Onkel Schwein (German Edition)
zusammen.
Zurück in seinem Auto atmete Teever tief durch. Es ließ ihn nur langsam los. Wie damals: Die Enge, die deprimierenden Farben, das Gefühl der Eingeschlossenheit. Obwohl er im Gegensatz zu den Insassen jederzeit hinaus konnte, hatte er sich wieder sehr unbehaglich gefühlt. Die Gefangenen taten ihm leid. Was auch immer sie getan hatten, es war unmenschlich, den ganzen Tag, jahrelang, eingesperrt auf engstem Raum zu verbringen. Drei mal fünf Meter, Bett, Klo, Tisch. Manchmal dachte Teever, dass man den Insassen die Möglichkeit zum würdevollen Selbstmord geben müsste, auch wenn dies dem Missbrauch Tür und Tor öffnen würde. Wer wollte kontrollieren, ob jemand wirklich freiwillig aus dem Leben geschieden oder dazu getrieben worden war.
Er warf einen Blick auf ein Zellenfenster, aus dem zwei Arme baumelten, als würden Luftwurzeln zum Licht streben. Ein anderer ihm unerträglicher Gedanke überkam ihn: Unschuldig im Gefängnis zu sitzen. Er hatte von Fällen in den USA gelesen. Todeskandidaten, deren Unschuld sich nach vielen Jahren des Wartens auf die Giftspritze oder den elektrischen Stuhl herausgestellt hatte. Was mochte die Jahre über in ihnen vorgegangen sein?
Gestohlene Leben.
Er kurbelte das Fenster herunter. Es nieselte nur noch leicht. Teever war unschlüssig, was Kents Schuld oder Unschuld anging. Es war schwer, aus dem Jungen schlau zu werden. Eines aber war Teever klar: wenn er ihm und Kents Eltern helfen wollte, dürfte er mit wenig Unterstützung durch den Jungen rechnen können. Er würde wieder ermitteln müssen. Wie hatte Kent so schön gesagt? Privatschnüffler?
Teever lächelte.
Warum eigentlich nicht.
Er startete den Motor. Als nächstes würde er seinen alten Arbeitsplatz besuchen.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, dachte Teever. Wie selbstverständlich hatte er sich vor dem Polizeipräsidium auf seinen früheren Parkplatz gestellt, der zufällig gerade frei war.
Der Diensthabende am Empfang setzte dann auch eine finstere Miene auf und zu einer ernsten Ermahnung an.
„Hallo, da dürfen Sie nicht parken. Haben Sie denn das Schild nicht gesehen?“
Dann sah er den Falschparker genauer an. Der grimmige Gesichtsausdruck wechselte zum Erstaunen.
„Torbjörn, was machst du denn hier?“ fragte er. „Dich habe ich ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen.“
„Hallo Mats. Wie geht es den Hunden?“
Mats Berglund war ein erfolgreicher Züchter von Golden Retrievern. Jedes Wochenende war er auf Hundesschauen in Schweden oder Dänemark, sein Wohnzimmer war vollgestopft mit Pokalen und Urkunden. Teever hatte ihn einmal nach Hause gefahren, als Berglund nach einer Jubiläumsfeier im Präsidium nicht mehr ganz fahrtüchtig gewirkt hatte und er sich trotzdem hinter das Steuer seines Volvo-Kombis setzen wollte. Teever hatte noch nie ein derartig mit Tierhaaren verdrecktes und nach Hund stinkendes Auto gesehen. Er hatte sich gefragt, wie jemand mit einem solchen Auto perfekt shampoonierte und preiswürdig aussehende Hunde präsentieren konnte.
„Den Hunden geht es prima. Bin zum Züchter des Jahres in unserer Sektion gewählt worden“, sagte Berglund stolz, ohne dabei angeberisch zu wirken. Teever hatte ihn immer gemocht, auch wenn sich nie eine Freundschaft ergeben hatte.
Berglund zeigt zum Parkplatz. „Du kannst da stehen bleiben. Przybilski ist diese Woche nicht da.“
Teever zog scharf Luft ein. Pjotr Arschloch Przybilski hatte nicht nur Teevers Job übernommen, sondern auch seinen Parkplatz bekommen. Er wusste nicht, was ihm schlimmer vorkam. Selbst wenn sein Abgang aus dem Polizeidienst auf eigenen Wunsch erfolgt war und nach ihm die Sintflut hätte kommen können, hatte Teever der daraus resultierende Aufstieg seines Kollegen zu schaffen gemacht. Przybilski war ein intriganter, eitler Machtmensch, der es meisterhaft verstand, den Vorgesetzten in den Arsch zu kriechen. Bei den Kollegen war er als faul, bequem und opportunistischverschrien, Vorgesetzte lobten seinen Einsatzwillen und seine innovativen Ideen. Die Ideen hatte er allerdings regelmäßig geklaut und sein Einsatzwillen kannte nur ein Ziel: Seine Karriere. Sogar heute noch konnte sich Teever über ihn aufregen. Das hatte ihn schon früher geärgert. Ein Doppelärgernis. Besonders als es Teever sehr schlecht ging, hatte Przybilski versucht, anstatt wie die anderen Kollegen zu helfen, einen persönlichen Vorteil aus der Sache zu ziehen. Was ihm dann durch Teevers Abgang schließlich gelungen war. Aber auch außer
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