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Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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und sie konnte ihnen deutlich ansehen, dass sie lieber woanders gewesen wären. Ihre Augen waren weit geöffnet, und ihre dunklen Wangen glühten vor Furcht. Die Mambo hatte die beiden jungen Männer ausgewählt, weil sie bei dem Beben ihre Familien verloren hatten und nun mittelos waren. Sie bot ihnen einen Platz unter ihrem Dach und zweimal Essen am Tag. Dafür verlangte sie Gehorsam und handwerkliche Dienste für den Tempel. Denn auch der Humfò des Dorfeswar durch die Erdstöße schwer beschädigt worden. Trotz der Katastrophe war die Priesterin noch immer eine wohlhabende und einflussreiche Frau. Sie lebte von den Opfergaben ihrer Gemeinde, deren Mitglieder sie mehr denn je konsultierten und sich ihren spirituellen Beistand erbaten.
    Ein Knacken ertönte von jenseits des Zaunes.
    Rasch wechselte Christine Blicke mit den anderen und lauschte furchtsam in die Schwärze hinaus, die den kleinen Feuerkreis bedrängte. Plötzlich sprang die Priesterin auf und stand mit einem Arm in Richtung des Zauns weisend da. Sie sah aus wie ein erstarrter Fischer, der von seinem Boot aus ein Seeungeheuer erblickt hatte.
    Christine zog den Kopf ein, aber die Angst griff nach ihrem ungeschützten Nacken und schüttelte sie heftig wie ein hilfloses Beutetier zwischen ihren Fängen. Mit zusammengepressten Lippen blickte sie in die Nacht hinaus. Von dort waren eindeutig Schritte zu hören.
    Unbeholfene Schritte.

13. Kapitel

    Im Sumpf - zweite Nacht

    Die Sonne ging unter, ohne dass sich etwas an der Situation geändert hätte. Mit mächtig knurrenden Mägen belauerte man sich auf beiden Seiten.
    Tief versunken in schwarze Gedankenwolken starrte Ondragon von seinem Ast auf die hübsche Versammlung der National Alligator Association unter dem Baum. Er zählte an die sieben Mitglieder, während der letzte Schimmer Abendrot allmählich verblasste und die Nacht den Sumpf eroberte, was wiederum von einer ohrenbetäubenden Diskussion der vereinten Gewerkschaft der Frösche untermalt wurde. Konnten die Krokos sich nicht von ihren amphibischen Kollegen ernähren und ihn in Ruhe lassen?
    Frustriert hangelte Ondragon sich in eine Astgabel, die ihm einigermaßen bequem erschien und band sich mit Gürtel und Holster am Baum fest, um nicht im Schlaf herunterzufallen. Erneut umarmte ihn undurchdringliche Dunkelheit, und er verbrachte nun schon die zweite Nacht im Sumpf, ohne sich nennenswert vom Fleck bewegt zu haben. Wie sollte er mit diesem Schneckentempo hier rauskommen? Die Chance auf Rettung sank mit jeder Stunde, die er ungenutzt verstreichen ließ. Aber Ondragon wusste auch, dass er Schlaf brauchte, denn nur ausgeruht würde er eine größere Strecke zurücklegen können. Vorausgesetzt die Alligator-Versammlung würde morgen ihren Tagungsort verlegen.
    Seinen Kopf gegen den rauen Stamm der Sumpfeiche gebettet, schloss er die Augen und lauschte dem Quaken und Zirpen. Es gab bessere Schlaflieder, aber auch schlechtere. Dank der Anstrengung und Entbehrungen war sein Körper bereits ermattet und hing schlaff in der Astgabel, fehlte nur noch, dass sein Geist einsah, dass auch er Ruhe brauchte. Die Zentrifuge rotierte jedoch munter weiter und präsentierte ihm in endloser Wiederholung Bilder von den Ereignissen des Tages, in die sich immer häufiger sein Bruder mogelte. Konnte dieser kleine Quälgeist nicht einmal jetzt eine Pause einlegen? Er brauchte dringend Schlaf!
    Aber Per scherte sich nicht darum. Er saß neben Ondragon in einer benachbarten Astgabel und grinste spöttisch zu ihm herüber. Sein durchdringender Blick sagte alles: „Sitzt wohl mächtig in der Scheiße, was, oh großer Paul?“ Und immer, wenn Ondragon die Augen zufielen, erhielt er einen fiesen Stupser mit dem kleinen spitzen Zeigefinger seines Bruders. Jedes Mal schreckte er verwirrt hoch, begleitet von Pers höhnischem Gelächter.
    Stöhnend wand Ondragon sich in seinem Sicherheitsgeschirr. Seine Lider flackerten, aber seine Sehnerven registrierten keinen Unterschied zwischen der Schwärze der Nacht vor oder den Schatten hinter den geschlossenen Lidern. De facto war es ihm unmöglich zu erkennen, ob er nun wach war oder tatsächlich träumte. Sein Gehirn lief auf Hochtouren, aber seine Glieder hingen erschlafft im Geäst. Was war nun Einbildung und was Realität?
    Eine Antwort auf diese beinahe philosophische Frage bekam er, als ein Schrei in seinen Gehörgang schnitt, was ihn jäh seine Augen aufreißen ließ. Kristallklar empfingen alle seine Sinne jedes noch so kleine

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