Oneiros: Tödlicher Fluch
Feld darunter ein. Erst danach fuhr die Kabine an und brachte die braunhaarige, zierliche Frau in den vierten Stock.
Längst hatte die verborgene Kamera sie erfasst und ihr Gesicht, ihre Retina mit der Sicherheitsdatenbank abgeglichen. Niemand gelangte in die Räume des Instituts, der dort nichts verloren hatte.
Die Pillen wirkten, das Schwindelgefühl ließ nach. Allerdings breitete sich aufgrund des langen Schlafmangels Erschöpfung in ihr aus, ihre Hände zitterten leicht.
Kristin nahm die für sie speziell gemischten Koffein-Guarana-Tabletten aus ihrer Jackentasche und schluckte zwei. Das Koffein wirkte sofort, während das Guarana für einen lange anhaltenden Effekt sorgte. Die Dosierung hätte einen gesunden Menschen in aufgekratzte Hyperaktivität ausbrechen lassen und vielleicht einen Herzinfarkt verursacht. Sie jedoch war es gewohnt. Wurde die Erschöpfung schließlich zu überwältigend und lähmend, um noch von Koffein und Guarana bewältigt zu werden, griff sie auf Amphetaminpulver zurück.
Angelogen hatte sie Tremante nicht: Sie litt tatsächlich an der letalen familiären Insomnie, einer Prionkrankheit und eine Art Verwandte von Creutzfeldt-Jakob. Vererbbar und übertragbar dazu.
Kristin steckte im Teufelskreis von Wachmachern und Schlafmitteln. Die Insomnie ließ sie ohne brutal starke Schlafmittel nicht ins Reich der Träume finden, ihr Körper bekam keine Erholung gewährt. Diesen gravierenden Mangel musste sie in ihren Wachphasen mit Pillen kompensieren.
Gleichzeitig hatte ihr die beschissene Krankheit ein unglaubliches Geschenk gemacht!
Der letzte Check hatte ergeben, dass die Veränderungen in ihrer Hirnrinde, im Thalamus und im Kleinhirn zunahmen. Der Anfang vom Ende, denn behandeln ließ sich die Insomnie nicht.
Noch nicht.
Mit ein Grund, weswegen es das Institut Leben gab.
Der Lift hielt an, die Türen öffneten sich.
Kristin trat in die dahinterliegende Schleuse, die jegliche Verunreinigung durch Keime verhindern sollte. Sie zog Kittel, Handschuhe und Überzieher an, verbarg die Haare unter der Haube und legte den Mundschutz an. Jenseits der durchsichtigen Kabine wartete bereits ein älterer Herr, der das gleiche Outfit trug.
Er öffnete ihr die Tür. »Frau von Windau, ich grüße Sie.« Er reichte ihr sofort ein Computerpad, auf dem die neuesten Berichte zu den letzten Eingriffen standen. Er behandelte sie, als wäre alles normal. Wollte er ihr McNamaras Tod allen Ernstes verheimlichen?
»Guten Tag, Professor Smyrnikov.« Sie überflog schnell die Ergebnisse und las fast nur von Enttäuschungen. »Ich korrigiere das
guten
«, fügte sie hinzu.
»Es tut mir auch sehr leid, dass die Neuzugänge, die Sie uns brachten, die zweiten und dritten Operationen nicht so überstanden, wie wir es uns vorgestellt hatten.«
Kristin bemerkte die gleichen Ursachen bei den misslungenen Fällen. »Sepsis?« Zahlreiche Organe der Operierten waren von Infektionen befallen und entfernt worden.
»Leider.«
Sie schwieg mit düsterem Gesicht und scrollte sich durch die Unterlagen, blätterte und betrachtete die Bilder. »Wird bei der Hygiene geschlampt, Professor?«, fragte sie leise und lauernd. »Welchen Grund kann es sonst haben, dass die Patienten verstarben, obwohl keine Komplikationen beim Eingriff auftraten?«
»Da kann es viele geben, Frau von Windau.«
»Sie haben demnach überprüft, woher die Keime stammten?«
Smyrnikov sah sie ernst an. »Die Herkunft lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen.«
Kristin beugte sich zu ihm. »Achten Sie auf Ihre Leute, Professor, und halten Sie sie zu mehr Sauberkeit an.
Ihnen
ist klar, dass wir uns auf einem unbekannten Gebiet der Chirurgie und Neurologie befinden, und zu dieser Erkenntnis muss
jeder
in Ihrem Team gelangen. Unsere Forschungsergebnisse werden auf dem freien Markt Millionen wert sein, sofern sie tatsächlich Leben retten.« Sie gab ihm das Pad zurück. »
Erfolge,
Professor. Der nächste, der eine Sepsis an einem Probanden verursacht, wird automatisch dessen Ersatz sein.«
Smyrnikov erwiderte nichts.
Sie gingen einen Korridor mit vielen Türen entlang, auf dem ihnen kleinere Teams von Ärzten entgegenkamen. Man diskutierte auf Englisch mit den verschiedensten Akzenten, Spezialisten aus aller Herren Länder kamen hier zusammen. Elf Männer und Frauen. Falsch. Zehn, nach dem Ausfall von McNamara.
Kristin hatte sie auf Rat des Professors aus ihren Universitäten und Kliniken heraus eingekauft, und nicht wenige von ihnen waren vorher
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