuß verharrte er und versuchte, einen Blick nach unten zu werfen. Dort war irgendwo die Sohle des Schachtes, aber Ondragon konnte sie noch nicht sehen. War das verdammte Loch doch tiefer als sie geschätzt hatten? Er ließ sich weiter hinab. Nur das Schaben des Seils durch die Karabiner und das Ächzen des Luftfilters der Maske drangen an sein Ohr. Schließlich berührten seine Füße den Grund und er kam mit beiden Beinen zum Stehen. Schnell löste er sich vom Seil und sprach leise in das Mikrofon:
„Ich bin unten.“
„ Roger! “, antwortete Rod aus dem Knopf in seinem Ohr. Der Empfang war auch hier unten noch ganz gut. Blieb abzuwarten, wie es sich tiefer im Berg damit verhielt.
„Ich seh mich jetzt um.“ Ondragon ließ das Licht umherschweifen. Glücklicherweise führte vom Schacht aus nur ein Gang in den Berg. Erleichtert atmete er auf. Doch gerade als er geduckt losgehen wollte, vernahm er ein Geräusch. Ein leises Scharren.
Er blieb stehen.
War noch jemand hier unten? Oder waren es nur Ratten und anderes Viehzeugs? Er zog die Pistole aus dem Holster und leuchtete mit der Lampe in den Gang. Der Lichtstahl fuhr über feuchten Fels und uralten Unrat auf dem Boden. Doch halt! Was war das gewesen? Ein Stück Holz mit Stoff?
Ondragon ließ den Strahl zu dem seltsamen Gegenstand zurückkehren.
Es war ein Bein.
Genauer gesagt, zwei Beine, die aus einem schmutzigen Rock heraus in den Gang ragten, nur dass eines davon doppelt so dick war wie das andere.
Noch eine Leiche?
Ondragon machte sich auf einen weiteren hässlichen Anblick gefasst und näherte sich dem Körper, der mit dem Rücken an die Wand gelehnt dasaß.
Als er in das Gesicht der Leiche leuchtete, öffnete sie die Augen.
Mit einem überraschten Schrei prallte Ondragon zurück.
Auch dem Mädchen entfuhr ein schriller Laut. Abwehrend hob es beide Arme.
28. Kapitel
16. Februar 2010
Haiti, in der Mine
10.48 Uhr
„He, was ist da unten los? Ecks?“, hörte Ondragon Rods Stimme beinahe schmerzhaft in sein Ohr bellen. Das brachte ihn wieder zu klaren Gedanken.
„Alles in Ordnung. Ich bin hier
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