Oneiros: Tödlicher Fluch
überlegte, ob die brünette Händlerin ihm vielleicht etwas vorgespielt hatte und genau wusste, was er war.
Nein, das hätte ich bemerkt. Sie hat sich auf die Ringe spezialisiert.
»Sie wissen, dass es dringend ist.«
»Ja, das weiß ich«, gab sie ätzend zurück. »So etwas wie im Stadion sollte sich nicht noch einmal wiederholen. Es war schwer, den Tod davon abzubringen, seinem Hass freien Lauf zu lassen, als Señor Arctander seinen Anfall hatte. Fast zu schwer. Oft wird mir das bei ihm nicht mehr gelingen.« Ihr Blick wurde abwesend. »Das wäre das erste Mal in der Geschichte meiner Familie, dass der Fluch eines Todesschläfers zu stark wäre.« Sie drehte sich auf ihrem Stuhl und schaltete den Computer ein. »Außer Massimo kenne ich nur noch zwei weitere Menschen, die dieselben Fähigkeiten haben wie ich. Eine Chi-Heilerin und ein Chinese, der sich der traditionellen chinesischen Medizin verschrieben hat. Ich schreibe sie an und frage nach, ob sie noch Steine haben.«
»Geht das schnell?«, wollte Arctander wissen. »Ich … es muss aufhören!«
»Ich nehme an, dass ich bis heute Abend Antworten habe. Der Stein muss von extremer Reinheit sein, wenn ich bedenke, wie verärgert der Schnitter war.« Sastre schrieb ihre Nachrichten.
Bis heute Abend. Das klingt gut.
»Wie schnell kann man die Steine herschaffen?«
»Sie kämen aus Sacramento oder Shanghai. Bei Expresslieferungen und ein paar eingerechneten Verspätungen, sagen wir … eine Woche. Geschätzt.« Sastre wusste offensichtlich, auf was er hinaus wollte. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich bringe Sie sicher unter. Ich habe eine kleine Hütte, abseits von Barcelona, auf einem Gelände, das einsam im Wald liegt. Sie ist extra für Todesschläfer gebaut worden. Da können Sie bleiben, bis ich die Steine habe und zu Ihnen komme.«
»Eine Woche?«, stöhnte Arctander.
Sastre sah ihn an, und zum ersten Mal lag Mitleid in ihren Augen. »Beruhigen Sie sich, Señor. Sie werden vollkommen ungestört sein. Eine Woche ausspannen, an einem netten Weiher, in einer beschaulichen Hütte, in der Sie ohne Angst leben können. Señor Korff wird Ihnen Gesellschaft leisten, und die sieben Tage verfliegen schneller, als Sie es sich vorstellen können.« Sie stand auf. »Sind Sie damit einverstanden?«
Konstantin nickte, Arctander tat es ihm nach.
»Gut. Fahren wir.« Sie zog im Gehen den Kittel aus und trat an ihnen vorbei zur Tür. »Kommen Sie, Señores. Ich bringe Sie in Ihr Urlaubsdomizil, das Sie sicher überraschen wird. Und dass mir keiner unterwegs einschläft. Katastrophen hatte die Welt dank Señor Arctander genug.«
Sie folgten ihr durch die Praxis, fuhren mit dem Fahrstuhl nach unten und gingen ins Freie, wo sie von Sastre zu einem alten Land Rover Defender geführt wurden.
Sie stiegen ein, und die Fahrt begann.
Konstantin versuchte unterwegs, Marna zu erreichen, um sie zu fragen, ob sie eventuell die Steine besorgen konnte. Die genauen Spezifikationen konnte ihm Sastre sicherlich zukommen lassen.
Smartphones sind schon eine praktische Erfindung.
Es ärgerte ihn nur, dass er das Handy, auf dem er ihre Nummer gespeichert hatte, gleich wieder ausmachen musste, um zu verhindern, dass der MI 6 ihn ortete.
Marna meldete sich leider nicht.
Dann eben später. Am Weiher.
Die Fahrt führte sie aus Barcelona heraus, über die Schnellstraße weiter nach Norden. Die meiste Zeit schwiegen sie.
Konstantin war nicht nach einem Gespräch. Er ging in Gedanken all die neuen Informationen durch, um sie zu verarbeiten und eventuell eigene Schlussfolgerungen zu ziehen. Laut Sastre gab es lediglich eine überschaubare Menge an Leuten, die den Schnitter fühlen und beeinflussen konnten.
Ebenso viele wie Todesschläfer?
Die Gegend um sie herum wurde karger. Sie verließen die beliebten Tourismusgebiete und nutzten enge Straßen, die von verschlafener Ortschaft zu verschlafener Ortschaft führten. Es wäre gefährlich ermüdend gewesen, aber Sastres rasanter Fahrstil und die Kurven, in denen sie in den Sitzen hin und her geschleudert wurden, verhinderten, dass sie einschliefen.
»Kennen Sie zufällig einen Arzt namens van den Bloom?«, fragte Arctander die Ärztin.
»Nein«, antwortete sie, ohne zu zögern. »Welches Fachgebiet?«
»Neurologie. Ein Holländer. Na, ich hatte eh nicht damit gerechnet.«
Konstantin sah ihn an. »Warum? Ist da was, von dem wir wissen sollten, bevor wir noch mehr Ärger bekommen?«
»Nein, nein. Ich kenne den Mann gar nicht, und er
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