Onkel Schwein (German Edition)
bedrohlich nahe an Teever heran. Er roch nach Bier. Und nach Magenproblemen.
„Damit eins klar ist, Schnüffler: Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Wenn du etwas in dieser Richtung herumposaunst, komme ich dich mal besuchen. Nachts.“
Teever wich nicht zurück, obwohl ihn die Ausdünstung aus Bergs Mund mehr Sorge bereitete als die Drohung.
„Die Polizei wird schon selbst eins und eins zusammenzählen. Legen Sie sich schon mal ein gutes Alibi zu recht.“
„Das lass mal meine Sorge sein“, erwiderte Berg und entspannte sich ein wenig. Er ging zu seinem Sessel und wandte sich um: „Du wolltest ja wohl auch gehen.“
„Gleich. Eine Frage habe ich noch.“ Den Knaller hatte sich Teever bis zum Schluss aufgehoben.
So wie Berg ihn duzte, machte es Teever Spaß, den Mann zu siezen.
„Wissen Sie eigentlich, dass Waldén Nacktfotos von ihrer Tochter hatte?“
Teever hatte dem Mann die Nachricht schonend beibringen wollen. Aus Rücksicht auf dessen Gefühle in Ruhe, bevor die Polizei es tat. Weil er sich den Mann, warum auch immer, vielleicht weil er ihm als Vater eines behinderten Kindes leid tat, nicht als Mörder Waldéns vorstellen konnte. Was für eine blödsinnig-romantische Vorstellung, ärgerte sich Teever über die eigene Dummheit angesichts des rüden Verhaltens Bergs. Der Mann gab gerade deshalb einen guten Täter ab!
Bergs Grinsen gefror.
Als Teever später darüber nachdachte, war er sich nicht mehr sicher, welche Reaktion er vermutet hatte. Dass Berg derart schnell aufspringen konnte und ihm, ehe Teever zu reagieren im Stande war, die Faust in den Magen schlug, hatte er dann aber doch nicht erwartet.
Teever hatte einmal beobachtet, wie eine Hüpfburg schlagartig ihre Luft verloren hatte und zusammengefallen war. So ähnlich musste er ausgesehen haben. Den Tritt in die Weichteile spürte er zunächst gar nicht, so benommen war er von dem unerwarteten Faustschlag. Ein schlecht gezielter Tritt in das Gesicht riss ihm die Lippe auf. Mit den Schmerzen kam die Angst. Berg war offensichtlich extrem jähzornig und unberechenbar. War er auch imstande, einen Mord zu begehen? Und einen Zweiten? An ihm?
Teever verscheuchte diese Gedanken, um sich ganz auf die Frage zu konzentrieren, wie er weitere Tritte verhindern könnte. Der Schmerz nahm ihm die Luft und alle Kniffe, die er auf der Polizeischule gelernt hatte, schienen unendlich tief vergraben.
Er stöhnte und kroch Richtung Wand, doch Berg stand nur da. Seine Halsschlagader trat deutlich hervor.
„Wenn du rumerzählst, dass ich meine Tochter für Fotos zur Verfügung gestellt habe, mach ich dich fertig.“
Teevers Gedanken rasten. Dachte Berg, er wolle ihn erpressen? Auf den Gedanken, der Mann hätte seine eigene behinderte Tochter für die Bilder hergegeben, war er gar nicht gekommen. Hatte Berg dafür Geld bekommen – vielleicht als Ausgleich für den Betrug mit dem Bauland? Hatte er die Neigungen Waldéns gekannt und bedient? Aber warum sollte er Waldén dann umgebracht haben? Hatte der ihn erpresst?
Teevers Weichteile schmerzten höllisch. Wenigstens hatte Berg keine Stiefel getragen, ging es Teever plötzlich durch den Kopf. Er konnte seine Gedanken nicht ordnen. Sie sprangen umher wie bei alten Leuten, die die Vergangenheit mit der Gegenwart vermengten.
Womit sollte Waldén Berg erpresst haben, ohne seine eigenen Verbrechen zu gestehen?
Dann kam der nächste Tritt. Und Teever fragte sich, wie schnell eine Milz riss.
Er musste hier raus. Nur wie?
Die Rettung kam ausgerechnet in Form der alten Frau Berg.
Er hörte sie den Schlüssel in der Haustür drehen und dann fluchen, weil die ganze Batterie von Riegeln ihr den Eintritt verwehrte. Von oben kam Ida herunter und öffnete die Tür. Berg glotzte wie ein wildes Tier.
Erstaunt sah Frau Berg auf Teever, der sich mühsam im Türrahmen aufrichtete.
„Was ist denn…“ setzte sie an, doch Berg verbot ihr barsch den Mund.
„Unser Gast möchte gerade gehen“, imitierte er einen englischen Butler und versuchte sich an der Persiflage einer vornehmen Verbeugung.
Teever grunzte und drängte sich gebeugt an Frau Berg vorbei nach draußen. Die schneidende Kälte raubte ihm erneut die
Luft. Er schleppte sich zum Auto und ließ sich ächzend auf den Sitz fallen. Sein Blick fiel auf den abgenutzten Sandsack, der leicht im Wind pendelte. Womöglich hatte er noch Glück gehabt. Erverschnaufte eine Weile und kämpfte gegen die aufkommende Übelkeit. Teever versuchte sich zu erinnern, wann er
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