One Night Wonder
er sich auf die Lippen und keucht: »Ich kann gleich nicht mehr.«
»Ja und?«
»Aber ich will …«, protestiert er. Ich beende mit einem unerbittlichen Kuss seinen verbalen Widerstand. Dann drücke ich mich noch enger an ihn, sein Ohr liegt an meiner Wange, und ich kann seinen schnellen Atem hören. Ich beschleunige meine Bewegungen. Ich will seinen Höhepunkt spüren und genießen. Wieder keucht er.
»Warte …!«, flüstert er gepresst.
»Nein.« Ich reibe mich nur noch fester an ihm. Seine Muskeln stimulieren meine Klitoris. Ich fasse in seine nassen Haare und presse mich ganz fest auf ihn. Er stöhnt an meinem Hals, seine Finger krallen sich in meine Haut. Ich höre nicht auf. Dann spüre ich, wie er aufgibt, er atmet laut aus. Ich lasse mich noch härter auf ihn hinabgleiten. Dann kommt er. Er hält die Luft an, und der Höhepunkt fließt wie eine Welle durch seinen Körper. Mit einem Ruck presst er mich auf seinen Schoß, dann atmet er keuchend aus. Ein paar unendliche Sekunden lang hält er mich sehr fest, dann lockert sich jeder Muskel in seinem Körper, und er sackt zitternd zurück an den Spülkasten.
»Meine Güte, was machst du mit mir?«
»Das war gut!«, sage ich und wuschle durch seine Haare.
*
Wenig später sitzen wir gemütlich am Frühstückstisch, obwohl er eigentlich schon spät dran ist. Bis jetzt hat er nicht wieder nach meiner Nummer gefragt, was mich ein klein wenig erstaunt. Als er auch im Auto keinerlei Anstalten macht, kommt es mir doch komisch vor. Wir verabschieden uns mit einem langen Kuss, ich streichle noch mal durch seine Haare, dann ist er weg.
Schon auf dem Weg nach Hause piepst mein Handy.
»Ausgetrickst«, steht da nur, und ich kapiere erst mal gar nichts. Zuerst denke ich an David, diesen Wahnsinnigen, aber dann dämmert es mir. Als Nächstes kommt: »Jetzt kann ich dich Tag und Nacht volltexten.« Dazu ein Smiley mit rausgestreckter Zunge. Ich schaue auf das Display und bin noch immer verwirrt. Wie hat Lukas meine Nummer bekommen?
In meiner Wohnung kommt dann noch: »Ich habe mich von deinem Handy aus angerufen.« Na, wie finde ich denn das? Ich verbanne mein Handy für den Rest des Tages unter ein großes Couchkissen. Am Abend checke ich es mit klopfendem Herzen. Keine neuen Nachrichten. Ein Glück. Dann halte ich es in der Wohnung nicht mehr aus. Ich ziehe mich warm an und laufe los. Kalter Wind fegt mir ins Gesicht und wirbelt den frisch gefallenen Schnee auf. Doch mir tut es gut. Ich laufe in zügigem Tempo durch meine Nachbarschaft, bis hin zu dem vergessenen Park. Mit dem weißen Zuckerguss sieht er wieder richtig hübsch aus. Meine Lungen brennen, doch ich laufe weiter. Was nun? Sollte ich mich nicht freuen, dass er mich mag? Träumt nicht jedes Mädchen davon, einen coolen Musiker kennenzulernen? Warum nehme ich meine Regeln als Vorwand, ihn nicht näher kennenlernen zu wollen? Auch wenn er weit weg wohnt. Vielleicht könnte man es organisieren. Vielleicht wäre es gar nicht kompliziert. Vielleicht, vielleicht, vielleicht.
*
Mein Bett riecht noch nach ihm.
Ich hätte das nicht tun dürfen. Nicht wegen ihm, sondern in erster Linie wegen mir. Hätte ich ihn nicht ein zweites Mal flachlegen müssen, hätte ich das Problem mit der Handynummer jetzt nicht. Eine halbe Stunde später ruft er an. Ich erkenne seine Nummer sofort, doch ich gehe nicht ran.
Er simst: »Willst du nicht mit mir reden?«
Ich lösche die SMS. Nein, das will ich lieber nicht. Nicht, solange ich nicht weiß, was ich ihm sagen soll.
*
Mitten in der Nacht reiße ich die Augen auf. Das Licht der Straßenlaterne wird von meiner Jalousie in feine Streifen geschnitten. Ich mag das vertraute Muster. Meine Augen sind ganz trocken und brennen. Mechanisch schwinge ich die Beine über die Bettkante und stelle mich ans Fenster. Ich ziehe an der seitlichen Kordel, und schon ordnen sich die feinen Lamellen und steigen wie von Zauberhand immer höher Richtung Decke.
Draußen ist es dunkel und still. Die Nachbarn gegenüber haben sich hinter ihren Rollos verschanzt. Lukas ist wieder da. Seine Stimme, sein Geruch, der Moment, in dem sich unsere Blicke in der Konzerthalle getroffen haben.
Männer kommen und gehen, aber manche von ihnen haben feine Widerhaken. Die krallen sich im Kopf, in der Erinnerung, im Herzen fest. Entfernt man sie gewaltsam, reißen sie ein Stück aus einem heraus, das nicht mehr zu ersetzen ist.
Lukas ist einer von denen, ich weiß es. Verdammt. Ich lege eine Wange an die
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