Oneway to Montréal - Roman (German Edition)
zeigen. Aber es ist ja auch in deinem Fall nichts Schlimmes, was du gehört hast.
Die beiden glucken über dich ja mehr, als über ihre eigenen Kinder. Haben sie übrigens immer getan! Und Sammy, das ist heute das letzte Mal, dass ich dich wegen Dan weinen sehen möchte, verstanden! Ich will damit nicht sagen, dass er es nicht wert wäre.
Er ist attraktiv, intelligent, warmherzig, hilfsbereit, großzügig, alles wahr!“
Sammy stieg wieder ein Kloß in die Kehle.
Ihr Vater sah sie streng an und fügte dann hart hinzu:
„Aber er hat einen gravierenden Fehler. Ihm gefallen fast alle Frauen. Er findet an jeder etwas Liebenswertes und kann deshalb nicht nein sagen. Er wird vermutlich nie treu sein! Du hast Glück gehabt, ma chérie !
Auch wenn du es jetzt nicht so siehst:
Du wärst an einer solchen Ehe zugrunde gegangen.
Jeannie wird ihn über Bord werfen, wenn sie es nicht mehr erträgt. Aber du bist zu treu, zu absolut in deinem Denken. Du hättest geglaubt, bis zum bitteren Ende durchhalten zu müssen.
Sei froh, dass du ihm mehr wert warst, als all die anderen Frauen. Du warst und bist für ihn etwas Besonderes, das beschützt werden musste!“
„Das mag ja stimmen und es hört sich auch besser an, als übersehen oder sitzengelassen. Aber die Quintessenz ist das Gleiche. Ich bin allein!“
„Bist du nicht! Du hast einen tollen Job, nette Kollegen, lebst in einer Stadt wie Montréal, in der niemand auf Dauer einsam bleibt und vor allem hast du jemanden an deiner Seite wie diesen Larry!
Unterschätze gute Freunde niemals, Sammy! Sie bleiben länger bei dir als ein Liebhaber, glaube mir. Und wenn es nicht funktioniert, ist bei mir immer Platz für dich, das weißt du. Es fällt mir mehr als schwer, dich immer wieder verlassen zu müssen, glaube mir, Kleines!
Ich bin der Einzige in dieser Runde, der wirklich ein schlechtes Gewissen haben darf. Der Vater, der sein Kind so oft allein lässt!“
Sammy warf sich in seine Arme und schüttelte vehement den Kopf. Sprechen konnte sie nicht.
Als sie sich wieder beruhigt hatte, sah sie ihn unter Tränen lächelnd an und meinte leise:
„Du weißt hoffentlich, dass ich das nie so gesehen habe, Papa?“
Er lächelte zurück:
„Ich habe es immer gehofft, ma chérie. Aber es tut gut, es aus deinem Mund zu hören. Und jetzt zeigen wir uns wieder dem Publikum, nicht wahr?“
„Ich muss fürchterlich aussehen, ich kann so nirgends hingehen!“
Edouard de Montfort klopfte seine Pfeife aus und steckte sie ins Revers seiner Smokingjacke.
Dann holte er aus einer Innentasche Sammys Täschchen, welches sie über dem Stuhl hängen gelassen hatte, hervor.
„Hier hast du ja wohl ein Notfallreparaturset drin, hoffe ich“, grinste er.
Sammy fing an zu kichern:
„Es ist erstaunlich, wie gut du mich kennst, Papa, obwohl du mich immer so allein lässt.“
Mit diesem Satz fing sie sich einen ernsthaften Nasenstüber ihres Vaters ein.
„Au, ich bin doch kein kleines Kind mehr, Papa. Könntest du mir bitte etwas Wasser mit deinem hübschen weißen Einstecktüchlein aus dem Brunnen holen? Ein Anzug mit einem leichten Fehler, als Opfer für deine verlassene Tochter, hm?“
Er schüttelte belustigt den Kopf.
„ Ich wusste, du bist nicht kleinzukriegen! Aber ich meinte damit nicht, dass du es an mir auslassen sollst.“
Er küsste sie auf die rote Nasenspitze und brachte ihr das Gewünschte.
Zehn Minuten später, die Röte war verschwunden – man sah Sammy fast nichts mehr an – gingen sie untergehakt zurück ins Haus.
Dort war inzwischen das Buffet angerichtet worden und Sammy, die den Kuchen ausgelassen hatte, verspürte einen Riesenhunger.
Larry sprang erleichtert auf, als er sie sah und zusammen marschierten sie an den langen Tischen entlang. Er fragte mit keinem Wort, was vorgefallen war. Aber Sammy wusste, dass ihm vermutlich nichts entgangen war.
Weder die leichte Makeup-Veränderung noch das fehlende Einstecktüchlein an ihres Vaters Anzug!
Und sie war froh zu wissen, dass Larry sie nie mit Fragen belästigen würde, wenn sie selbst kein Stichwort dafür gäbe.
Nach dem Buffet begab sich die ganze Gesellschaft in den ersten Stock.
Dort wurde nun von Dan und Jeannie der Tanz eröffnet.
An den Seiten standen kleine Bistrotischchen mit entsprechenden Barhockern, wo sich die Tanzmüden etwas ausruhen und erfrischen konnten.
Wem es zu laut war – was mehr die älteren Herrschaften betraf – konnte sich in die Weinstube im Nebenraum begeben.
Dan und
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