Onkel Schwein (German Edition)
das Problem mit verlässlichen, loyalen Menschen. Sie waren nicht nur einem selbst gegenüber loyal, sondern auch anderen.
Teever merkte Wilhelmsson an, dass er mit sich rang.
„Da ist tatsächlich eine Sache. Deswegen ist Pjotr auch nicht im Haus. Claesson muss ihm zuarbeiten. Das stinkt dem gewaltig.“
„Die ROCX-Sache.“
Wilhelmsson blickte Teever erstaunt an.
„Du bist gut informiert.“
„Ehrlich: Außer diesem Stichwort weiß ich nichts.“
„Das ist schon mehr, als du solltest.“
Wilhelmssons Mobiltelefon meldete sich mit einem krächzenden Highway to Hell.
Teever musste unwillkürlich schmunzeln.
Halb entschuldigend sagte Wilhelmsson: „Von meinen Kindern. Ich kriege es nicht mehr weg.“
Teever lächelte. „Geschenke. Ich kenne das“, bemerkte er ohne weitere Erklärung.
Wilhelmsson nahm das Gespräch an.
Während sein früherer Kollege den hörbar aufgeregten Anrufer zu beruhigen versuchte, stand Teever auf und ging in sein ehemaliges Büro. Hier hatte sich alles verändert. Sein Nachfolger hatte die Wände neu streichen lassen, das gemütliche Sofa war verschwunden, alle Landschaftsfotografien an den Wänden hatten billigen Kunstdrucken Platz gemacht. Es gab auch keine Pflanzen mehr in dem Raum und der Schreibtisch sah aus wie nach einem Bombenangriff. Przybilski war nicht wirklich gern unordentlich, aber er hatte herausgefunden, dass ein gehöriges Chaos am Arbeitsplatz bei manchen Vorgesetzten den Eindruck hoher Arbeitsbelastung erweckte. Damit galt man als Held der Arbeit und vermied gleichzeitig Sonderaufgaben oder andere Mehraufgaben. Teever hasste Unordnung und hatte sich so seitens beschränkter Vorgesetzter immer wieder dem Eindruck ausgesetzt, Potential für weitere Tätigkeiten in Projekten oder bei Vertretungen zu haben.
Wilhelmsson rief nach ihm.
„Wo ist denn mein Sofa?“ fragte Teever.
„Das war das erste, was Pjotr auf den Müll gegeben hat.“
Teever nickte ergeben. Wie erwartet. Er hatte das grau-grüne Ungetüm von einer Bekannten seiner Eltern geschenkt bekommen. Catharina hatte sich geweigert, es in ihre gemeinsame Wohnung zu stellen. Da Teever es nicht über das Herz brachte, das Geschenk abzulehnen, hatte er es unter Missbilligung seiner Vorgesetzten einfach in sein Büro verfrachtet. Es gab keinen Paragraphen der Dienstordnung, der dies verbot, obwohl Przybilski lange danach gesucht hatte. Als Teever den Polizeidienst quittierte, konnte er das Sofa nicht mitnehmen, weil man inzwischen neue Türen und gläserne Trennwände eingebaut hatte, durch die das Monstrum nicht passte. Jedenfalls nicht in einem Stück. Przybilski musste das Sofa zersägt haben.
Wilhelmsson deutet Teevers fragenden Blick richtig. „Elektrischer Fuchsschwanz“, sagte er nur, „der Mörder hieß Bosch.“
„Der ROCX-Fall?“ hakte Teever nach.
Wilhelmsson steckte sein letztes Kuchenstück in eine weiße Papiertüte, faltete die Öffnung ordentlich zusammen und packte es in seine Aktentasche, die er sorgsam zwischen einen Blumentopf mit einer Yucca-Palme und den Büroschrank stellte. Mit dem Zeigefinger drückte er in die Blumenerde.
Jeder Handgriff ein Zeitgewinn.
„Die Pflanze ist zu trocken“, stellte er fest und goss klares Wasser aus einer roten Plastikkanne in den großen Topf. Dann riss er ein paar lange gelbe, vertrocknete Blätter ab.
„Wenn du jetzt auch noch die Erde wechselst, schreie ich“, bemerkte Teever trocken.
Wilhelmsson setzte sich wieder hin. Der Bürostuhl ächzte. Er sah seinen ehemaligen Kollegen an.
Dann schlug er mit beiden Händen auf den Tisch. Das Mobilteil seines Festnetztelefons hüpfte hoch und piepte erschreckt, als es wieder in die Ladestation fiel.
„Du gibst ja doch keine Ruhe.“
Wilhelmsson hatte sich immer auf Teevers Diskretion verlassen können.
„Ich wüsste das wirklich zu schätzen.“
Sein Gegenüber grunzte.
„Kennst du Björn Stringheim?“
„Den Radiomoderator?“
Wilhelmsson nickte.
„Er ist verschwunden. Wir glauben, dass er entführt worden ist.“ Teever pfiff leise durch die Zähne.
„Gab es eine Lösegeldforderung?“
„Nein.“
„Wie kommt ihr dann auf Entführung? Könnte er dann nicht auch einem Unfall zum Opfer gefallen sein? Selbstmord, weil er sein eigenes Gelaber nicht mehr ertragen konnte? Oder er ist einfach abgehauen?“
„Alles unwahrscheinlich. Sein Auto stand zu Hause. Für einen Selbstmord gibt es keine Anzeichen. Intakte Beziehung, beruflich erfolgreich. Liebender, wenn auch
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