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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Scheibe besser sehen zu können. Er suchte nach Anhaltspunkten, warum Thielke und Arctander hierherwollten.
    EDbI-O
hatte das Kürzel im Zusammenhang mit Bouler gelautet. Das Schaufenster gab darauf keine Hinweise.
    Eine Gestalt in einer schwarzen Foqia mit Nadelstreifen näherte sich von dem Hammam-Zubehörladen, wie er im Glas der Auslage sah, und kam zielstrebig auf ihn zu. »Mister«, erklang es in seinem Rücken.
    Konstantin drehte sich um. »Ja?«, sagte er auf Arabisch.
    Der Mann, vermutlich ein Marrakschi, lächelte, als er seine Muttersprache vernahm. »Ich grüße Sie, mein Herr. Haben Sie Interesse an einem der Stücke?« Er steckte eine Hand in die Tasche und sah sich rasch um.
    Konstantin rechnete mit einem Angriff und hielt sich bereit, Aikido einzusetzen. »Ich sammle außergewöhnliche Dinge«, gab er zurück, die Sonnenbrille verbarg das Misstrauen in seinen dunkelbraunen Augen.
    »Oh,
dann
sind Sie bei Monsieur Bouler genau richtig.« Er zog einen Schlüssel hervor.
    »Sie sind Monsieur Bouler?«
    »Nein, ich bin sein Nachbar und gelegentlicher Partner. Mein Name ist Rabih. Monsieur Bouler wird morgen erst wieder zurück sein, aber es wäre sträflich, deswegen einen Kunden abzuweisen.« Er lächelte verschmitzt und öffnete die Tür für Konstantin. Der Duft von kaltem Weihrauch, trockenem Holz, Leder, Papier und Gewürzen schlug ihm entgegen. »Bitte sehr, mein Herr. Treten Sie näher.«
    Noch war Konstantin nicht überzeugt, dass es keine Falle war, und blieb wachsam. Er machte einen Schritt über die Schwelle.
    Der Laden von Monsieur Bouler erschien klein, ein bisschen Krämerladen, ein bisschen Räuberhöhle, ein bisschen Zerfall und eine Prise Opulenz. Die Balken waren alt, die Wände von Rissen übersät und teilweise mit uralten Bemalungen versehen.
    »Beeindruckend«, murmelte Konstantin, bevor er sich an Rabih wandte und die Sonnenbrille abnahm. »Ich dachte, Daoudiate ist die Neustadt?«
    »Ach, wissen Sie, es gibt so viele Schätze in Marrakesch«, gab der Araber zurück und grinste, als wäre er ein Bruder der Sphinx. »Woher kommen Sie?«
    »Frankreich.« Er reichte dem Mann die Hand. »Laurent ist mein Name. Ich war ein bisschen verwundert, als ich den Namen eines Landsmannes an einem Geschäft entdeckte.«
    »Das verwundert Sie? Die Franzosen waren doch lange genug hier.«
    Konstantin fluchte innerlich. Richtig, die Franzosen waren Kolonialmacht gewesen. Seine Kenntnisse der französischen Geschichte waren noch nie die besten gewesen.
Wie war das noch mit Casablanca und der Zeit danach?
»Na, aber nicht in einem Viertel, in dem angeblich nur Marokkaner zu finden sind«, versuchte er, seine Bemerkung zu retten. »Wie lange lebt Monsieur Bouler denn schon in Marrakesch?« Er deutete vage in den Raum. »Wenn man das so betrachtet, scheint er schon sehr, sehr lange hier zu sein.«
    Rabih lachte lauthals und klatschte in die Hände. »Das werde ich ihm sagen. Er ist um die siebzig Jahre alt und hat diesen Laden, seit ich denken kann. Aber ich weiß es nicht genau.« Er ging zum Tresen und zog ein paar Schubladen auf. »Also, womit kann ich dienen? Schmuck? Antiquitäten? Alte Bücher arabischer Gelehrter?« Er sah Konstantin an und wartete auf eine Antwort.
    Ist Bouler ein Todesschläfer? Oder ist es etwas anderes, das ihn für Arctander interessant macht?
Er sah in die Schubladen und schaute auf Halsketten, Medaillons, Ringe, die alle betagt aussahen. »Ringe wären nicht schlecht«, sagte er, um Rabih zu beschäftigen und nachdenken zu können. »Am besten ausgefallene.«
    »Ausgefallene, mein Herr?« Er schob die Schubladen zu und machte zwei Schritte zur Seite, bückte sich und verdeckte mit seinem Körper, welche Handgriffe er vollführte. Es quietschte und klickte, Zahnrädchen surrten.
    Ein versteckter Tresor. Gut zu wissen.
Konstantin wartete geduldig und überlegte weiter.
    Zuerst die Toten in Roccastrada, anschließend der Ausflug nach Venedig, nun Marrakesch. Warum wollte sich Arctander mit Bouler treffen? Der Narkoleptiker unterbrach seine Flucht vor den
Topor’s Men,
anstatt in Bewegung zu bleiben. Es gab nun einen Ort, an dem man ihn abpassen konnte. Er ging damit ein nicht unerhebliches Risiko ein.
    Da Thielke Arctander schon bis nach Venedig verfolgt hatte, nahm Konstantin an, dass auch die Information über Marrakesch zutreffend war. Das bedeutete wiederum, dass Arctander jemandem sein Pläne mitgeteilt haben musste, per Telefon, Fax, Mail, SMS oder auf sonstige Weise.

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