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One Night Wonder

One Night Wonder

Titel: One Night Wonder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Licht
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Tipps in Erster Hilfe gibt, falls es doch zu einem Zwischenfall kommen sollte.
    Dann gucke ich auf die Uhr. Zwanzig nach acht, er sollte in seinem Büro angekommen sein. Ich schleiche mit klopfendem Herzen durch den universitären Irrgarten, verlaufe mich zweimal und stehe schließlich schnaufend vor seiner Tür. Ich halte die Luft an und horche. Nichts. Als ich wieder normal atmen kann, kontrolliere ich das Plastikschild, das rechts neben der Tür in die weiße Wand gedübelt ist: Der Name stimmt. Ich hole noch einmal tief Luft, dann klopfe ich.
    »Ja bitte?«, tönt es von innen. Das ist seine Stimme. Ich drücke die Klinke herunter und hoffe, dass er nicht sofort tot umfällt.
    »Oh, guten Abend«, sagt er und sieht nicht nach Kammerflimmern aus. Wirklich angeschaut hat er mich aber nicht, glaube ich.
    »Hallo«, sage ich vorsichtig. Ich rechne immer noch mit dem Schlimmsten. Er deutet auf einen der wacklig aussehenden Stühle vor seinem Schreibtisch.
    »Setzen Sie sich doch, Lilly.« Er stützt den Kopf auf die gefalteten Hände und sieht mir direkt in die Augen. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich, äh«, stottere ich, lasse meine Tasche von der Schulter gleiten und nehme Platz, »ich habe noch eine Frage.«
    Seine Augen sind von einem so dunklen Blau, wie man es selten sieht. Ich möchte gar nicht mehr weggucken. Er blinzelt und senkt den Blick.
    »Nur zu«, sagt er und schaut nicht wieder hoch. Er ist ungefähr zehn Jahre älter als ich, aber er sieht deutlich jünger aus. Mein Blick fällt auf ein bedrucktes und gefaltetes Stück Papier.
    »Sie gehen ins Theater?«, frage ich prompt und denke gar nicht daran, dass er das in diesem Kontext jetzt seltsam finden wird. Ich greife nach dem Spielplan und klappe ihn auf.
    »Oh ja, sehr gern sogar!«, antwortet er und scheint es doch nicht komisch zu finden. Er guckt kurz zu mir hoch. Ich versuche ein Lächeln, und fast bleibt er an meinem Blick hängen. Aber nur fast. Er springt hektisch auf und fängt an, Bücher aus dem Regal hinter sich auf den Schreibtisch zu räumen.
    »Sie müssen entschuldigen«, meint er zu mir, wobei er an mir vorbei sieht, »ich muss noch eine Vorlesung vorbereiten, das habe ich den ganzen Tag vor mir her geschoben.«
    »Kein Problem.« War das eine Aufforderung zu gehen? »Haben Sie auch schon ein Buch geschrieben?«, will ich dann wissen. Ich kann förmlich zusehen, wie er aufblüht.
    »Oh ja, doch. Bei einigen war ich auch Co-Autor!« Er zerrt einen Wälzer hervor, klatscht ihn mir recht unsanft vor die Nase und schlägt ihn auf. Dabei steht er seitlich hinter mir, und ich bekomme einen Hauch seines teuren Parfums zu riechen. Er beugt sich noch tiefer, und plötzlich glaube ich, dass er nicht ganz so weltfremd ist, wie er tut.
    »Schauen Sie, hier«, sagt er unverschämt nah an meinem Ohr und zeigt auf seinen Namen. Seine Hände sind schlank und sehnig, wie die eines Klavierspielers.
    »Nicht schlecht«, sage ich und schiele seitlich zu ihm hoch.
    Er lächelt, und plötzlich schaut er nicht mehr weg.
    »Noch mehr Bücher?«, frage ich.
    »Wenn Sie das wirklich interessiert?«, pariert er und richtet sich langsam wieder auf.
    Ich ziehe den Reißverschluss meines Mantels auf, lasse ihn nach hinten fallen und stehe auf. Wie er jetzt so neben mir steht, ist er nur ein kleines Stück größer als ich.
    »Zeigen Sie sie mir«, sage ich und gehe zum Regal.
    Er kommt langsam hinterher. Von verpeilter Hektik oder Unsicherheit keine Spur.
    »Sie haben eine sehr ungewöhnliche Haarfarbe«, sagt er und steht nah neben mir. Dann zieht er ein weiteres Buch hervor. »Wenn das Licht darauf fällt, hat das Haar fast einen bläulichen Schimmer.«
    »Danke«, sage ich, weil mir nichts Intelligenteres einfällt.
    »Es passt gut zu Ihren dunklen Augen.«
    Jetzt lächle ich doch. Flirtet er etwa mit mir?
    »Schauen Sie, hier!« Er klappt das Buch auf, und auch da steht sein Name drin. Ich bin beeindruckt. Er hält den Wälzer mit beiden Händen, ich tue so, als ob ich den Titel nicht genau lesen kann, lege meine Hand auf seine und drehe so das Buch mehr zu mir. Seine Hände sind frei von jeglichen Schwielen oder Rissen, die bei Männern sonst häufig zu finden sind. Er lässt den Wälzer auf den Schreibtisch gleiten. Ich lese in seinem Gesicht, wie er überlegt. Dann hebt er die Hand und fährt mit dem Finger ganz leicht die Konturen meines Gesichts nach.
    »Sie sind so schön«, flüstert er, und ich finde es gar nicht kitschig. Auch nicht, dass er mich

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