Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
One Night Wonder

One Night Wonder

Titel: One Night Wonder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Licht
Vom Netzwerk:
schon.
    »Und, hast du’s ihm gesagt?«
    »Nee.«
    »Warum nicht?«
    »Wenn ich ihm so was sage, dann erklärt er, dass ich ihn zu sehr Richtung Beziehung dränge und ihn dadurch einenge, und dann könnte er sich erst recht nicht an den Gedanken gewöhnen, wieder ’ne Beziehung zu haben.«
    Ich würde Debo gerne darüber aufklären, dass das so viel heißt wie: »Baby, wenn grad keine andere Bock hat, ist es ja ganz nett mit dir, aber ansonsten geh mir bitte nicht auf den Keks.«
    Aber ich weiß, dass es bei ihr nichts nützen würde. Sie glaubt an seine schwer geschundene Intellektuellen-Seele und an seinen fast poetischen Drang nach Freiheit.
    »Und heute Abend fährst du wieder zu ihm?«
    »Ja, ich wollte ihm was kochen, er lebt zur Zeit nur von Tiefkühlpizza.«
    »Der arme Mann.«
    Debo hat meinen Sarkasmus nicht verstanden.
    Als wir wenig später die neuen Teile einsortieren, blicke ich zufällig aus dem Fenster. In einem Grüppchen junger Leute geht ein großer Typ. Blond, verwaschene Jeans, vielleicht ’ne Brille. Ich denke sofort an David und wundere mich gleichzeitig, warum dieser Blödmann so einen Eindruck auf mich gemacht hat.
    *
    Pünktlich um vier Uhr können wir den Laden verlassen. Heute war kaum etwas los, es hat geregnet, und die meisten Leute trauern vermutlich dem schönen Wetter bei einem Tee auf der heimischen Couch nach. Bei dem Gedanken an meine eigene Couch wird mir allerdings auch warm ums Herz. Ich werde mir einen Topf Nudeln kochen, sie in Rahmspinat ertränken und mich kugelrund essen.
    Debo ist in Gedanken schon ganz bei ihrem Juristen-Anwärter. Gundis lässt sich von ihrem Mann Herbert abholen, der auch noch eine hochstehende Teppichecke ankleben soll.
    Wir dürfen schon mal gehen. Ich wünsche Debo viel Spaß und freue mich auf einen ruhigen Abend mit meiner Wolldecke.
    *
    Zu Hause lande ich statt auf der Couch erst mal vor meinem PC. Ich gehe auf Marius’ MySpace-Seite, um zu gucken, ob er David als Freund geaddet hat, wenn der überhaupt dort vertreten sein sollte. Ich finde ihn tatsächlich. Das Profilfoto sieht aus wie selbst gemacht, aber dass er gut aussieht, kann auch dieser Schnappschuss nicht verheimlichen. Seine Seite ist schlicht, er zitiert ein bisschen Weltliteratur und erzählt von seinen Marathonambitionen. Laut Status ist er Single.
    Ich trommle mit den Nägeln auf dem Tisch herum und denke darüber nach, was ich von ihm halten soll. Ich meine, was weiß ich schon von ihm? Wir haben noch nicht ein einziges Wort miteinander gewechselt. Und trotzdem ertappe ich mich dabei, dass ich überlege, wann ich das nächste Mal bei Marius vorbeischauen sollte. Und das nicht, um meinen besten Freund zu sehen, sondern seinen neuen Mitbewohner. Oh je, hoffentlich checkt der Gute das nicht allzu bald. Marius kann sich nämlich schrecklich eifersüchtig gebärden. Doch zurück zu David. Ein schöner Name, wie ich finde. Und seine Haarfarbe ist toll. Dieses echte, strahlende Blond finde ich faszinierend. Fragt sich nur, ob er auch sprechen kann.
    Mein Blick fällt auf die Konzertkarte. Hm, der schöne Drummer. Ich bin schwer versucht, die Homepage noch mal zu besuchen, um ihn ein bisschen anzuschmachten. Aber plötzlich ist der Gedanke, ihn mir nackt vorzustellen, nicht mehr so omnipräsent. Stattdessen denke ich ungewollt an blonde Haare und den abweisenden Blick. Und das alles komplett angezogen. Komisch. Nein, ich werde mir verbieten, jetzt darüber nachzudenken. Genug für heute mit den Männern, auf mich wartet die Couch, auch wenn sie eh nicht weglaufen könnte.

4. Kapitel
Dr. Lechmann und die Liebe zum Theater
    Die neue Woche steht ganz unter den Themen: »Wie lege ich meinen Dozenten flach?« und: »Wie besiege ich meine Platzangst?«
    Zu Thema Nummer zwei habe ich mich ausgiebig im Internet schlaugemacht, an den Erfolg glaube ich allerdings erst, wenn ich nächste Woche nicht hyperventiliere.
    An Thema Nummer eins bin ich noch dran. Ich habe mich so übertrieben gut vorbereitet, dass alles das, was Herr Doktor doziert, für mich keine Neuigkeit mehr ist. Also schreibe ich Gedichte, die ich mal in der Grundschule gelernt habe, auf meine Notizzettel. Damit es nicht so auffällt, dass ich heute gar nicht mitschreibe. Sabine neben mir ist deutlich reservierter und straft Jacobs Rücken mit verächtlichen Blicken, wenn er sich zur Tafel dreht. Ich sehe das genau. Als wir endlich gehen können, mache ich einen kurzen Stopover bei Julchen, die fest an mich glaubt und mir letzte

Weitere Kostenlose Bücher