Onkel Schwein (German Edition)
Neigung ergriffen und diese war trotz der schlimmen Erlebnisse nicht gänzlich verschwunden. So sehr ihm die Arbeit in der Kanu-Zentrale Spaß machte, vermisste er auch die Ermittlungsarbeit.
Die Saison war prima. Viel Arbeit, in der Regel nette Gäste und eine große Abwechslung an Charakteren, die er kennenlernen durfte. Aber diese Zeit war kurz. Und die Menschen kamen zu ihm. Den Rest des Jahres verbrachte er allein. Er war kein kontaktfreudiger Typ und so fehlten ihm Kollegen, Freunde oder, natürlich, eine Freundin. Und diese nicht nur für das Bett, sondern als Gesprächspartner. Um den Tag Revue passieren zu lassen, seine Gedanken mit jemandem zu teilen oder gemeinsame Träume zu träumen. Es ging auf Weihnachten zu und er musste überhaupt keine Geschenke kaufen. Teever seufzte.
Eigentlich hatte er nur Helgi. Und den womöglich auch nicht mehr. Teever nahm sich vor, zunächst die Aussprache mit dem Isländer zu suchen, ehe er Axelsson zusagte. Er brauchte Helgi nicht nur als Freund, sondern auch als Hilfe, wenn er sich seinem alten Job als neuem Hobby zuwenden würde.
Auf dem Weg hielt Teever beim Supermarkt an. Er kaufte Brot und Tubenkäse sowie ein paar viel zu kalorienhaltige Getränke. Dazu eine Tageszeitung. Er wollte wieder mehr an den Geschehnissen in der Welt teilhaben.
Aus einer Bude vor dem Eingang strömte ein verführerischer Duft. Kindheitserinnerungen. Seine Großmutter hatte sonntags immer wunderbare Kuchen gebacken, mit viel Zimt oder Mohn.
Teever schloss die Augen, atmete tief durch die Nase ein, ignorierte sein Übergewicht und bat um einen Schokoladen-Donut.
Das Mädchen hinter dem Verkaufstresen war ungewöhnlich hässlich. Ihr Gesicht war unsymmetrisch, ein Auge hing tiefer als das andere. Im Mund hatte sie kariöse spitze Dolche und ihr braunes Haar war nicht sehr dicht. Überall schimmerte die Kopfhaut durch. Zudem schien sie einen kleinen Buckel zu haben. Teever fühlte Mitleid. Ob das Mädchen jemals einen Mann finden oder Kinder bekommen würde? Aus Verlegenheit und weil er glaubte, sie zulange angestarrt zu haben, fing er ein Gespräch über die Kalorienanzahl von Süßigkeiten und Backwaren an. Als sie antwortete, war ihm peinlich, dass er ihr Aussehen mit mangelnder Intelligenz gleichgesetzt hatte.
Sie war ausgesprochen höflich und eloquent und hatte zudem eine sehr angenehme Stimme. Trotz aller äußerlichen Widrigkeiten strahlte sie ein Selbstbewusstsein aus, von dem Teever gern etwas abbekommen hätte. Sie würde sicher ihren Weg machen. Wahrscheinlich noch vor ihm selbst eine Familie gründen und ein Baby bekommen. Sie plauderten eine Weile, ehe sich Teever, zu zwei weiteren Donuts überredet, auf den Weg nach Hause machte.
Im Radio sang Fat Boy Slim. Sein Gürtel spannte. Überall zogen Lucias in ihren weißen Gewändern ihrer Wege.
Die Dunkelheit hatte sich über den Kanuverleih gelegt. Wie immer viel zu früh für Teever. Enttäuscht stellte er fest, dass bei Helgi kein Licht brannte. Er ging zur Hütte und klopfte. Nichts. Er hätte die Angelegenheit wirklich gern geklärt. An seine morgendliche sexuelle Verwirrung hatte er den Tag über nicht mehr gedacht, aber das klärende Wort stand noch aus. Doch was nicht ging, ging nicht. Er setzte sich vor den Fernseher, nahm die Tüte mit den Donuts und schaltete herum, ohne den Inhalt der Sendungen wahrzunehmen. Als er endlich bei etwas Interessantem hängen geblieben war, klingelte das Telefon.
Axelsson war am anderen Ende.
Ob sich Teever entschieden hätte.
„Ich denke schon“, sagte er, „ da gibt es noch eine Sache.“
„Deine Bezahlung. Klar.“
Daran hatte Teever überhaupt noch nicht gedacht. Nicht, dass er zusätzliches Geld verachten würde, aber dieser Aspekt hatte in seinen Überlegungen bisher keine Rolle gespielt.
„Über die Bezahlung werden wir uns schon einig. Ich erkundige mich mal, was so ein Privatdetektiv in der Stunde nimmt.“
„Gut. Deine Auslagen trage ich natürlich auch. Ich brauche nur die Quittungen“, sagte Axelsson.
Teever stöhnte innerlich auf. Schon das Sammeln der Belege für seinen eigenen Betrieb nervte ihn gewaltig. Die Buchhaltung war ihm ein rotes Tuch.
„Was ich eigentlich meinte ist, dass ich nicht unbegrenzt Zeit habe. Jemand muss mich vertreten. Ich habe da eine Idee.“
„Kein Problem; schreib auf, was er kostet.“
„Erst muss ich ihn finden. Wir hatten ein paar atmosphärische Störungen.“
Axelsson raschelte an seinem Telefon und schien etwas mit
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