Onkel Schwein (German Edition)
zum Schlag und das Mädchen kroch noch tiefer in den Pullover von Lisa hinein. Dann fragte sie Lisa etwas mit jämmerlicher Stimme.
Teever verstand nur das Wort Papa in Lisas Antwort und sah, dass sie zur Uhr blickte.
„Sie fragt, wann ihr Papa kommt“, erklärte Lisa ihm.
Dann sagte sie wieder etwas zu den Kindern und zeigte auf Teever. Falls es sich um eine Vorstellung oder die Aufforderung zu einer Begrüßung gehandelt hatte, wurde dies von den beiden ignoriert.
„Michael ist nach Växjö gefahren, um etwas zu kaufen“, erklärte sie.
„War das neulich Dein Mann?“ fragte Teever. „Der in dem Panzeroverall?“
Lisa lachte.
„Nein, das war ein Bekannter, der geholfen hat, ein paar Möbel zu transportieren. Peter wirkt manchmal etwas unwirsch, aber er ist ganz in Ordnung.“
Der Junge war wieder in den Garten gegangen. Das Mädchen ließ Lisa los und setzte sich in das Wohnzimmer vor den Kamin. Teever sah ihr nach.
„Gemütlich“, stellte er fest.
Lisa sah ihn einen Augenblick zu lange an. Als er ihren Blick bemerkte, wendete sie sich ab.
Etwas knallte gegen die Fassade. Der Junge schien Schneebälle zu werfen.
Lisa rollte mit den Augen.
„Hast du Kinder?“ fragte sie.
Teever lachte. „Ich habe nicht einmal eine Frau“, antwortete er und bereute es sofort. Was sollte sie von ihm denken? Dass er verzweifelt auf der Suche war und auch vor verheirateten Frauen nicht Halt machte?
Beide schwiegen einen Moment. Im Kamin knackte es. Das Mädchen sang leise vor sich hin. Ein weiterer Schneeball.
Lisa fuhr mit den Fingern wie mechanisch über einen kunstvoll verzierten Messingreif an ihrem linken Arm.
Sie bemerkte seinen Blick.
„Schön“, sagte er.
Sie nickte. „Unverkäufliche Erbstück. Den nehme ich fast nie ab.“
Lachend fügte sie hinzu: „Damit werde ich wohl auch begraben.“ Ein Gedanke blitzte in Teever auf, ließ sich aber nicht festhalten.
Er räusperte sich und kam zurück zur Sache.
„Ich möchte eigentlich mehr über den Einbruch wissen. Was wurde gestohlen? Gab es Spuren?“
„Dann sprichst du besser mit Michael“, sagte Lisa. „Ich war damals nicht mit, als er das Malheur entdeckte. Es kann aber dauern, bis er zurückkommt, er ist gerade erst los.“
Sie sah Teever wieder aus ihren dunklen Augen an. Er bemerkte winzige goldene Einsprengsel in der Iris.
„Du kannst aber gern warten. Möchtest du mit uns essen? Ich koche gleich Nudeln.“
Teever überlegte.
„Dann fühle ich mich auch viel sicherer“, fügte sie mit mädchenhaftem Grinsen hinzu.
Teever war unschlüssig. Er fühlte sich in ihrer Gegenwart wohl. Aber war das alles? Wollte er wie so oft mehr? Er dachte an den Mann, der gerade in Växjö einkaufte. Welchen Sinn machte es, sich in Lisa zu verlieben? Dass diese Gefahr bestand, war ihm klar. Eigentlich war es sogar schon zu spät. Teever spürte ein Verlangen, dass über körperliche Nähe hinausging. Tiefer als sonst.
Es verwirrte ihn.
Er stand auf.
„Ich muss los“, sagte Teever. „Vielen Dank für den Kaffee. Wie lange seid ihr denn noch hier?“
„Wir bleiben bis über Neujahr.“
„Dann schaue ich noch mal vorbei, um wegen des Einbruchs nachzufragen.“
Er kramte in seiner Jackentasche und förderte eine verknickte Visitenkarte zu Tage. Dabei fiel eine zerdrückte Tabletten-Packung heraus. Lisa bückte sich und gab sie Teever zurück.
„Fluctin?“ fragte sie.
Teever nickte nur stumm, erklärte aber nichts außer: „Die Jacke habe ich lange nicht angehabt. Meine Gute ist in der Wäsche.“
Auch Lisa hakte nicht nach, doch Teever sah, dass Gedanken in ihrem Kopf umhergingen.
Er zeigte mit dem Finger auf die Karte in Lisas Hand.
„Hier ist meine Adresse.“
Sie las die Karte aufmerksam. „Das ist ja gar nicht so weit weg. Ich glaube, ich kenne die Kanu-Zentrale. An den Schleusen, mit dem weißen Haus auf der Insel?“
„Genau da drin wohne ich“, erwiderte Teever.
Lisa begleitete ihn nach draußen. Ganz feiner Schnee, eher Eiskristalle, rieselten zu Boden. Ihr Atem bildete dicke Wolken. Die Stille schien auf seine Ohren zu drücken.
Teever bemerkte, dass Lisa auf seine Uhr starrte.
„Eine Soyuz?“ stellte sie schließlich ungläubig fest.
Teever war beeindruckt. „Du kennst dich gut aus.“
„Das soll man meinen, so als…“
Den Schluss des Satzes verhinderte ein Aufschrei des Jungen, der in einer Sandkiste saß, über die eine Dachkonstruktion aus Ästen und grüner Folie gelegt worden war. Der Sand sah aus,
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