Onkel Robinson
kieselhaltigem Schlick und war mit zahlreichen Pflanzenresten durchsetzt. Es wuchsen darauf Algen, Binsen, Segge, Simse und einige andere Gräser. Zahlreiche Pfuhle glänzten im Sonnenlicht. Diese stehenden Gewässer hatten sich weder durch starken Regenfall noch durch Flußüberschwemmungen bilden können. Daraus muß-te man den Schluß ziehen, daß der Sumpf durch von unten hochsickerndes Wasser feucht gehalten wurde. Und so verhielt es sich auch.
Über den Tümpeln und Gräsern tummelten sich unzählige Vögel. Ein Sumpfjäger hätte hier nicht eine einzige Patrone verschießen können. Wildenten, Spießenten, Krickenten und Bekassinen lebten dort in ganzen Schwärmen und waren so zutraulich, daß man ganz nahe an sie herangehen konnte. Flip hätte sie mit Steinwürfen erlegen können!
Doch wozu? Durch diese verlockenden Exemplare der Wasserfauna wurde dem Seemann seine mißliche Lage nur um so eindringlicher vor Augen geführt. Er wandte sich ab und ging eiligeren Schrittes die engen Pfade entlang, die zum Meer führen mußten. Mit seinem Stock prüfte er die Gräser, die sich über die Pfützen breiteten, denn er hatte keine Lust, in irgendeinem Schlammloch zu versinken. So bahnte er sich recht geschickt seinen Weg, wenn er auch nicht besonders schnell vorankam.
Gegen halb vier Uhr erreichte Flip das westliche Ende des Sumpfes. Zwischen Dünen und Meer lag nun eine bequeme Wegstrecke vor ihm. Er ging auf festem, feinem Sand dahin, der mit Muscheln übersät war. So schritt er tüchtiger aus, knabberte seine Pinienkerne und stillte manchmal seinen Durst an den Rinnsalen, über die der Wasserüberschuß aus dem Sumpf zum Meer hin abfloß. Felsen waren an diesem Teil der Küste nicht anzutreffen, und so gab es auch keine Miesmuscheln oder andere Weichtiere, mit denen der Seemann jetzt gerne vorliebgenommen hätte. Aber sowohl Flips Geist als auch sein Magen waren von philosophischer Gelassenheit und konnten ohne das auskommen, was sie nun einmal nicht hatten.
Flip setzte also seinen Erkundungsgang in Richtung Norden fort. Worauf hoffte er an diesem verlassenen Strand eigentlich zu stoßen? Auf eine Eingeborenenhütte oder etwa auf ein Schiffswrack, in dem noch etwas Nützliches zu holen wäre? Nein. Es kommt wohl der Wahrheit näher, daß der Seemann trotz aller Widerstandskraft den Mut verloren hatte und nur noch mechanisch dahinging, ohne Ziel, ohne leitenden Gedanken und – ohne Hoffnung!
So marschierte er mehrere Meilen weit. Das Landschaftsbild veränderte sich kaum. Auf der einen Seite das Meer, auf der anderen die sumpfige Ebene. Es gab auch kein Anzeichen dafür, daß sich in absehbarer Nähe die Bodenbeschaffenheit noch ändern würde. Wozu sollte Flip seine Erkundung da überhaupt noch fortsetzen? Wozu sich anstrengen, wenn die Expedition ohnehin kein Ergebnis zeitigen würde? Würde er denn später noch antreffen, was er bisher noch nicht gefunden hatte?
Flip setzte sich in den Sand zwischen zwei Büschel spitzer Binsen, deren Wurzeln den Wanderdünen Halt geben sollten. Eine halbe Stunde blieb er mit in die Hände gestütztem Kopf sitzen und schaute nicht einmal auf das Meer, das sich vor ihm wellte. Dann stand er auf und wollte zur Grotte zurück. Da vernahm er plötzlich einen seltsamen Laut. Das Glucksen einer Wildente konnte es nicht sein. Es hörte sich vielmehr wie ein Kläffen an.
Flip stieg auf eine Düne und ließ von dort seinen Blick über den Sumpf schweifen. Er sah zwar nichts, doch fiel ihm auf, daß aus dem hohen Gras unvermittelt ein Vogelschwarm aufflatterte.
»Dort muß ein Tier sein«, dachte Flip, »irgendein Reptil, das diese Vögel aufgeschreckt hat.
Flip blickte aufmerksam hin, doch das Gras bewegte sich nicht. Auch war der Laut kein zweites Mal zu hören. Der Sumpf, aus dem die Vögel aufgeflogen waren, schien kein Lebewesen mehr zu bergen. Einige Minuten verharrte der Seemann noch und beobachtete zugleich die Ebene, das Ufer und die Dünen. Es mochte sich ja im Sand irgendein gefährlicher Geselle verstecken. Fest hielt Flip seinen Stock umklammert und war auf jeden Angriff gefaßt; doch auch die Binsen rührten sich nicht.
»Dann werde ich mich wohl verhört haben«, dachte Flip schließlich, stieg wieder zum Ufer hinab und setzte seinen Weg in Richtung Süden fort.
Aber der Seemann war noch keine fünf Minuten unterwegs, als er das Kläffen erneut hörte, doch nun aus geringerer Entfernung.
Er blieb stehen. Diesmal war kein Irrtum möglich. Es war ein Bellen, aber
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