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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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erzielten und eine sehr gute Show ablieferten.
    »Was denkst du? Gewinnen wir?« Kristin nahm nicht an, dass es zu brutal wurde. Bei Freundschaftsspielen hielt man sich zurück, zumal es nicht gegen eine westliche Mannschaft ging.
Dinamo Minsk
wollte demonstrieren, dass sie gegen Schwergewichte des Sports bestanden, auch wenn sie in der Saison der kontinentalen Hockey-Liga eher katastrophal abschnitten. Momentan lagen die Minsker mit zwei Punkten hinten, und es war deutlich zu sehen, dass die Russen sich zurückhielten.
    Eugen wackelte mit dem Kopf. »Nee. Die Russen sind zu stark.« Er schlürfte an seinem Früchtetee und schob sich einen halben Schokoriegel in den Mund.
    »Nicht so schlingen, junger Mann«, rügte Kristin sofort, streichelte ihm dabei jedoch den schmalen, kindlichen Nacken, der selbst unter ihren schlanken Fingern zerbrechlich wirkte; dabei wurde eine ihrer Ankh-Tätowierungen am Handgelenk sichtbar. Sie genoss die wenigen Stunden, die sie mit ihm verbrachte, und versuchte, die vier Männer im Raum zu vergessen, die nicht zu den übrigen VIP -Gästen gehörten.
    Wie meistens gelang es ihr nicht. Das ubiquitäre Quartett war ein Team von Aufpassern, die für ihren Ex-Mann arbeiteten. Profis, ehemalige Agenten des FSB , des russischen Inlandgeheimdienstes. Sie standen herum, unauffällig und doch unübersehbar.
    Bis heute war sich Kristin nicht sicher, ob die Bodyguards Eugen vor ihr beschützen sollten oder vor der Bedrohung durch Fremde. Der Junge wäre seinem Vater einiges an Geld wert. Als Mutter tötete sie ohnehin jeden Entführer.
    Kristin jubelte mit Eugen, als
Dinamo
den Anschlusstreffer erzielte und gleich darauf den russischen Torhüter mit einer Attacke, die schwer an Kampfsport erinnerte, aufs Eis schickte. Spektakulär, aber nichts Ernstes. Die anschließende Rangelei wurde durch die Schiedsrichter unterbunden. Die Stimmung im Stadion kochte erst recht über, als der Ausgleich erzielt wurde. Ein starkes Spiel als Wiedergutmachung an die Fans für die schlechte Saison.
    Die Minuten an der Seite ihres Sohnes verflogen viel zu rasch. Sobald die Schlusssirene ertönte, hätte Kristin die Bodyguards am liebsten ohne Eugen zurück zum Flughafen geschickt.
    Doch das wäre keine gute Idee.
    Ihr Ex-Mann hatte viele Mitarbeiter, und Geld spielte keine Rolle. Er hätte sie innerhalb weniger Tage ausfindig gemacht, und dann würde sie Eugen niemals mehr wiedersehen. Das hatte er ihr nach der Trennung eröffnet. Ruhig und sachlich:
Ein
Verstoß gegen die Abmachung, und sie erhielte noch einmal im Jahr ein Bild von ihrem Sohn. An seinem Geburtstag.
    Das hätte Kristin niemals verkraftet, also hielt sie still. Außerdem brauchte sie das Geld ihres Ex-Manns für ihre Forschung. Für Eugens Forschung.
    Einer der Männer sah auf seine teure Armbanduhr und trat an Kristin heran. »Wir müssen gehen, Eure Wohlgeboren. Die Maschine ist startbereit.«
    »Sicher.« Kristin hasste die altertümliche Anrede. Obwohl sie jedes Mal insistierte, dass die Männer sie nicht benutzten, kam sie zum Einsatz. Vermutlich hielt ihr Ex die Bodyguards dazu an. Er hatte sich immer gern über ihre Herkunft lustig gemacht.
    »Mach’s gut, mein Großer.« Sie beugte sich zu Eugen und gab ihm einen Kuss auf die Wange, dann auf die Stirn und schloss ihn lange in die Arme.
    Ihr Sohn erwiderte die Zärtlichkeit stumm, er rang wie bei jedem Abschied mit den Tränen. Sie würden sich erst in einen Monat wiedersehen. »Tschüs, Mama. Ich schreibe dir! Und wir reden über den Computer.«
    »Das machen wir.« Sie lächelte und richtete sich auf. »Ich denke mir was Schönes für unser nächstes Mal aus. Wie wäre es mit dem Museum und danach ein Eis?«
    »Au ja!« Eugen winkte, während ihn die vier Leibwächter umschlossen wie lebendig gewordene Pfähle und ihn zur Tür führten. »Ich hab dich lieb! Tschüs!«
    Kristin schluckte die Tränen. »Ich liebe dich auch«, flüsterte sie und verließ langsam die VIP -Lounge.
    Ein eigener Gang führte sie und die anderen betuchten Besucher zu einem separaten Ausgang, damit sie unbedrängt von den Massen das große Stadion verlassen konnten.
    In Gedanken versunken ging sie zu ihrem Wagen, ein Mercedes M der Edition 10 , der dreckig war, als wäre er im Gelände unterwegs gewesen.
    Kristin stieg ein und fuhr los, stadteinwärts in Richtung Osten, und vergoss hinter dem Steuer die Tränen, die sie Eugen nicht hatte zumuten wollen. Er hatte es schon schwer genug.
    Um sich abzulenken, schaltete

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