One Night Wonder
kann mühelos noch länger. Ich fange an, eine Einkaufsliste für Montag im Kopf zusammenzustellen. Dann überlege ich, in welchen Kartons im Keller ich meine Wollpullover verstaut habe.
»Bist du so weit?«, flüstert Jannick endlich an meinem Ohr. Ich nicke matt. Hauptsache, er ist bald fertig, Scheiße.
Er kommt sofort, und dann schiebt er sich noch minutenlang schweißgebadet an mir rauf und runter. Als er endlich aus mir raus ist, bin ich ehrlich erleichtert. Jannick hüpft auf die Füße und entsorgt wohl den Gummi.
Als er wieder da ist, hat er ’ne Flasche Sekt dabei. Oh, Alkohol. Fabelhafte Idee! Hebt die Laune, hoffentlich. Er grinst, reicht mir die Flasche, und ich trinke sie halb auf Ex aus. Jannick wertet das als Manöverkritik und guckt ein bisschen undurchsichtig. Dann geht er zum Fernseher und schaltet ihn ein. Im Bett dreht er sich ’ne Zigarette, während wir beide unbeteiligt dem Nachtprogramm eines Nachrichtensenders zuschauen. Irgendwann wirkt der Alkohol, und ich schlafe ein.
*
Ich träume, dass jemand in der Wohnung ist, leises Klirren eines Schlüsselbundes, das dumpfe Knallen von Absätzen auf dem Holzboden. In dem Moment, wo sie die Schlafzimmertür aufreißt, sitze ich aufrecht im Bett.
»Hey, Baby, ich bin schon eher …« Sie guckt ebenso entsetzt wie ich. Hübsche Blondine, zierlich und klein, wie die meisten Schauspielerinnen. Ein letzter Funken Naivität in mir will glauben, dass sie seine Schwester ist oder die nette Nachbarin mit der Tüte Brötchen unterm Arm. Doch das ist sie nicht. Dann ist Jannick wach.
»Scheißkerl!«, brüllt sie zur Begrüßung.
»Oh«, murmelt Jannick perplex, fährt sich durch die verstrubbelten Haare. So ganz bei sich ist er wohl doch noch nicht.
»Nicht schon wieder!«, schreit sie, lässt die Sporttasche von der Schulter gleiten und schmeißt ihm die Tüte Brötchen an den Kopf. Sie versucht es zumindest. Die Tüte knallt an das Kopfende, zerreißt, und das Frühstück kugelt durchs Bett.
»Sophie«, stöhnt Jannick, und ich komme mir plötzlich sehr überflüssig vor.
»Du elender, dreckiger …«, setzt sie an.
»Sophie!«, sagt Jannick erneut. Wieso ist er so ruhig?
»Mir reicht’s …«, zischt sie. »Mir reicht’s endgültig! Immer wieder vertraue ich dir. Immer wieder! Und du? Du Mistkerl! Verarschst mich, kaum dass ich ’ne Woche weg bin!«
Ich rette mich ins Badezimmer. Hektisch ziehe ich an dem Bund meiner Jeans, als sie verheult im Türrahmen erscheint.
»Sophie!«, brüllt Jannick aus dem Schlafzimmer.
Ihr Kopf fliegt herum, und sie sieht aus, als würde sie jeden Moment Feuer spucken.
»Bleib in dem verdammten Scheißzimmer, bis ich wiederkomme, und mach die Scheißtür zu, verdammt!«, schreit sie zurück. Ich kämpfe mit den Haken meines BHs.
»Die ganze Wohnung hängt voller Unterwäsche«, sagt sie dann ruhiger zu mir und sieht mich eindringlich an, »wie kann man da nur annehmen, dass dieser Scheißkerl Single ist?«
»Er sagte mir, er lässt eine Freundin bei sich wohnen, während sie in Köln dreht.«
»Es ist meine Wohnung, verdammte Scheiße!«, schreit sie mich an. »Meine Wohnung! Er wohnt bei mir und nicht umgekehrt!« Dann fängt sie wieder an zu weinen.
»Woher sollte ich das wissen?« So blöd es klingt, sie tut mir leid.
»Wo hat er dich aufgerissen?«, bellt sie.
»Im Theater. Auf der Premierenparty.«
»Ach, und seine vielen Freunde haben ihn mit dir weggehen lassen, ja? Da hat keiner zu dir gesagt, der ist vergeben, ja?«
»Nein«, antworte ich ruhig. Ich merke, dass sie mir nicht glauben will, ihr aber nichts anderes übrig bleibt.
»Scheißkerl!«, schreit sie dann in den Flur.
»Sophie! Lass uns reden!«, ertönt es durch die Schlafzimmertür.
»Klappe, du Arsch!«, brüllt Sophie. Mittlerweile bin ich fertig angezogen. Jetzt bräuchte ich nur noch meinen Mantel, und dann wäre ich hier raus.
»Habt ihr Nummern getauscht? Willst du ihn wiedersehen?«
»Bestimmt nicht.«
Sie fixiert mich mit strengem Blick. »Wehe, wenn doch.«
»Wer fremdgehen will, geht fremd, da nützt auch Kontrolle nicht viel.«
»Was soll das heißen?«, schreit sie schon wieder.
»Das soll heißen, du solltest nicht bei ihm bleiben. Hast du das nötig?«
Aus ihren Augen kullern immer noch dicke Tränen. »Ich liebe ihn«, sagt sie dann leise.
Ich nicke langsam. Ihr Blick verrät mehr als alles, was sie mir erzählen könnte.
»Ich gehe jetzt mal«, sage ich, und sie gibt widerstandslos den Weg frei. In der
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