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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Stoff.
    Konstantin starrte wie gebannt auf das schreckliche Bild. Er erkannte, dass die Toten wie von einem starken Sturm gefällte Bäume alle in eine bestimmte Richtung gestürzt waren. Die Menschen lagen mit den Fußsohlen in Richtung einer alten, schwarzen Mercedeslimousine. Das Zentrum des Todes. Der Anblick erinnerte an die Halme der ominösen Kornkreise in Getreidefeldern.
    Boulers Wagen!
Konstantin ging langsam darauf zu, seine Beine zitterten.
Die Arbeit des wütenden Schnitters.
Er vermochte die Anzahl der Opfer unmöglich zu schätzen.
    Zweitausend?
    Dreitausend?
    Die Stille auf dem Platz flößte ihm Angst ein – weil sie absolut war. Weder gab es Wimmern von Verwundeten noch Hilfeschreie der Überlebenden. Der Tod in seiner reinsten, natürlichsten Form hatte die Lebensfäden der Menschen gekappt. Ihre Lebenslichter ausgelöscht. Die Herzen angehalten.
    Das ist …
Konstantin fand keine Worte, um sein Entsetzen zu beschreiben. Bent Arctander war aus der Ohnmacht erwacht und hatte einen narkoleptischen Anfall erlitten. Und das war das Resultat. Er stand wahrhaft inmitten der Djemaa el Fna: der Versammlung der Toten.
    Er erreichte die Limousine und bemerkte, dass die rechte Hintertür auf der anderen Seite geöffnet war. Der Fahrer saß tot auf dem Sitz, Bouler daneben, die Augen weit aufgerissen. Ein Speichelfädchen sickerte aus seinem Mundwinkel, als würde sich eine Spinne daraus abseilen. Bent Arctander war verschwunden.
    Wieso hält sich der Idiot nicht von Städten fern?
Konstantin rief sich zur Ordnung und durchsuchte Boulers Taschen, steckte den Geldbeutel ebenso ein wie das teure Marken-Smartphone und zwei Briefumschläge. Er erhoffte sich Informationen zur Verbindung zwischen dem Franzosen, Thielke und dem Todesschläfer.
    Plötzlich gellte ein langgezogener Schrei durch Marrakeschs Nacht. Das Massaker war bemerkt worden.
    Hastig suchte er nach dem Holzkistchen und fand es. Ein Schuss mit Boulers schallgedämpfter Pistole zerstörte das Schloss.
    Die Schreie häuften sich. Gleich würde es hektisch werden und von Spezial- und Rettungskräften wimmeln.
    Konstantin öffnete den Deckel, wühlte achtlos in den Ringen herum, bis er das Elfenbein schimmern sah. Er nahm das Schmuckstück an sich und entfernte sich anschließend vom Platz, darauf achtend, dass ihn niemand verfolgte. Auf dem schnellsten Weg kehrte er in sein Hotelzimmer zurück.
    Angeschlagen wie nach hartem Training oder einer ausgiebigen Runde Parkour plumpste er in den dunkelroten Ledersessel.
Scheiße!
Mit fahrigen Bewegungen schenkte er sich einen Whiskey aus der Minibar ein und stürzte ihn hinunter.
Verdammte Scheiße!
    Er schaltete den Fernseher ein und wählte einen Nachrichtenkanal. Es konnte nicht allzu lange dauern, bis über den Zwischenfall in Marrakesch berichtet wurde.
    Dann legte er den mutmaßlichen Schnitterring vor sich auf den Tisch, lehnte sich im Sessel zurück und starrte auf den Opal.
    Er war zu aufgewühlt, um einen klaren Gedanken fassen zu können, vor seinen Augen sah er die Toten von Djemaa el Fna. Die Gesichter der Einheimischen, der Touristen. Ein Gefühl von Schuld an dem, was sich auf dem Platz ereignet hatte, kam in ihm auf.
    Unsinn. Bouler trägt die Verantwortung. Er hat Arctander unter Druck gesetzt,
sagte er zu sich selbst.
Ich sollte verschwinden, bevor sie Marokko aus Angst vor biologischen Kampfstoffen dichtmachen.
    Konstantin stand auf und packte die wenigen Sachen, die er mitgenommen hatte, und verließ die Unterkunft, die er im Voraus bezahlt hatte.
    Den erbeuteten Ring trug er in der Hosentasche eng am Körper. Es war Konstantin zu gefährlich, ihn an den Finger zu stecken, bevor er dessen Geheimnisse ergründet hatte. Die Ereignisse in Marrakesch empfand er als tragisch und unendlich furchtbar.
    Im Taxi zum Flughafen schloss er die Augen und lehnte sich zurück. Er fragte sich, wie lange die Bilder der Toten ihn wohl noch verfolgen würden.
Nicht auszudenken, wenn Iva in der Nähe gewesen wäre.
    Selbst seine humane Idee vom Inselexil des Narkoleptikers geriet angesichts der Bilder ins Wanken. Jester hatte mit einem recht.
    Bent Arctander muss gestoppt werden. Unverzüglich.
Die Mittel spielten dabei keine Rolle mehr.
    Marrakesch, Marokko
    Thielke stand umringt von Schaulustigen am Nordrand der Djemaa el Fna, eine Kippe im Mund und die Nikon im Anschlag. »Heilige Scheiße«, murmelte er bei jedem zweiten Foto, das er von den Leichen knipste.
    Der Platz war abgesperrt, mit schnödem

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