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One: Die einzige Chance (German Edition)

One: Die einzige Chance (German Edition)

Titel: One: Die einzige Chance (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Elsäßer
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aufgeschoben. Ein schmaler Lichtstreifen durchschnitt die Dunkelheit und traf auf Katas Gesicht. Der Geruch des blühenden Oleanders wehte herein. Wahrscheinlich stand sein Vater rauchend auf der Veranda. Das tat er immer, wenn er Probleme hatte. Draußen auf der Veranda stehen und sich selbst bemitleiden. Merkwürdig war nur, dass nicht die kleinste Spur Zigarettenrauch in der Luft lag. Vielleicht war er mal wieder über seiner Arbeit eingeschlafen. Das kam häufiger vor. Dann sah er am nächsten Morgen aus wie ein Geist. Ein faltiger Geist, dessen Gehirn ständig auf Hochtouren lief.
    Ein lang gezogenes Wimmern. Ein Säuseln. Samuel erschrak nicht. Ganz im Gegenteil, er lächelte. Er kannte das Geräusch. Schon seit Ewigkeiten wollte sein Vater einen Handwerker kommen lassen, der die Scharniere der Balkontür ölte. Aber genau wie das Anlegen eines Schwimmteichs war dieser Punkt seiner To-do-Liste mit dem Vermerk »privat« versehen. Und »privat« bedeutete, dass es nicht eilig war.
    Zwei Augen blitzten im Dämmerlicht auf. Ein Schnurren. Badawi. Der Kater schlich einigermaßen gelangweilt aus dem Arbeitszimmer und blieb auf halbem Weg zur Küche stehen, als hätte er draußen im Garten seine Beute vergessen.
    »Liebst du mich?«, fragte Kata. Phase zwei hatte begonnen. Jedes Mal, wenn sie betrunken war, war sie zuerst ausgelassen und fröhlich, bis sich ihre Laune schlagartig änderte und sie zerbrechlich und hilflos wirkte.
    »Natürlich liebe ich dich«, antwortete Samuel.
    »Dann müssen wir endlich heiraten. Ich bin schon volljährig, falls du das vergessen hast. In Europa werden wir heiraten. In einer schönen alten Kirche. Versprochen?«
    »Ja, ja, versprochen«, seufzte er genervt.
    Schritte waren zu hören. Ringsum in der Diele gingen die Lichter an. Samuels Vater stand vor ihnen. Er trug den dunklen Seidenpyjama, den er in verschiedenfarbigen Ausführungen hatte. Seine Haare waren nicht frisiert. Wahrscheinlich hatte er wegen eines Auftrags wieder schlecht geschlafen und war mitten in der Nacht nach unten gegangen. Vorsichtig setzte Samuel Kata auf der untersten Stufe ab. Sie klammerte sich an seinem Hals fest. »Tut mir leid. Ich werd nie wieder was trinken.« Ihr Kopf wankte. »Großes Indianerehrenwort.« Sie hob die Hand zum Schwur. »Hallo … Vincent …«, wandte sie sich an Samuels Vater. Es fiel ihr schwer, die Augen aufzuhalten.
    »Die Party war wohl gut«, stellte Samuels Vater fest, ohne vorwurfsvoll zu klingen.
    »Ja«, sagte Kata und grinste schief. »Sehr gut. Und Sie haben den tollsten Sohn der Welt. In Europa wird er mich heiraten.« Ihr Kopf sackte ihr auf die Brust. Samuel lehnte sie gegen die Wand wie eine leblose Schaufensterpuppe. Sie schloss die Augen, Speichel lief ihr aus dem Mundwinkel. Sie war eingeschlafen.
    »Ich werde morgen fliegen«, sagte Samuel und versuchte sich zusammenzureißen.
    »Kommst du wieder zurück?«
    »Ich weiß es nicht.« Samuel traute sich nicht, die Wahrheit zu sagen. Sein Vater, dieser groß gewachsene Mann, kam ihm auf einmal zerbrechlich vor. Samuel fühlte sich für ihn verantwortlich, obwohl es eigentlich umgekehrt sein sollte. Er musste gehen. Er konnte nicht hierbleiben, nur weil sein Vater nicht damit klarkam, alleine zu sein.
    »Was müsste ich tun, um dich davon abzubringen, morgen in das Flugzeug zu steigen?«
    »Papa«, stöhnte Samuel. »Du kannst doch auch nach Deutschland gehen oder nach England und dort arbeiten. Was hält dich noch hier?«
    »Die Sicherheit. Hier ist es sicherer als in Europa.«
    »Jetzt ist es also die Sicherheit. Warum kannst du nicht zugeben, dass es einfach nur um dich geht?«
    »Weil es nicht so ist. Ich kann durchaus verstehen, dass du die Welt erkunden willst. Das hab ich in deinem Alter auch getan. Doch damals ging es ruhiger zu als heute.«
    »Gibt es Krieg?«, fragte Samuel ironisch.
    »Das will ich nicht hoffen.« Sein Vater verzog keine Miene und Samuel verdrehte die Augen. Er war müde und hatte Kopfschmerzen. Wahrscheinlich hatte der Chauffeur billigen Wodka in die Flaschen gefüllt. Das machten sie auch in den Clubs, damit am Ende des Tages genügend Geld in die Kassen kam.
    »Ich werde morgen fliegen. Gib dir keine Mühe. Warum machst du es mir so schwer? Die ganzen letzten Jahre bist du immer bei irgendwelchen wichtigen Kongressen gewesen, wenn ich dich gebraucht hab. Jetzt ist es mal umgekehrt und schon wirst du komisch.«
    »Ich werde nicht komisch. Glaub mir, ich würde dich nicht aufhalten wollen,

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